- DAZ.online
- DAZ / AZ
- AZ 30/2010
- Mitarbeiterführung
Management
Mitarbeiterführung
Ein Machtspiel entwickelt oft eine fatal destruktive Energie. Denn die im Machtspiel gefangenen Personen, so betont der Mediator und Führungskräfte-Coach Dr. Bernd M. Wittschier (www.423gmbh.de), agieren zumeist blind, mit Scheuklappen und ohne Rücksicht auf Verluste. Nie geht es ihnen um die Sache: Machtspieler benutzen oder missbrauchen vielmehr Sache, Gegenstand oder Inhalt, um Machtpositionen zu verteidigen, anzufechten oder zu erringen. Die Fairness bleibt auf der Strecke.
Doch wie lassen sich die Merkmale eines Machtspiels beschreiben?
Der Apotheker ruft den Mitarbeiter zu sich ins Back-Büro und macht ihn wegen eines Fehlers nieder. Das ist kein Machtspiel, denn trotz der äußeren Form der Kritikäußerung, über die sich streiten lässt, geht es dem Apotheker doch noch um die Sache selbst.
Wenn er aber im Team so vorgeht und den Mitarbeiter vor den Kollegen niedermacht, um zu demonstrieren, dass er das Sagen hat, handelt es sich um ein Machtspiel.
Infokasten: Stand des Machtspiels analysierenDamit der Apotheker entscheiden kann, ob er ein Machtspiel beenden, beeinflussen oder sich überhaupt nicht einmischen soll, prüft er, ob
|
Das Machtspiel beeinflussen
Machtspiele laufen häufig verdeckt ab. Je subtiler der Machtspieler vorgeht, desto schwieriger ist es, das Machtspiel als solches überhaupt zu erkennen. Trotzdem gibt es Symptome, mit deren Hilfe der Apotheker einschätzen kann, ob vielleicht ein Machtspiel abläuft: Einzelne Mitarbeiter etwa bilden offenkundig Fraktionen und Gruppen, die nur miteinander kommunizieren, wenn es anders nicht geht. Oder es werden Gerüchte kolportiert, Sticheleien und kleine verbale Angriffe sind an der Tagesordnung – bis hin zu Intrigen, nach dem Motto: "Haben Sie gehört, der Müller hat schon wieder ..."
Welche Reaktionsmöglichkeiten stehen dem Apotheker offen, wenn er sicher ist, dass die Apotheke die Bühne für ein Machtspiel zwischen zwei Mitarbeitern abgibt? Natürlich kann er es konsequent beenden, etwa dann, wenn es eskaliert und die Arbeitsproduktivität in Mitleidenschaft gezogen wird. Allerdings: Es droht die Gefahr, dass es als ungelöster Konflikt zwischen den Mitarbeitern weiterschwelt und eine unheilvolle Wirkung entfaltet.
Das grundsätzliche Verbot von Machtspielen ist naiv. Denn es gibt sie wohl immer und überall. Klüger ist es, wenn der Apotheker die Augen offen hält, um sie früh- und rechtzeitig zu erkennen und zu entscheiden, ob eine Intervention notwendig ist. Am besten ist es, als Schlichter lenkend und steuernd in das Machtspiel einzugreifen.
Chancengleichheit herstellen
Es gibt verschiedene Varianten im Machtspielrepertoire, und oft nehmen ein eher aktiv-starker und ein eher passiv-schwacher Machtspieler teil – wie in diesem Beispiel: Der Apotheker möchte einem Mitarbeiter mehr Verantwortung übertragen: Der Mitarbeiter soll eigenverantwortlich den Frei- und Sichtwahlbereich betreuen und dafür sorgen, dass der Kunde durch eine intensive Beratung Zusatzverkäufe tätigt. Der Apotheker möchte sich seine Entscheidung gut überlegen – und nun beginnen sich die Mitarbeiter Schmitt und Meyer zu "bekriegen" und zetteln ein Machtspiel an. Herr Schmitt hat dabei den aggressiveren Part inne. Herr Meyer ist fachlich nicht ungeeigneter, im Gegenteil. Aber er verfügt nicht über ein so ausgeprägtes Selbstwertgefühl wie der Kollege.
Nach Führungskräfte-Coach Wittschier ist die folgende Vorgehensweise angebracht:
Der Apotheker analysiert, auf welchem Stand sich das Machtspiel befindet, verschafft sich ein möglichst realistisches Bild und sammelt alle verfügbaren Informationen.
Er kommt zu dem Schluss, es biete mehr Vor- als Nachteile, das Machtspiel nicht zu beenden und weiterlaufen zu lassen.
Er greift aber lenkend ein, indem er dem aktiven Machtspieler Fesseln anlegt und ihn auffordert, sich zurückzuhalten und sich jeder überbordenden verbalen Aggression zu enthalten. Er zeigt Herrn Schmitt die "gelbe Karte". Falls der Machtspieler kein Einsehen zeigt, sollte der Apotheker das Machtspiel besser beenden.
Mehr Zeit investiert er in das Gespräch mit dem passiven Machtspieler. Das Stärkengespräch soll Herrn Meyer aus der Dulder-Haltung heraushelfen. Er soll "nicht alles mit sich machen lassen" und selbstbewusster sein Ziel verfolgen, die vakante Position zu erobern. Der Apotheker fordert den Machtspieler auf, auf seine Stärken zu vertrauen und mehr Durchsetzungskraft zu entwickeln – auch mit dem Hinweis, diese Kompetenz sei wichtig, um die verantwortliche Position im Frei- und Sichtwahlbereich erfolgreich auszufüllen.
Natürlich begibt sich der Apotheker auf dünnes Eis, weil er das Machtspiel zwar beeinflussen, nicht aber beenden will. Ihm geht es dabei nicht um die einseitige Parteinahme für einen der Machtspieler. Er möchte aber Chancengleichheit herstellen und verhindern, dass allein die aggressivere Durchsetzungskraft den Ausschlag gibt. So gewinnt nicht der Stärkere das Machtspiel, sondern vielleicht doch der Bessere. Wobei dies durchaus jener dominante Mitarbeiter sein kann. Dies entscheidet sich nun in der fair-ausgeglichenen Auseinandersetzung.
Über eine Tatsache allerdings muss sich der Apotheker im Klaren sein: Er wird nun Teil des Machtspiels. Zu empfehlen ist, die Rolle, die er übernimmt, klar zu kommunizieren und sowohl im Dialog mit dem aktiveren Machtspieler als auch im Stärkengespräch die eigene Position zweifelsfrei zu kommunizieren.
Spielregeln aufstellen
Das Beispiel zeigt: Es gibt durchaus Situationen, in denen es besser ist, das Machtspiel austragen zu lassen. Eine Alternative ist, Spielregeln zu entwickeln, die das Vorgehen im Machtspiel reglementieren. Wenn dort die Grenzen gezogen sind, der Rahmen festgelegt ist, innerhalb dessen das Machtspiel erlaubt ist, kann der Apotheker die Machtspieler so ansprechen: "Wir haben seinerzeit im Konsens festgelegt, dass ein Machtspiel nie so weit führen darf, dass die Erreichung der Apothekenziele infrage gestellt wird. Ihr Vorgehen aber schränkt nachweislich die Arbeitsproduktivität ein und gefährdet das Betriebsklima."
Das bedeutet nun nicht, dass das Machtspiel beendet ist. Aber mit einiger Wahrscheinlichkeit kehren die Kontrahenten zurück in den festgelegten Machtspiel-Rahmen.
Dr. Michael Madel, freier Autor und Kommunikationsberater
0 Kommentare
Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.