Gesundheitspolitik

Blisterkämpfe

Peter Ditzel

Wer ein oder mehrere Heime versorgt, wird meist mit der Frage konfrontiert, ob er eine patientenindividuelle Arzneimittelversorgung anbieten kann. Im Klartext: Heime verlangen Unterstützung beim Stellen der Arzneimittel, was in aller Regel auf ein patientenindividuelles Neuverblistern der Arzneimittel hinausläuft. Nun kann man darüber streiten, ob ein solches Verblistern überhaupt sinnvoll ist. Der Aufwand ist erheblich. Die verordneten Arzneimittel müssen entblistert werden, um sie dann einnahmegerecht neu zu verblistern in Blisterboxen oder Blisterstreifen. Es fällt Verpackungsmüll an. Es muss auf mögliche Inkompatibilitäten der in einem Blister eingepackten Arzneimittel und -formen geachtet werden. Über Blister können nur feste Arzneiformen verabreicht werden. Und: es kostet Geld. Hier liegt der größte Knackpunkt: Die Krankenkassen wollen für diese pharmazeutische Leistung nicht bezahlen, die Heime auch nicht. Der Apotheker soll die Leistung gratis erbringen. So läuft der Blisterzug auf falschem Gleis.

Der Blistermarkt hat sich aus drei Gründen äußerst ungesund entwickelt. Ein Versäumnis liegt beim Gesetzgeber: Er hat das Verblistern zugelassen, ohne hierfür eine Abrechnungsmodalität in der Arzneimittelpreisverordnung zu verankern. Eine Schuld, dass Heime solche Forderungen erheben und auch erfüllt bekommen, liegt aber auch bei Apothekern selbst, die Heimen diese Leistung kostenlos anbieten, um die Heimversorgung zu bekommen, und damit Mitbewerber ausstechen. Und drittens: Kommerzielle Verblisterer, die sich in den letzten zwei, drei Jahren rasant vermehrt und große Investitionen vorgenommen haben, ringen um Aufträge von Apotheken. Sie setzen heimversorgende Apotheken massiv unter Druck. Sie bieten Heimen ihre Dienste kostenlos an und hoffen, dass sie eine Versorgungsapotheke finden, die mitmacht und die Verblisterungskosten übernimmt. Und sie finden eine.

Ganz groß in den Blistermarkt will die Kohlsche 7x4Pharma einsteigen. Nach gewaltigen Investitionen versucht sie nun, ihr System am Markt zu etablieren. Da das 7x4-System im Prinzip auf 400 ausgewählte Arzneimittel beschränkt ist, erhalten teilnehmende Ärzte eine eigene Software, die hilft, die Krankheiten mit den für den Blister passenden Arzneimitteln zu therapieren. Das kann nicht im Sinne der Therapiefreiheit sein. In Sachsen läuft ein 7x4-Modellprojekt und versucht, Blister-Patienten zu gewinnen. Der Markt ist hart umkämpft. Ob alles sinnvoll ist, ist fraglich.


Peter Ditzel

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