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- DAZ 30/2010
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Aus der Hochschule
Funktionalisierte Grenzflächen
Den jungen Wissenschaftlern wurde die Möglichkeit geboten, unter dem wachen Auge der "Senior"-Wissenschaftler ihre eigenen Forschungsarbeiten in Kurzvorträgen zu präsentieren und anschließend während der Poster Sessions vor ihren Postern "Rede und Antwort" zu stehen, was zu ausgesprochen lebhaften Diskussionen führte.
Thematisch ging es um Grenzflächenprozesse mit ihren Anwendungen in der Medizin, Pharmazie, Molekularbiologie, Bio- und Chemosensorik, Katalysechemie und in den Ingenieurwissenschaften.
Von Drug-Targeting bis Gentherapie
Funktionalisierte Grenzflächen spielen in der Pharmazie eine große Rolle. Schon bei einer einfachen Tablette entscheidet die Oberfläche darüber, ob die Einnahme als angenehm oder unangenehm empfunden wird. Bei kolloidalen Arzneiformen bestimmen die Oberflächeneigenschaften der Liposomen, Mizellen und Nanopartikeln über deren Wirksamkeit und Stabilität. Fernerhin ist ein Drug-Targeting nur möglich, wenn die Oberfläche von wirkstoffbeladenen Nanopartikeln entsprechende Erkennungselemente trägt, die zumeist Antikörper sind.
Ein aktuelles Thema ist die Gentherapie, bei der genetisches Material mithilfe von Vektoren in menschliche Zellen eingeschleust wird. Der Erfolg hängt entscheidend von der Oberfläche dieser Vektoren ab. Über den derzeitigen wissenschaftlichen Stand hat Prof. Achim Aigner, Fachbereich Medizin der Universität Marburg, einen schönen Überblick gegeben.
Implantate und Sensoren
Auch bei Implantaten spielt die Oberfläche eine sehr bedeutende Rolle. Die Besiedlung mit Mikroorganismen und das Einwachsen in das Gewebe – beides ist zumeist unerwünscht – können durch die Immobilisierung von Antibiotika und Zytostatika erreicht werden. Daneben kommen positiv geladene Oberflächen oder solche, die kolloidales Silber enthalten, vermehrt zum Einsatz. Wenn hingegen das Einwachsen von Implantaten gefördert werden soll, beispielsweise beim Knochenersatz, können diese mit Wachstumsfaktoren beschichtet werden; das Verfahren lieferte bereits erste vielversprechende Ergebnisse.
Die moderne Pharmazie und Medizin kommen heute nicht mehr ohne miniaturisierte Sensoren aus; moderne Blutzuckermessgeräte wären ohne sie undenkbar. Chemo- und Biosensoren könnten künftig auch im menschlichen Organismus implantiert werden, doch sind zuvor noch viele Probleme bezüglich Zuverlässigkeit, Biokompatibilität und Stromversorgung zu lösen. Prof. Wolfgang Schuhmann, Universität Bochum, stellte einen faszinierenden Lösungsansatz vor, bei dem körpereigene Glucose zur Energiegewinnung herangezogen wird ("Bio-Brennstoffzelle").
Die besten Präsentationen der Jungwissenschaftler wurden von einer interdisziplinär zusammengesetzten Jury gewürdigt. Die Preise gingen nach Hasselt/Belgien und Jülich ("Entwicklung eines Sensors zum Nachweis von Wasserstoffperoxid bei Sterilisationsprozessen"), Hannover ("Aufbringen von definierten Oberflächenstrukturen mittels Lasertechnologien") und Linz/Österreich ("Metallische Nanostrukturen").
Das weiträumige Schloss Rauischholzhausen mit seinem herrlichen Park bot ideale Voraussetzungen für ein konstruktives und entspanntes Beisammensein. Auch das Konferenz-Dinner und die "Nachsitzung" im Schlosskeller werden vielen als einmaliges Erlebnis in Erinnerung bleiben.
Der nächste EnFI-Workshop wird im Juli 2011 in Linz an der Donau stattfinden.
Prof. Dr. Michael Keusgen
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