Prisma

Mini-Entzündungen bringen den Darm aus der Balance

Neue Erkenntnisse zu den Ursachen des Reizdarmsyndroms haben jetzt Humanbiologen der TU München gefunden: Mini-Entzündungen in der Darmschleimhaut bringen das empfindliche Gleichgewicht im Darm durcheinander und gehen mit einer Sensibilisierung des Darmnervensystems einher.
Ursachenforschung haben Münchner Wissenschaftler zum Reizdarmsyndrom geleistet. Davon sind ca. 20 bis 30 Prozent der Deutschen betroffen.
Foto: Abdomilon N

Blähungen, Verstopfung oder Durchfall, Übelkeit oder Bauchkrämpfe – sind typische Symptome des Reizdarmsyndroms. In Deutschland leiden rund sieben Millionen Menschen darunter – und daran, dass man ihr Reizdarmsyndrom oft für psychosomatisch hält. Denn bislang ist der organische Auslöser der Krankheit unentdeckt, entsprechend enttäuschend sind die Therapieansätze. Jetzt haben Biologen der TU München erstmals unsichtbare, körperliche Ursachen der Darmkrankheit aufgeklärt. Dem Forscherteam ist der Nachweis geglückt, dass Mikroentzündungen in der Schleimhaut eine Sensibilisierung des Darmnervensystems bewirken und damit Ursache für das Reizdarmsyndrom sind. Mit ultraschnellen optischen Messverfahren konnten die Forscher zeigen, dass Botenstoffe von Mastzellen und enterochromaffinen Zellen die Nervenzellen im Darm direkt aktivieren. Diese Überempfindlichkeit des Darmnervensystems bringt die Kommunikation zwischen Darmschleimhaut und -nervensystem durcheinander. Die irritierte Darmschleimhaut setzt nun vermehrt neuroaktive Botenstoffe wie Serotonin, Histamin und Proteasen frei. Dieser körpereigene Cocktail könnte die eigentliche Ursache der unangenehmen Beschwerden sein. Die TUM-Biologen untersuchen zur Zeit, inwieweit die Nervensensibilisierung mit der Schwere der Krankheitssymptome korreliert. Sie konnten die klinische Relevanz ihrer Ergebnisse bereits untermauern: Reizdarmsymptome verbesserten sich nach Behandlung mit einem Antihistaminikum, dessen immunstabilisierende Wirkung von der Behandlung allergischer Reaktionen wie Heuschnupfen bekannt ist. Die Wissenschaftler untersuchen nun, ob die Symptomverbesserung mit einer Normalisierung der Nervenaktivität einhergeht. hel

Quelle: Klooker, T. K., et all.: Gut, Online-Vorabpublikation, DOI: 10.1136/gut.2010. 213108

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