Arzneimittel und Therapie

FDA gegen Bevacizumab bei fortgeschrittenem Brustkrebs

Am 20. Juli 2010 wandte sich ein Ausschuss der US-Gesundheitsbehörde FDA gegen den Einsatz des Angiogenese-Hemmers Bevacizumab beim fortgeschrittenen metastasierten Mammakarzinom. Die Mitglieder des externen Gremiums erachteten das Nutzen-Risiko-Verhältnis aufgrund der Ergebnisse zweier klinischer Studien für zu gering.

Das Expertengremium empfahl der FDA, die Zulassung für Bevacizumab beim fortgeschrittenen metastasierten HER2-negativen Mammakarzinom zu widerrufen. Diese Empfehlung wurde mit zwölf gegen eine Stimme ausgesprochen. Die Behörde ist nicht an dieses Votum gebunden, es erscheint aber unwahrscheinlich, dass sie sich dem Rat widersetzt. Die Entscheidung des FDA wird für den 17. September 2010 erwartet. In Europa ist Bevacizumab zur Therapie des kolorektalen Karzinoms, des Nieren- und Lungenkarzinoms sowie zur Behandlung des fortgeschrittenen Mammakarzinoms zugelassen. Die europäischen Behörden, die Bevacizumab schon im März 2007 die Zulassung zur Behandlung des Mammakarzinom erteilten, haben sich zu den neuen Ergebnissen noch nicht geäußert.

Entscheidungsrelevante Studien

Der monoklonale Antikörper Bevacizumab (Avastin®) war im Februar 2008 in einem beschleunigten Zulassungsverfahren für die Erst-Linien-Therapie des fortgeschrittenen, metastasierten HER2-negativen Mammakarzinoms in Kombination mit Paclitaxel zur Vermarktung freigegeben worden. Ein beschleunigtes Zulassungsverfahren ermöglicht die Zulassung aufgrund erster positiver Studienergebnisse unter der Bedingung, weitere positive Studiendaten nachzureichen.

Die vorläufige Zulassung erfolgte aufgrund der Ergebnisse der E2100-Studie. In dieser randomisierten, multizentrischen, und offenen Vergleichsstudie hatte eine Kombinationstherapie aus Paclitaxel und Bevacizumab ein progressionsfreies Überleben von 5,5 Monaten gezeigt. Das Gesamtüberleben wurde nicht signifikant verlängert.

Die noch nachzureichenden Ergebnisse wurden in der AVADO-Studie (736 Patientinnen) und in der RIBBON-1-Studie (1237 Patientinnen) ermittelt. Bei der AVADO-Studie handelte es sich um einen doppelblinden Vergleich zwischen Docetaxel plus Bevacizumab (7,5 mg/kg oder 15 mg/kg) und Docetaxel plus Placebo in der Erstlinientherapie des HER2-negativen Mammakarzinoms. Die Verlängerung des progressionsfreien Überlebens lag bei 0,8 (bei 7,5 mg/kg Bevacizumab) und 0,88 (unter 15 mg/kg Bevacizumab) und war statistisch nicht signifikant. Ähnlich enttäuschend waren die Ergebnisse der RIBBON-1-Studie, in der Bevacizumab entweder mit einer Anthracyclin- oder Taxan-haltigen Chemotherapie sowie mit Capecitabin kombiniert wurde. In Kombination mit dem Taxan oder Anthracyclin verlängerte Bevacizumab das progressionsfreie Gesamtüberleben um 1,2 Monate, in Kombination mit Capecitabin um 2,9 Monate. Das Signifikanzniveau wurde nicht erreicht.

Die Ergebnisse dieser zwei Studien erschienen nun den Experten als zu mager, um für eine definitive Zulassung zu votieren, zumal die Therapie mit Bevacizumab nicht ohne Nebenwirkungen war: in beiden Studien zeigte sich eine erhöhte Inzidenz von Grad-3- bis Grad-5-Nebenwirkungen wie etwa Blutungen, Hypertonie, febrile Neutropenie.

2009 wurde in den USA eine beschleunigte FDA-Zulassung von Avastin für Patienten mit fortgeschrittenem Glioblastom erteilt. Laut Reuters erzielte Avastin einen Jahresumsatz von zuletzt 6,2 Milliarden Franken und ist inzwischen das umsatzstärkste Medikament des Basler Konzerns Roche. Man schätzt, dass rund zehn Prozent der Avastin -Umsätze aus der Brustkrebs-Behandlung kommen.

Quelle www.fda.gov/downloads/AdvisoryCommittees/CommitteesMeetingMaterials/Drugs/Oncologic Drugs Advisory Committee/UCM219224.pdf (FDA-Gutachten) www.gene.com/gene/news/press-releases/display.do?method=detail&id=12887 (Pressemitteilung des Herstellers) www.de.reuters.com www.medpagetoday.com/HematologyOncology/BreastCancer/21276.

 


Apothekerin Dr. Petra Jungmayr

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