Management

Das Geltungsbedürfnis des Besserwissers befriedigen

Gesprächskompetenz in der Apotheke

Der besserwisserische Kunde – er nervt zuweilen recht heftig und stellt die Geduld des Apothekenteams auf die Probe. Darum lautet die Königsstrategie: geduldig sein und auch einmal eine Faust in der Tasche machen – aber ohne sich zu verbiegen.

Die Palette der Kundentypen, die dem Apotheker und seinen Mitarbeitern täglich gegenüberstehen, ist bunt gemischt. Jeder dieser unterschiedlichsten Charaktertypen will aber individuell angesprochen werden – vor allem, wenn es um Verkäufe im Frei- und Sichtwahlbereich geht. Und gerade im Umgang mit dem besserwisserischen Kunden wird das Apothekenteam wahrscheinlich häufig kurz davor stehen, an die Decke zu gehen: Die Kommunikation mit diesem Kunden, der bis zur Arroganz einfach alles besser weiß, selbst wenn seine Äußerungen von keinerlei Sachkenntnis getrübt ist, gehört zu den größten Herausforderungen im Kundenkontakt.

Den besserwisserischen Kunden identifizieren

Ein Vorteil ist, dass der Apotheker und seine Mitarbeiter diesen schwierigen Kundentypus bereits bei der Begrüßung erkennen können: Selbstbewusst kommt er – zum Beispiel – auf den Apotheker zu, oft reicht er ihm die Hand mit den Worten: "Sie werden mir sicherlich die richtige Info geben können, die ich brauche." Dann jedoch entpuppt er sich als jemand, der "irgendwo" – in der Presse, im Fernsehen, im Gespräch mit Bekannten, im Internet – Informationen zu dem Produkt, um das es geht, aufgeschnappt hat. Er fühlt sich mithin umfassend informiert – und das gibt er seinem Gesprächspartner in aller Deutlichkeit zu verstehen.

Dabei befindet er sich in einem Dilemma: Denn er möchte sich zwar einerseits vom Apotheker beraten lassen – auf der anderen Seite ist er der Meinung, er habe diese Beratung gar nicht nötig, weil er ja ohnehin alles (besser) weiß. Und diese zwiespältige Haltung ist es, die das Gespräch und den Umgang mit ihm so schwierig und anstrengend werden lässt: Der Besserwisser stellt Fragen, um etwas zu erfahren und gleichzeitig den Gesprächspartner zu bekehren und zu "erziehen".

Geduldige Gelassenheit

Die erste Bürgerpflicht lautet: Der Apotheker und vor allem die PTA dürfen sich von dem "Oberlehrer" nicht ins Bockshorn jagen lassen. Es lohnt sich, die "Belehrungen" des Kunden zunächst einmal hinzunehmen und zu versuchen, ihn mit kurzen und präzisen Informationen zu versorgen. Dabei muss sich das Apothekenteam jedoch darüber im Klaren sein, das jede neue Info immer auch die Grundlage für eine neue Belehrung ist, die der Besserwisser vorträgt. Der Apotheker und seine Mitarbeiter sollten darum versuchen, den Kunden durch Fragen geduldig und gelassen immer wieder in die Schiene ihres Beratungs- und Verkaufsgesprächs zu bugsieren.

Konkret heißt das: Der besserwisserische Kunde muss aus dem Dilemma, dass er einerseits eine Beratung erwartet, andererseits aber unbedingt belehren will, befreit werden, indem das Team seine Kompetenz zunächst einmal anerkennt, mithin akzeptiert, dass er "etwas besser weiß". Dies geschieht mit dem Ziel, dass sich der Kunde das Produkt quasi selbst verkauft. Dazu ein Beispiel: "Wenn Sie gestern in der Zeitung gelesen haben, dass dieser Hustensaft bei der Stiftung Warentest schlecht abgeschnitten hat – welcher Saft hat denn gute Noten erhalten? Vielleicht haben wir ihn vorrätig oder können ihn für Sie bestellen!" Jetzt muss der Besserwisser Farbe bekennen und von sich aus ein Produkt benennen, das er dann nicht mehr infrage stellen kann, ohne sich selbst bloßzustellen.

Geltungsbedürfnis befriedigen

Der Apotheker anerkennt also das Expertentum des Besserwissers, bestätigt seine Meinung – solange dies pharmazeutisch gerechtfertigt ist – und schließt dann eine Frage an, die ihn animiert zu erklären, was ihm an dem Produkt besonders wichtig ist. Auch hier wieder ein Beispiel: "Woher beziehen Sie nur all diese Informationen? Dann können Sie mir doch bestimmt auch sagen, welche konkreten Erwartungen Sie an die Hautcreme stellen!"

Denn wenn der Apotheker den aus Kundensicht wichtigen Aspekt erfragt hat und ihm auf die Spur gekommen ist, ist die Wahrscheinlichkeit am größten, dass der Besserwisser seinen Belehrungszwang ablegt und sich auf die Beratung einlässt. Aber Achtung: Es drohen immer wieder Rückfälle.

In problematischen Situationen souverän agieren

Problematisch sind bei diesem Kundentypus zwei Aspekte – zum einen: Seine Besserwisserei kann in enervierende, ja beleidigende Arroganz umschlagen. Dann gilt: Der Apotheker muss sich natürlich nicht beleidigen und die PTA nicht als unwissende "kleine Angestellte" behandeln lassen. Vielleicht ist es zuweilen sogar besser, darauf zu verzichten, den arroganten Besserwisser doch noch ins Beratungsboot zu lotsen. Vorher jedoch startet der Apotheker mit der folgenden Formulierung noch einen Versuch: "Ich finde es anerkennenswert, wie gut Sie Bescheid wissen. Dann haben Sie sicherlich auch bedacht, dass …"

Der zweite Aspekt: Der Besserwisser hat schlicht und einfach nicht recht mit seinen Äußerungen, er ist falsch informiert. Aber natürlich beharrt er darauf, recht zu haben. Wenn der Apotheker ihn darauf hinweist, wird seine Geltungssucht ihn davon abhalten, sich korrigieren zu lassen. Der Apotheker sollte es trotzdem versuchen – vorsichtig, mit Fingerspitzengefühl und Sensibilität, die ohne belehrenden Ton auskommt.

Weil der Besserwisser oft scheinbaren Autoritäten vertraut und sein angebliches Wissen dem Fernsehmoderator oder dem Journalisten verdankt, ist es sinnvoll, wenn der Apotheker die Falschinformation des Kunden ebenfalls durch die Nennung einer Autorität entkräftet und zum Beispiel aus einer Studie oder Untersuchung zitiert. Im Idealfall kann er sogar eine Statistik vorweisen oder einen anderen Beleg oder Beweis anführen.

Die Wünsche des "Meckerers" erfragen

Eine Spielart des Besserwissers ist der Meckerer und Kritikaster – er bezieht aus seiner (angeblichen) Kompetenz das Recht, an allem herumkritisieren zu müssen. Es ist schwierig, ihm irgendetwas recht zu machen. Nachteilig für ein gelungenes Beratungsgespräch ist es gewiss, ihm zu widersprechen. Allerdings: Seine Meckersucht ist häufig darauf zurückzuführen, dass er nicht so genau weiß, was er überhaupt will. Und darin liegt die Chance des Apothekers.

Wenn es ihm gelingt, beim Meckerkopf ruhig zu bleiben und seinen eigenen Widerspruchsgeist in den Griff zu bekommen, kann er versuchen, die Erwartungen des Kunden zu erfragen. Dabei sollte er ruhig etwas provokanter vorgehen: "Ich weiß nun genau, was Sie nicht wollen und was Ihnen nicht gefällt. Jetzt sagen Sie mir doch bitte noch, um was es Ihnen geht." Wenn der Besserwisser nun seine Vorstellungen konkretisiert, liegen dem Apotheker genügend vom Kunden selbst benannte Ansatzpunkte vor, um in die Beratung einzusteigen.


Dr. Michael Madel, freier Autor und Kommunikationsberater

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