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DAZ aktuell
G-BA beschließt Einschränkungen und Ausweitungen
Reboxetin nicht mehr auf Kassenkosten
Arzneimittel zur Behandlung der Depression mit dem Wirkstoff Reboxetin sind künftig nicht mehr zulasten der GKV verordnungsfähig. Mit diesem Beschluss hat der G-BA eine entsprechende Nutzenbewertung des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) in seiner Arzneimittel-Richtlinie umgesetzt. Diese hatte für Reboxetin keine Belege für einen Nutzen im Vergleich zu einem Placebo in der Behandlung von Patienten mit Depressionen ergeben. Im Vergleich zu anderen Arzneimitteln sei in Studien sogar eine Unterlegenheit von Reboxetin belegt, erklärte Dr. Rainer Hess, unparteiischer Vorsitzender des G-BA und Vorsitzender des G-BA-Unterausschusses Arzneimittel. Zudem ergaben sich auch Belege für Gesundheitsschädigungen durch Nebenwirkungen. Aufgrund dieses eindeutig negativen Ergebnisses der Nutzenbewertung habe der G-BA beschlossen, Reboxetin-haltige Arzneimittel nur noch ausnahmsweise in medizinisch gut begründeten Einzelfällen zur Verordnung zulasten der GKV zuzulassen. Hess betonte, dass zur medikamentösen Behandlung von Depressionen eine Vielzahl anderer Wirkstoffe zur Verfügung stehe, deren Nutzen besser belegt sei und die deshalb in der Versorgung Vorrang haben müssten.
ADS/ADHS: Stimulanzien nur in Ausnahmefällen
Mit einem weiteren Beschluss soll die Verordnungsfähigkeit bestimmter Stimulantien wie Methylphenidat zur Behandlung einer Aufmerksamkeitsdefizit- und Hyperaktivitäts-Störung (ADS/ADHS) künftig weiter eingeschränkt werden. Grund ist das Risikopotenzial dieser Arzneimitteltherapie für Kinder und Jugendliche. Die Diagnose muss künftig noch umfassender als bisher gestellt werden und die Verordnung dieser Medikamente darf nur noch von Spezialisten für Verhaltensstörungen bei Kindern und Jugendlichen erfolgen. Zudem müsse die Therapie regelmäßig unterbrochen werden, um ihre Auswirkungen auf das Befinden des Kindes beurteilen zu können, erläuterte Hess. Der Beschluss erfolgte aufgrund von Änderungen der Fach- und Gebrauchsinformationen von Methylphenidat-haltigen Arzneimitteln als Ergebnis eines europäischen Risikobewertungsverfahrens.
Valproinsäure: off label verordnungsfähig
Weiterhin sollen Arzneimittel mit dem Wirkstoff Valproinsäure im Off-Label-Use zur Vorbeugung von Migräneanfällen bei Erwachsenen künftig auf GKV-Kosten verordnungsfähig sein, wenn eine Behandlung mit anderen dafür zugelassenen Arzneimitteln nicht erfolgreich war oder nicht angewendet werden darf. Der Beschluss setzt eine Empfehlung der Expertengruppe Off-Label im Bereich Neurologie/Psychiatrie des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte um. Der G-BA wies darauf hin, dass Schwangere aber in jedem Fall von einer solchen Behandlung ausgenommen blieben, da mit der Einnahme von Valproinsäure-haltigen Arzneimitteln ein erhöhtes Missbildungsrisiko für ungeborene Kinder verbunden sei. Auch bei Frauen im gebärfähigen Alter seien Nutzen und Risiko einer Therapie mit Valproinsäure zur Migräneprophylaxe sorgfältig abzuwägen. Die Frauen müssten ebenso über das erhöhte Risiko von Missbildungen aufgeklärt als auch darauf hingewiesen werden, dass während der Behandlung mit Valproinsäure unbedingt eine wirksame Verhütungsmethode erforderlich ist. Vorgesehen ist zudem, dass die Verordnung nur durch Fachärzte für Nervenheilkunde, für Neurologie und/oder Psychiatrie oder für Psychiatrie und Psychotherapie erfolgen darf.
Grippeimpfung für Schwangere
Geändert wird auch die Schutzimpfungs-Richtlinie: Schwangere können sich künftig zulasten der GKV gegen die saisonale Influenza impfen lassen. Auch Patienten mit schweren chronischen neurologischen Krankheiten, die zu respiratorischen Einschränkungen führen können, haben Anspruch auf die Impfung. Diese frühzeitige Beschlussfassung zur Umsetzung entsprechender Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) ermögliche insbesondere Schwangeren eine zeitgerechte Versorgung mit den neuen saisonalen Grippeimpfstoffen, hieß es beim G-BA. Die Impfstoffe schützen auch vor der sogenannten Schweinegrippe.
Künstliche Befruchtung für von HIV betroffene Paare
Nach einem weiteren Beschluss sollen künftig auch Paare, bei denen einer oder beide Partner HIV-positiv sind, die Möglichkeit haben, die Herbeiführung einer Schwangerschaft durch künstliche Befruchtung als GKV-Leistung in Anspruch zu nehmen. Bisher galt, dass beide Ehepartner zum Zeitpunkt einer künstlichen Befruchtung HIV-negativ sein mussten. Eine Ausschlussklausel für andere Erkrankungen gab es nicht.
Die Beschlüsse des G-BA werden dem Bundesgesundheitsministerium zur Prüfung vorgelegt. Sie treten nach erfolgter Nichtbeanstandung nach der Bekanntmachung im Bundesanzeiger in Kraft. Die Beschlüsse zur Schutzimpfungsrichtlinie sollen rückwirkend zum 16. September 2010 wirksam werden.
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