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Bundesregierung betreibt Klientelpolitik für Großkonzerne

MÜNSTER (akwl/daz). Mit deutlichen Worten kritisieren die Apotheker in Westfalen-Lippe das geplante Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (AMNOG) der Bundesregierung: "Die Koalition betreibt damit einen Raubbau an der mittelständischen Apotheke. Sie gefährdet damit die Arzneimittelversorgung und Arbeitsplätze", lautet das Urteil von Gabriele Regina Overwiening (Präsidentin der Apothekerkammer Westfalen-Lippe) und Johannes Hermes (Stellvertretender Vorsitzender des Apothekerverbandes Westfalen-Lippe).
Düstere Aussichten Johannes Hermes (Apothekerverband), Gabriele Regina Overwiening und Michael Schmitz (Apothekerkammer, v. li.) informierten über die Auswirkungen des AMNOG auf die Apotheken.
Foto: tmb

Das AMNOG legt neue Spielregeln für die Vergütung des pharmazeutischen Großhandels fest, der die Apotheken mit Arzneimitteln beliefert. "Die Großhandelskonzerne haben es im zweiten Anlauf geschafft, ein neues Vergütungsmodell durchzusetzen, mit dem der Wettbewerb auf der Großhandelsebene faktisch eingestellt wird", kritisiert Johannes Hermes. Damit sei zugleich der Wettbewerb um Qualität, Lieferfrequenzen und Preise in Gefahr – ähnlich wie schon jetzt im Energie- und Mineralölsektor.

Gleichzeitig will die Bundesregierung das Großhandelshonorar um 500 Millionen Euro kappen. Hermes: "Alle Großhändler haben unisono erklärt, diese Belastung vollumfänglich an die Apotheken weiterzuleiten. Somit wird jede Apotheke mit durchschnittlich 23.000 Euro belastet." Diesen Rohertragsverlust würden viele Apotheken nicht verdauen können, erläutert Gabriele Regina Overwiening. "Denn Apotheken sind in der Regel Klein- und Kleinstbetriebe mit fünf bis zehn Mitarbeitern. Die Folge dieser Politik, die das Wohl der Patienten komplett aus den Augen verloren hat, wären der Abbau von Serviceleistungen und Personal in den Apotheken bis hin zu vollständigen Schließungen."


Zahlen, Daten und Fakten zur Gesundheitspolitik


  • An den Gesamtkosten der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) sind die Apotheken nur mit 2,5 Prozent beteiligt. Dies entspricht Kosten in Höhe von 4,2 Milliarden für 21.500 Apotheken mit 147.000 Beschäftigten. Allein in Westfalen-Lippe bieten die Apotheken 14.700 Arbeitsplätze.
  • Zum Vergleich: Die GKV wird in diesem Jahr rund 4,6 Milliarden Euro an Mehrwertsteuer auf Arzneimittel an den Finanzminister überweisen.
  • Im Jahr 2009 haben die Apotheken durch die Umsetzung der Rabattgesetze und durch Apothekenrabatte für Einsparungen bei den Arzneimittelausgaben in Höhe von 2 Milliarden Euro gesorgt.

Bundesregierung beugt sich der Pick-up-Lobby

"Wir werden die Auswüchse beim Versandhandel bekämpfen, indem wir die Abgabe von Arzneimitteln in den sogenannten Pick-up-Stellen verbieten." Diese Formulierung findet sich im Koalitionsvertrag von CDU/CSU und FDP – und sie fand sich zunächst auch im Referentenentwurf des AMNOG. Kurz vor der Gesetzlegung wurde dieser Passus – offensichtlich auf massiven Druck der Lobby der Drogerieketten – wieder gestrichen. "Auch hier haben es die Konzerne geschafft, die Regierung umzudrehen – einmal mehr zulasten des Patienten- und Verbraucherschutzes", kritisiert Gabriele Regina Overwiening.

Noch im Juni 2010 hatte das Bundesverwaltungsgericht höchstrichterlich die Bedeutung der persönlichen Verantwortung des Apothekers bei der Abgabe betont. Außerdem fordern Verbraucherschützer und fast alle Gesundheitspolitiker auf Landesebene die Abschaffung des Pick up. Overwiening: "Auch diese politische Entscheidung spielt einigen wenigen milliardenschweren Konzernen in die Hände."

Sichtbarer Protest

Mit Protestplakaten und Patienteninformationen machen die Apotheken in Westfalen-Lippe ab sofort ihren Protest sichtbar. Die Aktion trägt den Slogan "Stoppt den Raubbau an der Apotheke!". Den Gesundheitspolitikern der schwarz-gelben Koalition werden außerdem symbolische Streichlisten überreicht.

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