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Kügelchen und Apotheker-Lobby

Peter Ditzel

Jetzt haben wir es, das Sommerloch-Thema: Homöopathie – wirkt sie oder wirkt sie nicht? Und in Fortsetzung dieser Frage: Soll die Gesetzliche Krankenversicherung eine homöopathische Therapie bezahlen oder nicht? Das Magazin "Der Spiegel" hat die Diskussion mit seiner aktuellen Ausgabe unter der Überschrift "Der große Schüttelfrust" losgetreten. Zu Wort kommen Homöopathen und Schulmediziner. Nach Spiegel-Recherchen lässt sich der Nutzen nicht belegen – und dennoch, aus dem Geschäft mit den Kügelchen ist eine Milliardenindustrie geworden, so das Magazin.

Nach Rainer Hess, dem Vorsitzenden des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA), ist der Nutzen der Homöopathie wissenschaftlich nicht belegt. Ihm ist es ein Dorn im Auge, dass die Kassen zahlen müssen, obwohl es keinen Nutzennachweis gebe. Zitiert wird beispielsweise auch Jürgen Windeler, der neue Mann beim Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) ab September. Er hat sich jahrelang mit der Homöopathie beschäftigt, schreibt das Magazin, und er kommt zu der Überzeugung: "Die Homöopathie ist ein spekulatives, widerlegtes Konzept." Für ihn sei die Sache erledigt.

Aber, so stellt der "Spiegel" fest: Die Homöopathie boomt, weil viele Menschen mit der Qualität der Medizin unzufrieden seien. Mehr als 3000 Apotheker und über 6700 Ärzte haben eine homöopathische Ausbildung bzw. Zusatzbezeichnung. Und bei den Kassen fließt Geld für die Homöopathie trotz klammer Kassen – als Versichertenbindungsprogramm.

Der Mann in der Gesundheitspolitik, der zu jedem Thema etwas weiß, Karl Lauterbach, hat auch dazu eine Meinung. Dadurch, dass die Kassen die Homöopathie bezahlen, "adeln" sie diese Therapierichtung, so Lauterbach. Er hält diese Politik der Kassen für unverantwortlich. Die SPD wolle daher die homöopathischen Arzneimittel aus dem Leistungskatalog der Krankenkassen streichen, da keine Wirksamkeit belegt sei. Die CDU gibt sich neutral und ist zur Streichung bereit mit dem Hinweis darauf, dass die Wahltarife für Homöopathie unter der rot-grünen Bundesregierung eingeführt worden seien. Die Grünen dagegen möchten die Naturheilverfahren als Kassenleistung beibehalten.

Für die Wissenschaft scheint dagegen der Streit um die Wirksamkeit der Homöopathie beendet zu sein. Man sei sich jetzt darüber einig: "Es gibt nicht den geringsten überzeugenden Beweis dafür, dass homöopathische Kügelchen irgendetwas anderes bewirken als einen Placeboeffekt." Es ist eine Scheintherapie.

Die Deutsche Pharmazeutische Gesellschaft hat schon im Jahr 2005 eine Verlautbarung veröffentlicht, die sich mit dem Phänomen der Homöopathie befasste. Ihr Fazit: "Homöopathie wirkt, aber nicht die homöopathische Arznei." Auch wenn homöopathische Arzneimittel keine somatische Wirkung haben, könne das Verfahren der Homöopathie wegen dessen günstiger psychischer Wirkung dennoch zur Heilung beitragen, schlussfolgert die DPhG.

Wenn Sie darüber mitdiskutieren wollen, lade ich Sie gerne dazu ein: Auf unserer Internetseite DAZ.online (www.deutsche-apotheker-zeitung.de) haben wir eine Umfrage und ein Diskussionsforum eingerichtet.

Aber es gibt noch einen weiteren Aufreger der Woche. Der Spiegel heizt die Neidkampagne gegen die Apotheker weiter an: Nur den "Pillenverkäufern" sei es gelungen, so heißt es in einem "Spiegel"-Beitrag, bei jeder Reform ohne größere Einbußen davonzukommen. So auch bei dieser Reform. Zurückzuführen sei dies laut dem Magazin auf eine aggressive Lobbyarbeit. So hätten sich beispielsweise schon Politiker von den Apothekern unter Druck gesetzt gefühlt. Viele Politiker, zum Beispiel Biggi Bender, die sich für den Fall des Mehrbesitzverbots einsetzte, stünden unter ständiger Beobachtung der Apotheker. Vielen Kollegen von Bender setze der Druck der Apotheker derart zu, "dass sie sich dreimal überlegen, ob sie sich mit der Apothekerlobby anlegen wollen". Natürlich fehlt im "Spiegel"-Artikel Celesio-Chef Oesterle nicht, der sich doch für die Zulassung von Ketten, mehr Wettbewerb und daraus folgend – ganz klar – sinkende Preise stark gemacht habe, aber bei der Politik damit nicht landen konnte. Gewürzt ist der Beitrag ganz in Spiegel-Manier mit einem kräftigen Schuss Polemik. Die Apotheken sind in Deutschland "immer noch wie mittelalterliche Zunftbetriebe organisiert". Und als Beweis für das Selbstbewusstsein der Apotheker wird "der Hauptsitz in einer ehemaligen Privatbank" vorgeführt, "einem aufwendig renovierten Prachtgebäude aus dem 19. Jahrhundert nahe dem Gendarmenmarkt. Gäste werden im großen Tresor empfangen, der nun als Besprechungsraum dient. 60 Leute arbeiten hier für die Interessen der Branche, das sind fünfmal so viel, wie die deutsche Atomwirtschaft im Einsatz hat."

Abgesehen von diesen Seitenhieben – man fragt sich, wie eine solche Aussage, die Apotheker blieben von dieser Reform verschont, zustande kommt. Weiß der "Spiegel"-Autor nicht, dass die Großhandelsrabatte weitgehend wegfallen? Weiß er nicht, dass die Großhandelseinsparungen bei den Apotheken ankommen? Ist es Nichtwissen oder gar Absicht? Angesichts der umfassenden Recherchearbeit muss man eher letzteres annehmen…


Peter Ditzel

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