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Interpharm 2010
Therapiedefizite bei Asthma überwinden
Bei Asthma bronchiale handelt es sich um eine rezidivierende, chronisch-obstruktive, entzündliche Lungenerkrankung. Wird sie suboptimal behandelt, hat dies Struktur- und Funktionsänderungen zur Folge, die als "airway remodeling" bezeichnet werden. Airway remodeling ist erkennbar an fibrotischen Veränderungen, Muskelverdickung, verstärkter Schleimproduktion und Verlust des Flimmerepithels und führt zu Funktionseinschränkungen der Atemwege bis hin zum Funktionsverlust.
Zunahme der Verschreibung von Glucocorticoiden
Zwar sei allgemein akzeptiert, so Högger, dass Glucocorticoide die stärksten entzündungshemmenden Substanzen sind. Wie die Verordnungszahlen zeigen, wurden sie jedoch in der Vergangenheit in der Asthmatherapie viel zu zurückhaltend eingesetzt. Erst seit 1999 lässt sich anhand dieser Zahlen eine sukzessive Abnahme der Verschreibung von inhalativen Beta-2-Agonisten und eine kontinuierliche Zunahme der Verschreibung inhalativer Glucocorticoide nachweisen. "Dies ist eine positive Entwicklung, der richtige Trend", so Höggers Einschätzung.
"Cortison-Angst" ist unbegründet
Zurzeit sind in Deutschland die fünf Wirkstoffe Beclometasondipropionat, Budesonid, Fluticasonpropionat, Mometasonfuroat und Ciclesonid zur inhalativen Anwendung bei Asthma bronchiale zugelassen. Deren Risiko für systemische Nebenwirkungen ist gering, erläuterte Högger. Hervorzuheben sei, dass Glucocorticoide und Beta-2-Sympathomimetika sich gegenseitig positiv in ihrer Wirkung beeinflussen. Glucocorticoide stimulieren die Expression von Beta-2-Rezeptoren und wirken ihrer Downregulation entgegen. Beta-2-Sympathomimetika wiederum fördern u. a. im Zellkern die Bindung des Glucocorticoid-Rezeptor-Komplexes an die DNA (siehe Abbildung).
Leitliniengerechte Therapie ist möglich
Die Ziele der Asthmatherapie wurden in zahlreichen Leitlinien formuliert, so beispielsweise in der GINA-Leitlinie (Global Initiative for Asthma, www.ginaasthma.com). Nach dieser Leitlinie spricht man von kontrolliertem Asthma, wenn:
- nur minimale chronische Symptome und selten Exazerbationen auftreten,
- keine notfallmäßigen Arztbesuche notwendig sind,
- die Patienten alltägliche und sportliche Aktivitäten nicht einschränken müssen,
- die Peakflow-Werte normal bzw. fast normal sind.
In der Praxis zeige sich jedoch, dass eine gute Asthmakontrolle nur bei einem Bruchteil der Patienten tatsächlich erreicht wird. Zu den Studien, die zu diesem Ergebnis kommen, zählt beispielsweise die im Jahre 2000 veröffentlichte AIRE-Studie (Asthma Insights and Reality in Europe. Insgesamt erreichten in dieser Studie nur 5% der Patienten eine leitlinienkonforme Kontrolle ihrer Erkrankung. 50% der Asthmatiker hatten tagsüber Symptome, mehr als 50% der Patienten erlebten Asthma-Episoden wie z. B. Atemnot. Ein Drittel der Erkrankten musste mindestens einmal im Jahr außerplanmäßig einen Arzt aufsuchen, 11% sogar die Notaufnahme. 50% der Studienteilnehmer mussten ihre alltäglichen und sportlichen Aktivitäten wegen der Erkrankung einschränken.
Wenn Therapieziele nicht erreicht werden, kann dies auch daran liegen, dass sie zu hoch gesteckt sind, gab Högger zu bedenken. Aus diesem Grund hatte die 2004 veröffentlichte GOAL-Studie (Gaining Optimal Asthma Control) untersucht, ob die Erwartungen, die in den Leitlinien formuliert sind, evtl. zu hoch sind. Das Ergebnis war überraschend: eine leitliniengerechte Asthmakontrolle war nicht nur möglich, die in GINA formulierten Ziele konnten sogar noch übertroffen werden.
Schnelle Abschätzung mit dem Asthmakontrolltest
Ein neu entwickeltes Messinstrument, das auch im Rahmen der Beratung von Asthmapatienten in der Apotheke angewendet werden kann, ist der Asthmakontrolltest (ACQ-5, Asthma control questionnaire, www.asthmakontrolltest.de). Der Test wurde für Erwachsene und Kinder ab vier Jahren konzipiert und wird auch von den GINA-Leitlinien als leicht anwendbares Messinstrument empfohlen. Der Patient braucht nur fünf Fragen zu beantworten, für die Antworten werden Punkte (maximal 25) vergeben. Erfragt werden z. B. die Häufigkeit des Einsatzes der Bedarfsmedikation, die Häufigkeit nächtlichen Erwachens etc. Eine Punktzahl unter 19 signalisiert, dass die Erkrankung nicht optimal kontrolliert ist. In einem solchen Fall sollte dann überlegt werden, wie der Patient durch die Apothekenmitarbeiter unterstützt werden kann. Als Beispiele nannte Högger Hilfestellung bei der richtigen Anwendung des Inhalators, aber auch Erklärungen zur Verbesserung des Krankheits- und Therapieverständnisses. Denn bei nicht wenigen Patienten zeige sich ein Nachlassen der Compliance, sobald eine Symptom-Verbesserung auftritt. Viele Patienten führen die Behandlung nicht mehr so konsequent wie nötig durch, weil sie Nebenwirkungen oder ein Nachlassen der Wirksamkeit befürchten. Bei einigen Patienten genüge allein schon die Furcht vor Nebenwirkungen, um noncompliant zu werden. Dass derartige Interventionen vonseiten der Apotheke tatsächlich Früchte tragen, konnte mittlerweile durch mehrere Studien belegt werden.
cb
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