Arzneimittel und Therapie

Einzelne resistente Bakterien sichern Überleben der Gesamtpopulation

US-Wissenschaftler haben einen neuen Weg der Resistenzbildung entdeckt. Die Forscher zeigten jetzt, dass auch einzelne resistente Bakterien die Gesamtheit der Bakterien in einer Kolonie vor der Wirkung eines Antibiotikums schützen können. Über den Signalstoff Indol aktivieren sie protektive Mechanismen in den nicht-resistenten Individuen, die auch deren Überlebenswahrscheinlichkeit erhöht.

Bislang war man davon ausgegangen, dass bei Bakterien auf dem Wege zur Entwicklung von Resistenzen grundsätzlich Veränderungen im Erbgut stattfinden, die zur Bildung von unterschiedlichen Mechanismen führen, mit denen das Antibiotikum unschädlich gemacht wird. Diese Fähigkeit wird dann an die folgenden Generationen, zumeist in Form von Resistenzgenen auf Plasmiden, weitergegeben. Wissenschaftler vom Howard Hughes Medical Institute in Boston haben jetzt einen anderen Weg der Resistenzentwicklung nachgewiesen. Dabei sichern einzelne resistente Individuen das Überleben der Gesamtkultur durch selbstlose Aktivierung von Schutzmechanismen der übrigen Bakterien.

Die Forscher untersuchten die Überlebens- und Fortpflanzungsfähigkeit von Escherichia-coli-Kulturen nach Zugabe des Antibiotikums Norfloxacin. Dabei fiel ihnen auf, dass die Dosis, die die einzelnen Individuen tolerierten, sehr unterschiedlich war: Einige von ihnen wurden bereits bei geringen Konzentrationen abgetötet, andere hingegen überlebten auch höhere. Auch war die Konzentration an Norfloxacin, die eingesetzt werden musste, um alle Bakterien in der Kultur abzutöten, wesentlich höher als die für isolierte Bakterien.

Weitere Untersuchungen brachten ein überraschendes Ergebnis: Offenbar entwickelten nur einzelne Bakterien in einer Kolonie eine echte Resistenz gegenüber einem Antibiotikum. Diese Keime produzierten dann das Signalmolekül Indol und gaben es in die Umgebung ab. Daraufhin wurden dann zwei Abwehrsysteme bei den anderen Bakterien aktiviert: zum einen Effluxpumpen zum Ausschleusen des Antibiotikums aus der Zelle, andererseits protektive Maßnahmen gegen oxidativen Stress. Die Wissenschaftler schließen aus ihren Ergebnissen, dass auf diese Weise die Kolonie als Gesamtheit widerstandsfähiger gegen den Angriff des Antibiotikums wird und eine Hemmung des Signalstoffs Indol die Wirkung von Antibiotika möglicherweise steigern kann.

Quelle Lee, H.H.; et al.: Bacterial charity work leads to population-wide resistance. Nature 2010; 467 (7311): 82 – 85. 

 


 

han

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.