Gesundheitspolitik

Pick-up-Verbot soll kommen

Referentenentwurf sieht Änderung des § 11a Apothekengesetz vor

Berlin (ks). Nur wenige Tage nachdem der Diskussionsentwurf für ein "Gesetz zur Neuordnung des Arzneimittelmarktes in der gesetzlichen Krankenversicherung" kursierte, tauchte bereits ein Referentenentwurf auf. Was im Vorgängerentwurf enthalten war, findet sich auch hier wieder. Hinzu kommt eine wesentliche Änderung: Ein neuer § 11a Apothekengesetz soll Pick-up-Stellen von Versandapotheken unterbinden.

Manch einer hatte bereits Zweifel bekommen, ob das, was Schwarz-Gelb in puncto Pick-up im Koalitionsvertrag versprach, auch wirklich gehalten wird. Immer wieder wurden verfassungsrechtliche Bedenken laut. Nun hat das Bundesgesundheitsministerium einen Vorschlag gemacht, wie das Verbot der Pick-up-Stellen ins Gesetz gebracht werden könnte. Im Referentenentwurf für das "Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz" (AMNOG) vom 2. Juni sind hierzu Ergänzungen in § 11a Abs. 1 Apothekengesetz vorgesehen. In diesem Paragrafen wird unter anderem geregelt, unter welchen Voraussetzungen die Erlaubnis zum Versand von apothekenpflichtigen Arzneimitteln zu erteilen ist. Dabei soll es künftig nicht mehr reichen, dass der Inhaber der Apothekenbetriebserlaubnis die Einhaltung dieser Anforderungen – wie bislang – schriftlich versichert. Gefordert wird im Gesetzentwurf, dass er tatsächlich "in der Lage ist" die genannten gesetzlichen Anforderungen zu gewährleisten.

Einen Einschub erhält auch die erste Anforderung (Nr. 1): "Der Versand wird aus einer öffentlichen Apotheke zusätzlich zu dem üblichen Apothekenbetrieb unmittelbar an den Endverbraucher durch die Apotheke selbst oder durch Transport- und Logistikunternehmen an die der Apotheke benannte individuelle Lieferanschrift und nach den dafür geltenden Vorschriften erfolgen, soweit für den Versandhandel keine gesonderten Vorschriften bestehen." Es soll mithin zulässig bleiben, dass Apotheken Transport- und Logistikunternehmen mit der Durchführung des Transports und der Zustellung beauftragen. Gewerbsmäßige Bestell- und Abholdienste für Arzneimittel sollen jedoch ausgeschlossen werden: Als weitere Anforderung für die Versandhandelserlaubnis ist eine neue Nr. 1a vorgesehen: "Die Rezepte werden nicht außerhalb der Betriebsräume der Apotheke gesammelt."

Arzneimittel sind keine Ware wie jede andere

In der Begründung heißt es, dass es zur Sicherstellung der Qualität beim Versand und im Interesse einer hohen Patientensicherheit keine Sammlung von Rezepten oder Aushändigung von versendeten Arzneimitteln außerhalb der Direktzustellung geben dürfe. Der Umgang der Bevölkerung mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln solle aus generalpräventiven Erwägungen im Rahmen des Versandhandels weiterhin nur unter engen Rahmenbedingungen ermöglicht werden und deshalb allein im Direktvertrieb erfolgen. Es wird betont, dass Arzneimittel Waren besonderer Art sind, die nicht unter den gleichen Bedingungen frei verfügbar sein sollen wie gewöhnliche Waren. Verbraucher erhielten beim Pick-up-Modell Arzneimittel jedoch letztlich wie andere Waren in Einzelhandelsgeschäften. "Diesen Anschein gilt es wegen des gesundheitlichen Gefährdungspotenzials von Arzneimitteln zu vermeiden", heißt es in der Begründung des Referentenentwurfs.

Juristische Bedenken beiseite gewischt

Rechtliche Bedenken weist das BMG in seinen Ausführungen zurück. "Die juristische Differenzierung, dass es sich bei der Aushändigung von apothekenpflichtigen Arzneimitteln in der Pick-up-Stelle nur um eine ‚Aushändigung‘, nicht aber um eine ‚Abgabe‘ im arzneimittelrechtlichen Sinne handelt, ist theoretisch." In der Praxis wirke sie für Verbraucher als Abgabe – was sie letztlich auch sei, weil sich mit der Aushändigung der durch den Versandapotheker in Gang gesetzte Abgabeprozess vollzieht.

Im Übrigen wird in der Begründung darauf verwiesen, dass dem Gesetzgeber bei der Einführung des Versandhandels im Jahre 2003 eine geschäftsmäßige Abholung von Arzneimitteln über Pick-up-Stellen in Gewerbebetrieben nicht vorgeschwebt habe, sondern allein der Direktversand. Dies werde mit dem Gebot der Zweitzustellung in § 11a ApoG, die der Gesetzgeber im Falle der Unzustellbarkeit der ersten Zustellung vorgeschrieben hat, deutlich. Beim Direktversand sei eine Zwischenlagerung von Arzneimitteln außerhalb der Apotheke in einem Raum eines Teilnehmers der Vertriebskette die Ausnahme. Bei Pick-up-Stellen komme es demgegenüber bis zur Abholung naturgemäß häufiger zu einer Zwischenlagerung von Arzneimitteln in Räumen außerhalb einer Apotheke.

Für Versandapotheken, die bereits Pick-up-Stellen unterhalten, ist im Referentenentwurf eine Übergangsfrist von vier Monaten vorgesehen, um ihre Tätigkeit an die neue Rechtslage anzupassen.

Großhandelsvergütung weiterhin ausgespart

Weitere apothekenrelevante Änderungen sind insbesondere in § 129 SGB V vorgesehen: So soll die Aut-idem-Austauschverpflichtung verschärft und eine Mehrkostenregelung für Rabattarzneien eingeführt werden (siehe hierzu DAZ 2010, Nr. 22, S. 16). Die in den Eckpunkten angekündigte Deregulierung im Arzneimittelbereich ist bislang bescheiden ausgefallen. Auf der Streichliste stehen die ohnehin nie wirklich zu Bedeutung gelangten Instrumente der Bonus-Malus-Regelung und des Zweitmeinungsverfahrens. Zudem sollen die Negativlisten für Arzneimittel gegen geringfügige Gesundheitsstörungen sowie für unwirtschaftliche Arzneimittel wegfallen.

Weiterhin nicht im Entwurf enthalten sind die in den Eckpunkten als "kurzfristig wirksame Entlastungen" genannten Änderungen der Großhandelsvergütung sowie der Regelungen zur Zytostatikaversorgung. Diese geplanten Maßnahmen werden voraussichtlich im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens noch aufgegriffen.

Diese Woche erste Anhörung im BMG

Bereits diese Woche – am 10. Juni – wird im Bundesgesundheitsministerium eine erste Erörterung des Referentenentwurfs mit den Verbänden der Marktbeteiligten stattfinden. Viel Zeit bleibt der Regierungskoalition nicht. In einem Monat beginnt die parlamentarische Sommerpause. Zum 1. Januar 2011 soll das AMNOG bereits in Kraft treten.

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