- DAZ.online
- DAZ / AZ
- AZ 7/2010
- Geforderte Senkung des ...
Gesundheitspolitik
Geforderte Senkung des Mehrwertsteuersatzes kostet die Apotheken Ertrag
In der Tat: Krankenkassen und Patienten wären dadurch in 2008 in der GKV um rund 3 Mrd. Euro entlastet worden1.
Übersehen wird allerdings gern, dass die Mehrwertsteuerabsenkung – ohne Kompensationsmaßnahmen – die Apotheken teuer zu stehen käme. Ursache ist der Kassenrabatt, der Abschlag, den die Apotheken den gesetzlichen Krankenkassen für jedes zu Lasten der GKV abgegebene Arzneimittel gewähren müssen (§ 130 SGB V). Bei dem gegenwärtig noch erhobenen Kassenabschlag von 2,30 Euro je verschreibungspflichtiger Fertigarzneimittelpackung läge für 2009 der Verlust in der Durchschnittsapotheke bei 6300 Euro pro Jahr; würde der Kassenrabatt, wie von der Schiedsstelle entschieden, auf 1,75 Euro je Packung abgesenkt, ergäbe sich durch eine Mehrwertsteuerabsenkung von 19% auf 7% immer noch ein Verlust von 4800 Euro pro Jahr.
Die Hintergründe in Zahlen und Fakten
Nach Angaben der ABDA sind in 2009 in Apotheken auf Kassenrezept rund 450 Mio. Rezepte mit etwa 736 Millionen Packungen Arzneimittel, Hilfsmittel sowie OTC-Medikamente für Kinder abgegeben worden.
Unterstellt man, dass von diesen verordneten 736 Mio. Packungen ein dem Vorjahr entsprechender Anteil auf verschreibungspflichtige Fertigarzneimittel entfallen ist, so kommt man auf knapp 629 Mio. Packungen.
Die Folgen einer Mehrwertsteuerabsenkung von 19% auf 7% – einmal auf der Basis des Kassenrabattes von 2,30 Euro je Packung, einmal auf der Basis von 1,75 Euro – zeigt die Modellrechnung in der Tabelle.
Konsequenzen
Es ist legitim, wenn die Apotheker eine – sinnvolle – Senkung des Mehrwertsteuersatzes mit der Forderung verbinden, dadurch entstehende Rohertragsverluste der Apotheken über eine Anpassung des Rabattes, den die Apotheken den gesetzlichen Krankenkassen nach § 130 SGB V gewähren müssen, zu kompensieren. Der Rabatt von 1,75 Euro müsste zum Beispiel um gut 0,17 Euro reduziert werden, damit die Mehrwertsteuersenkung von 19% auf 7% den Ertrag der Apotheken nicht beeinflusst.
Korrespondenzadresse:Dipl. Math. Uwe Hüsgen, Bremerstraße 30, 45239 Essen, E-Mail: uwe.huesgen@web.de
Auswirkungen einer Absenkung der Mehrwertsteuer von 19% auf 7% auf die Erträge der öffentlichen Apotheken (bezogen auf 2009) 2 | |||||
1 |
Apothekenrabatt je GKV-Rx-Fertigarzneimittel (FAM) |
1,75 € |
1,75 € |
2,30 € |
2,30 € |
2 |
Mehrwertsteuersatz |
19% |
7% |
19% |
7% |
3 |
Zahl der Rx-FAM zulasten der GKV in Mio. |
628,8 |
628,8 |
628,8 |
628,8 |
4 |
Rohertragsverlust aus Apothekenrabatt je GKV-Rx-FAM in €3 |
1,47 € |
1,64 € |
1,93 € |
2,15 € |
5 |
Rohertragsverlust der Apotheken durch GKV-Rx-FAM in Mio. €, im Vergleich 19% und 7% MWSt.-Satz4 |
924,7 € |
1.028,4 € |
1.215,3 € |
1.351,6 € |
6 |
Zusätzlicher Rohertragsverlust der Apotheken
bei Reduzierung der MWSt. von 19% auf 7% |
103,7 Mio. € |
136,3 Mio. € |
||
7 |
Zahl der Apotheken (Jahresdurchschnitt 2008)5
|
21.586 |
21.586 |
21.586 |
21.586 |
8 |
Rohertragsverlust durch GKV-Rx-FAM je Apotheke in € |
42.838 € |
47.643 € |
56.302 € |
62.616 € |
9 |
Zusätzlicher Verlust durch MWSt.-Reduzierung je Apotheke in € |
= 4.805 € |
= 6.314 € |
1 GKV-Arzneimittelumsatz der Apotheken in 2008: 29,3 Mrd. €; (29,3 Mrd.: 1,19) x 1,07= 26,3 Mrd. €; Differenz 3 Mrd. €2 vorläufig3 Zum Beispiel berechnet für den Kassenrabatt von 2,30 Euro: Bei 19% MWSt. wird die Apotheke netto durch 1,93 € je Packung belastet (2,30: 1,19 = 1,93); bei 7% MWSt. steckt in den 2,30 eine Nettobelastung der Apotheke in Höhe von 2,15 € 4 Zum Beispiel 1,47 € x Packungszahl (628,8 Mio.)5 Der Jahresdurchschnitt 2009 ist noch nicht verfügbar. Er wird aber voraussichtlich nur unerheblich vom Jahresdurchschnitt 2008 abweichen.
0 Kommentare
Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.