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- DAZ 26/2010
- Wo bleibt der große Wurf
Aus Kammern und Verbänden
Wo bleibt der große Wurf?
Töbing beklagte, dass die neue Bundesregierung die selbstformulierten Erwartungen nicht erfüllt habe, insbesondere in der Gesundheitspolitik. Statt eines "großen Wurfs" bleibe wieder einmal "das kleinste gemeinsame Karo, die Kostendämpfung", insbesondere im Arzneimittelbereich, so Töbing. Die geplante Begrenzung der Ausgaben für innovative Arzneimittel sei komplex, streitanfällig und zeitaufwendig, daher wirke sie erst mittelfristig. Doch gemäß den jüngsten Einsparplänen solle der gerade erst durch den Schiedsspruch auf 1,75 Euro gesenkte Kassenrabatt auf 2,10 Euro angehoben und die Großhandelsmarge gesenkt werden. Dies werde zu einem Großteil auf die Ertragslage der Apotheken durchschlagen. Doch der Großhandel gewähre Rabatte nahezu ausschließlich für OTC-Arzneimittel. Es solle also Geld abgeschöpft werden, das nichts mit der GKV zu tun habe. Zudem beklagte Töbing die neueste Wende beim Pick-up-Stellen-Verbot: "Wir wollen keine Arzneien von der Tanke und aus der Döner-Bude." An die Politiker richtete er die Frage: "Wann endlich bekommen wir die Planungssicherheit, die wir dringend benötigen?"
Töbing begrüßte die pharmazeutische Orientierung des Entwurfs zur neuen Apothekenbetriebsordnung, wies aber auch auf die zu erwartenden Kosten für die Umsetzung hin, beispielsweise für Umbauten zur Sicherung einer vertraulichen Beratung. Die Apotheker würden sich auf einem schmalen Grat bewegen, sie müssten die Effizienz innerbetrieblicher Strukturen optimieren und zugleich die pharmazeutischen Leistungen ausbauen.
Testkäufe und die Folgen
Nach dem zweiten Zyklus der Testkäufe und Feedbackgespräche der Kammer in Hamburger Apotheken zog Töbing ein begrenzt positives Fazit. Im Vergleich zwischen dem Zyklus 2008/2009 und 2009/2010 zeige sich, dass die Tests die Qualität verbessern, jedoch messbar nur in Teilbereichen. Der Anteil der verbesserungsbedürftigen Beratungen sei gesunken, der Anteil der Beratungen ohne Nachfrage des Kunden sei gestiegen. Dieser Weg müsse fortgesetzt werden, die Ergebnisse müssten verstärkt in Feedbackgespräche und andere Qualifizierungsangebote eingehen. Zudem verwies Töbing auf die Hamburger Erklärung, mit der die Apothekerkammer und der Apothekerverein die Beratungsleistung der Apotheken in der Öffentlichkeit vorgestellt hatten. Die voraussichtlich erstmals im Herbst stattfindende Evaluierung in Form einer Telefonbefragung werde erneut eine Gelegenheit bieten, das Thema in der Öffentlichkeit zu präsentieren.
Als langfristig wichtiges Zukunftsthema sprach Töbing die demographische Entwicklung an. Daraufhin würden sich die Arbeitsschwerpunkte der Apotheken immer mehr auf multimorbide Patienten mit chronischen Erkrankungen verlagern. Außerdem werde vielleicht doch die Frage nach der Priorisierung von Leistungen zu stellen sein. Die Apotheken seien aber auch als Arbeitgeber betroffen. Angesichts der sinkenden Zahlen von Schul- und Studienabgängern müssten sie attraktive Arbeitsplätze bieten. Dazu verwies Töbing auf die Nachwuchskampagne der ABDA, die am 17. Juni, dem Tag der Apotheke, gestartet wurde. Als Reaktion auf den demographischen Wandel beschloss die Kammerversammlung zudem, einen neuen Weiterbildungsbereich "Geriatrische Pharmazie" einzuführen.
Neue Verwaltung für die Apothekerversorgung
Ein wichtiger Diskussionspunkt bei der Kammerversammlung war die Zukunft der Apothekerversorgung Niedersachsen, die auch für die Rentenversicherung der Apotheker in Hamburg und Sachsen-Anhalt zuständig ist. Dieses Versorgungswerk wird bisher von der Ärzteversorgung Niedersachsen verwaltet, doch hat die Ärzteversorgung den Geschäftsbesorgungsvertrag zum Jahresende 2011 gekündigt und die Apotheker haben diese Kündigung angenommen. Zuvor war es zu "einer Reihe von Irritationen" gekommen, Mitsprache und Nachfragen seien bei den ärztlichen Geschäftsführern der Ärzteversorgung Niedersachsen eher unerwünscht gewesen, erklärte Töbing. Als Konsequenz hat die Kammerversammlung der niedersächsischen Apothekerkammer als zuständiges Gremium am 14. Juni beschlossen, die Verwaltung der Apothekerversorgung auf die Verwaltungsgesellschaft der Versorgungswerke (VGV) zu übertragen. Diese in Berlin ansässige Gesellschaft organisiert bereits die Apothekerversorgung Berlin und die Ärzteversorgung Hamburg. Töbing lobte besonders die zeitgemäße EDV-Ausstattung dieses Anbieters im Vergleich zur bisherigen Lösung. Die Verwaltungskosten würden sich in gleicher Höhe wie bisher bewegen, allerdings fallen einmalige Kosten für die Datenmigration an. Die letzte Entscheidung in dieser Angelegenheit liegt jedoch beim Verwaltungsrat der VGV, der am 7. Juli tagen wird.
tmb
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