Arzneimittel und Therapie

Prävention mit Dutasterid?

Die vierjährige Einnahme des 5-alpha-Reduktase-Hemmers Dutasterid senkt das Risiko, in diesem Zeitraum ein Prostatakarzinom zu detektieren, so das Resultat einer aktuellen Studie. Ob diese Feststellung eine klinische Relevanz aufweist und ob Dutasterid zur Prävention eingesetzt werden kann, ist noch unklar.
Prostatakarzinome wurden zwar nach einer vierjährigen Dutasterid-Behandlung seltener gefunden, es handelte sich dabei aber lediglich um harmlosere Tumoren. Die Inzidenz für aggressive Tumoren wurde nicht gesenkt.

Foto: Klinik am Ring, Köln

5-alpha-Reduktase-Inhibitoren werden zur Therapie der benignen Prostatahyperplasie eingesetzt. Durch die Blockade der 5-alpha-Reduktase kann Testosteron nicht mehr in Dihydrotestosteron umgewandelt werden, was neben einem verbesserten Harnfluss zu einem verkleinerten Prostatavolumen und einem deutlich reduzierten PSA-Wert führt. Von einer verringerten Konzentration an Dihydrotestosteron in der Prostata erhofft man ferner ein reduziertes Prostatakarzinomrisiko.

Nachdem eine Chemopräventionsstudie mit dem 5-alpha-Reduktase-Hemmer Finasterid (Proscar®) zu keinem überzeugenden Ergebnis geführt hatte – insgesamt weniger Prostatakarzinome als unter einer Placebo-Therapie, aber mehr aggressive Tumore – wurde eine weitere Präventionsstudie (REDUCE = Reduction by Dutasteride of Prostate Cancer Events) durchgeführt. Eingesetzt wurde dabei Dutasterid (Avodart®), das im Gegensatz zu Finasterid beide Isoformen der 5-alpha-Reduktase hemmt.

Vierjährige Einnahme

An der randomisierten, doppelblinden und placebo-kontrollierten Multicenterstudie nahmen 6729 Männer im Alter zwischen 50 und 75 Jahren teil, bei denen ein erhöhtes Risiko für ein Prostatakarzinom vorlag. Ihr PSA-Wert lag zwischen 2,5 und 10,0 ng/ml und bei ihnen war innerhalb der vergangenen sechs Monate eine Prostatabiopsie mit negativem Ergebnis durchgeführt worden. 3305 Probanden erhielten vier Jahre lang täglich 0,5 mg Dutasterid, die 3424 Teilnehmer der Vergleichsgruppe ein Placebo. Nach zwei und vier Jahren wurde eine Biopsie vorgenommen und die Inzidenz für das Auftreten eines Prostatakarzinoms errechnet.

  • In dem vierjährigen Zeitraum wurde im Rahmen einer Biopsie bei 659 Probanden (19,9%) der Verum-Gruppe und bei 858 (25,1%) der Placebo-Gruppe ein Prostatakarzinom nachgewiesen. Das entspricht einer absoluten Risikoreduktion von 5,2% und einer relativen Risikoreduktion von 22,8% (95% Konfidenzintervall 15,2-29,8; p<0,001).
  • Auf den gesamten Zeitraum berechnet, wurden in beiden Gruppen etwa gleich viele Tumore mit einem hohen Gleason Score (Maß für die Malignität, geht von 2 bis 10; je höher der Wert, desto bösartiger ist der Tumor) detektiert. Betrachtet man aber nur die zwei letzten Jahre, so traten unter Dutasterid zwölf Tumore mit einem hohen Gleason Score auf vs. einem unter der Placebo-Gabe (p = 0,003).
  • Wie zu erwarten war, trat in der Verum-Gruppe akuter Harnverhalt deutlich seltener auf als in der Placebo-Gruppe (1,6% vs. 6,7%; relative Risikoreduktion 77,3%). Die Nebenwirkungen unter Dutasterid entsprachen denen, die von einer Therapie der Prostatahyperplasie bereits bekannt sind. Zusätzlich trat in der Verum-Gruppe etwas häufiger eine Herzinsuffizienz auf als in der Placebo-Gruppe (0,7% vs. 0,4%; p=0,03). Wegen unerwünschter Wirkungen (meist Störungen von Libido und erektiler Funktion) brachen in der Placebo-Gruppe 2% vs. 4,3% in der Verum-Gruppe die Studie ab.

Prostatakarzinom-Früherkennung

Was sagt die aktuelle S3-Leitlinie?


 

Die 2009 veröffentlichte "Interdisziplinäre Leitlinie der Qualität S3 zur Früherkennung, Diagnose und Therapie der verschiedenen Stadien des Prostatakarzinoms" geht in einem kurzen Statement auf die Prävention eines Prostatakarzinoms mit 5-alpha-Reduktase-Inhibitoren ein und merkt hierzu an, dass die Einnahme dieser Wirkstoffe die Häufigkeit des Nachweises von Prostatakarzinomen und Präneoplasien reduziert. Allerdings gebe es keine Hinweise zur Auswirkung auf die tumorspezifische Mortalität oder Gesamtmortalität. In Deutschland sind 5-alpha-Reduktase-Hemmer in der Prävention des Prostatakarzinoms nicht zugelassen.

Skeptische Einschätzung

Ein Kommentator weist darauf hin, dass das vordergründig positive Ergebnis – eine Risikoreduktion durch die Dutasterid-Einnahme – differenziert betrachtet werden muss. So wirke die Gabe von Dutasterid nicht präventiv, sondern führe zu einer Schrumpfung oder Wachstumshemmung bereits bestehender Tumore. Darüber hinaus werden vorwiegend solche Karzinome in ihrem Wachstum gehemmt, die mit großer Wahrscheinlichkeit nicht lebensbedrohlich sind. So sank in der Dutasterid-Gruppe die Inzidenz für Prostatakarzinome mit einem geringen Gleason Score. Die Inzidenz weniger differenzierter und somit aggressiverer Tumore mit einem hohen Gleason Score wurde nicht gesenkt. Überspitzt ausgedrückt, wirkt Dutasterid dort, wo es nicht notwenig ist. Ferner sei zu bedenken, dass durch die Senkung des PSA-Wertes ein falsches Gefühl der Sicherheit entsteht und dadurch Karzinome möglicherweise erst verzögert entdeckt werden.

Quelle Andriole G., et al.: Effect of dutasteride on the risk of prostate cancer. N Engl J Med 362, 1192 – 1202 (2010). Walsh P.: Chemoprevention of prostate cancer. N Engl J Med 362, 1237 – 1238 (2010). S3-Leitlinie Prostatakarzinom.www.awmf-online.de Apothekerin Dr. Petra Jungmayr

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