Deutscher Apothekertag 2010

Parallelwelten

Dr. Carolina Kusnick

Schlenderte man in München durch die Messehallen der Expopharm, so hatte man schnell den Eindruck: der Laden brummt. Keine Spur von Wirtschaftskrise. Es war hell und sonnig-warm, freundlich und trubelig, viele junge Leute, angenehm laut und kunterbunt, geschäftiges und geschäftstüchtiges Treiben. Zufriedene Gesichter bei Ausstellern und Besuchern. Betrat man dann die Räumlichkeiten des Apothekertags, erwartete einen das komplette Kontrastprogramm: Der Apothekertag fand in einer dämmrigen Messehalle statt, die mit muffigem Teppichboden ausgelegt war, der einem fast den Atem nahm. Schummerige rote Lichtstrahler produzierten eine düstere Atmosphäre schon im Foyerbereich. Mit schwarzen Tüchern war in diesem dämmrigen Raum ein Saal abgetrennt, eigentlicher Schauplatz der Hauptversammlung der deutschen Apothekerinnen und Apotheker. Zugig war es, und die Versuche, etwas Licht in die Halle zu zaubern, reichten nur zu kalten Strahlern, die in den Augen schmerzten. Und in diesem düsteren, unfreundlichen Raum saßen die Delegierten drei Tage lang. Ist das ein Umfeld, das einem Gesundheitsberuf würdig ist? Ein Umfeld, in dem man kreativ und konstruktiv arbeiten und zukunftsorientiert diskutieren kann? Offensichtlich nicht, denn so richtig kamen die Diskussionen nicht in Schwung. Diskussion zum Thema "Neue Apothekenbetriebsordnung"? Fehlanzeige. Die Diskussion zum "Zukunftsberuf Apotheker" blieb ebenfalls stecken. Stattdessen alle Jahre wieder markige Forderungen, den Heilberuf zu stärken, und Schimpfen auf die Politik. Aber eigentlich spiegelte die räumlich Situation in München nur die beiden Welten wider, in denen sich die Apotheker bewegen: einerseits "drinnen" die Bemühungen um mehr Qualität in der Arzneimittelversorgung, um die Kompetenz des Heilberufs, man fühlt sich als Medikationsmanager, als Teil eines Netzwerkes mit Ärzten und Krankenkassen. Andererseits "draußen" der Kampf um jeden Kunden, offensive, teils aggressive Marketingkonzepte, Boni und Rabatte, Taler und Zugaben, Wettbewerb bis zur Schmerzgrenze, Abgabeautomaten und Verblistern, Versandhandel bis hin zu Pick-up-Stellen. Ein Delegierter stellte meiner Meinung nach zu Recht die Frage, ob das, was sich im Saal unter der Regie der ABDA abspiele, überhaupt noch etwas mit der Realität des Apothekenalltags zu tun habe.


Carolina Kusnick

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