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Pick-up oder nicht Pick-up – das ist hier die Frage
DAZ: Wie kamen Sie auf die Idee, eine Apotheke in den Niederlanden zu gründen und Ihren Kunden anzubieten, Rezepte und Arzneimittel von dort zu vergünstigten Konditionen zu beziehen?
Andreas Winterfeld: Als ich 2004 begann, in der Apotheke zu arbeiten, stellte ich fest: Die Kunden diskutieren extrem häufig über Preise. Alle sprachen nur noch über billige Preise, Sonderangebote und Schnäppchen. Die Preisdiskussion hat alles andere überstrahlt.
Thomas Winterfeld: Man konnte kaum noch inhaltlich zum Arzneimittel beraten. Nur noch der Preis spielte eine Rolle, Wirkung, Nebenwirkungen waren kein Thema. Und das Ergebnis war immer negativ: Der Kunde hat seinen gewünschten Preis nicht erhalten. Das war für uns der Ausgangspunkt, hier nach einer Lösung zu suchen. Beide Seiten, Kunden und Apotheker, sollten damit zufrieden sein – beiderseitige Unzufriedenheit und Gespräche ausschließlich über Preise sollten von der Apotheke ferngehalten werden.
A. Winterfeld: Unsere Lösung heißt "Vorteil24": Wer günstige Preise haben möchte, kann sie bekommen. "Lieber Kunde, nur einen Tag warten, dann sind die günstigen Arzneimittel aus den Niederlanden hier."
T. Winterfeld: Man sollte sich in Erinnerung rufen, was 2004 bei der Zulassung des Versandhandels passiert ist. Mit der Entscheidung, auch den Versandhandel mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln aus dem Ausland zuzulassen, wurden Kunden – und das war politisch gewollt – aus der örtlichen Apotheke in den Versandhandel umgeleitet hin zu Apotheken, die externen Kapitalgebern gehören.
A. Winterfeld: Wir sind überzeugt: Kein Patient würde etwas im Versandhandel bestellen, wenn er es zu gleichen Konditionen in seiner Stammapotheke vor Ort bekommt. Wir wollten nicht akzeptieren, dass die Politik die Kunden zu ausländischen Apotheken schickt. Das führte zu unserer Initiative.
DAZ: Aber kam Ihnen die Idee nicht selbst ein bisschen seltsam vor? Kunden bestellen in Ihrer deutschen Apotheke Arzneimittel bei Ihrer Versandapotheke in den Niederlanden. Diese Kunden holen die Arzneimittel in Ihrer Apotheke dann nach ein, zwei Tagen mit Preisvorteilen ab. Es sind die gleichen Arzneimittel, die hinter Ihnen in Ihrem Regal der deutschen Apotheke liegen. Wenn diese über den Umweg Niederlande kommen, sind sie günstiger – ein bisschen bizarr?
A. Winterfeld: Wir sind normale, kleinstädtische Apotheken. Wir wollen keine Preiskämpfe, aber auch wir können uns dem allgemeinen Megatrend hin zu günstigen Preise nicht verschließen. Unser Modell erlaubt es uns, den Preis auf dem normalen Niveau zu halten und dabei solche Kunden wie Schnäppchenjäger, die unbedingt günstige Preise haben möchten, ebenfalls zufriedenzustellen und zu halten. Darüber hinaus haben wir mit Vorteil24 die Möglichkeit, Kunden aus dem Internet wieder in die Offizin zurückzuholen.
T. Winterfeld: Warum sollte man einem Kunden ein Arzneimittel mit Rabatt geben, der nicht danach fragt, der nicht daran interessiert ist? Warum soll der ältere Kunden, den ich eine Viertelstunde lang über die Vorzüge von Ginkgo beraten habe, diese Beratung nicht angemessen honorieren? Und trotzdem: Allen Kunden steht unser Vorteilsmodell zur Verfügung. Jeder kann davon profitieren. Für uns ist entscheidend, dass die Kunden zufrieden sind und wiederkommen, zu uns wiederkommen.
DAZ: Heißt dies im Umkehrschluss, dass Sie Kunden, die die Preisvorteile über den Hollandbezug in Anspruch nehmen, nicht beraten werden? Also: günstige Hollandpreise ohne Beratung, deutsche Preise mit Beratung?
T. Winterfeld: Keineswegs. Ein Kunde, der von unserem Modell Vorteil24 Gebrauch macht, kann von uns selbstverständlich eine pharmazeutische Beratung erhalten, genauso wie es jedem anderen Kunden, der zu normalen Bedingungen in der deutschen Apotheke einkauft, möglich ist.
DAZ: Welche Vorteile bietet Ihr Modell "Vorteil 24" genau?
A. Winterfeld: Bei Rezepten profitieren die Kunden beispielsweise von dem Erlass der halben Zuzahlung oder auch sogar der ganzen Zuzahlung. Außerdem bietet Vorteil24 niedrigere Preise bei OTC-Arzneimitteln.
T. Winterfeld: Das Modell war auch eine Antwort auf das Vorgehen mancher Ärzte, die den Kunden in der Praxis gleich anboten, das Rezept in einen Umschlag zu stecken und zu einer Versandapotheke zu schicken, wie uns Kunden berichteten. Unser Modell sei ihnen da wesentlich sympathischer.
A. Winterfeld: Wir haben mit unserem Modell Kunden, die bereits ins Internet abgewandert waren, wieder zurück in die Apotheke vor Ort geholt. Das Tückische dabei ist doch, dass man nicht immer sofort mitbekommt, wenn die Kunden abwandern. Sie kommen oft auch weiterhin in die Apotheke, um Kleinigkeiten zu kaufen oder um ihre Kundenzeitschrift abzuholen, aber die teueren Präparate bestellen sie im Internet. Diesen Umsatz haben wir jetzt wieder zurückgeholt.
DAZ: Und welchen Preisnachlass bieten Sie den Kunden bei einem Bezug über die Niederlande an?
A. Winterfeld: Damit wir sachgerecht beraten können und Kunden nicht auf tagesaktuelle Sonderangebote umleiten müssen, bieten wir bei OTC einen Einheitsrabatt von 20 Prozent auf alles. Wenn der Kunde bei seiner Bestellung im Internet allein gelassen ist, bestellt er nicht immer sachgerecht und entscheidet mitunter nach Preis. Wenn der Kunde zum günstigeren Präparat B greift, nur weil es vielleicht im Sonderangebot ist, Präparat A jedoch besser geeignet wäre, aber nur mit zehn Prozent rabattiert ist, dann kann dies für ihn sogar negative Folgen haben. Das zeigt doch auch, wie wichtig das Beratungsangebot durch den Apotheker beim Bezug von Arzneimitteln ist. Bei unserem Modell ist die Option, eine fachkompetente, pharmazeutische Beratung zu erhalten, für jeden Kunden sichergestellt.
T. Winterfeld: Auch das ist in unseren Augen das Negative an Versandapotheken: Der Apotheker wird unsichtbar gemacht, eine persönliche Beratung von Angesicht zu Angesicht findet nicht statt, das Berufsbild des Apothekers wird zum anonymen Fließbandarbeiter degradiert, der nur noch Versandkartons kontrolliert. Unser Modell bewirkt genau das Gegenteil: Bei "Vorteil24" bleibt der Apotheker erster Ansprechpartner für den Patienten.
DAZ: Bieten Sie Ihr Modell den Patienten offensiv an oder nur, wenn Sie glauben, dass es ein preissensibler Kunde ist?
A. Winterfeld: Vorteil24 steht grundsätzlich allen interessierten Kunden zur Verfügung. Dennoch setzen wir dieses Instrument eher defensiv ein. Es ist bei uns insbesondere für die Fälle gedacht, bei denen Preisdiskussionen aufkommen.
T. Winterfeld: Positiv ist dabei: Die Kunden schätzen es, dass es der Apotheker war, der sich offensiv für einen günstigeren Preis eingesetzt hat, quasi als Verbraucheranwalt für den Patienten. So raten wir manchen Kunden auch den Bezug über die Niederlande ab, da sie das Arzneimittel sofort einnehmen müssen. Vorteil24 muss sich in allen Belangen für den Kunden lohnen. Ob das im Individualfall zutrifft, ergibt sich im gemeinsamen Gespräch sehr schnell. Bislang haben wir nur positive Rückmeldung seitens unserer Kunden erhalten.
DAZ: Alles schön und gut, aber es bleibt der Vorwurf, dass Ihr Model "Vorteil24" die Pick-up-Stellen-Diskussion anheizt. Denn letztlich ist Ihre Apotheke in Deutschland doch nichts anderes als eine Pick-up-Stelle Ihrer niederländischen Apotheke. Unterwandern Sie damit nicht alle Bemühungen der Gesundheits- und Berufspolitik, Pick-up-Zulassungen zu Fall zu bringen?
T. Winterfeld: Das sehen wir vollkommen anders. Ich würde mich mal freuen, wenn man die Leistung einer Pick-up-Stelle bei dm mit der Leistung eines Apothekers, der am "Vorteil24"-Modell teilnimmt, vergleichen würde, beispielsweise die Preise, die Beratung, die Schnelligkeit. Man käme ganz schnell zu dem Ergebnis, dass die Beratung in der Apotheke der große Pluspunkt ist, den dm absolut nicht bieten kann. Wir Apotheker zeigen mit "Vorteil24" dem Drogeriemarkt, wie es richtig gemacht wird.
Lassen Sie mich noch Folgendes anmerken: Die Politik lässt die Apotheker auf dem Apothekertag wissen, dass ein Verbot von Pick-up wohl nicht machbar sein wird. Nur wenige Stunden später verabschiedet der Apothekertag eine Resolution, in der sich die Apotheker selbst das verbieten, was dm weiterhin darf: Pick-up-Stellen betreiben. Wie klein wollen wir uns Apotheker noch machen? Unser "Vorteil24"-System ist nicht schizophren, es demaskiert vielmehr die Schizophrenie der Gesetzeslage.
A. Winterfeld: Außerdem: Was stört denn die Politik an Pick up? Es ist die fehlende Arzneimittelsicherheit, die fehlende Beratung und die nicht sachgerechte Lagerung außerhalb von Apotheken. Genau das, nämlich Sicherheit, Beratung und sachgerechte Lagerung, bietet unser Modell, da es sich innerhalb von Apotheken abspielt.
DAZ: Was wäre, wenn die Politik doch noch die Kurve bekommt und sich in absehbarer Zeit für ein Pick-up-Verbot entscheidet – wie würde dann Ihre Reaktion ausfallen?
A. Winterfeld: Das haben wir von Anfang an gesagt: Wenn die Politik die Ungleichbehandlung und die systematische Förderung des Versandhandels beendet, würden wir unser System selbstverständlich beenden. Wir würden uns freuen, wenn unser Modell einen kleinen Anstoß hierzu gegeben haben könnte, Uns geht es einfach darum, vernünftige Wettbewerbsverhältnisse zu haben.
DAZ: Wie schätzen Sie die politische Lage selbst ein? Gehen Sie davon aus, dass Pick up verboten wird?
T. Winterfeld: Nachdem die Politik auf dem Apothekertag nur mit Köpfen aus der zweiten und dritten Reihe vertreten war und die Bundesregierung in den Apothekertag hinein am Freitag ihre Ablehnung eines Pick-up-Verbots bekräftigt hat, kann ich hier keinen Erfolg der Bemühungen der Standespolitik erkennen.
A. Winterfeld: Ich habe sehr geringe Hoffnungen, dass ein Pick-up-Verbot kommt, würde es mir aber sehr wünschen.
DAZ: Werfen wir einen Blick auf Ihre niederländische Apotheke. Sie haben unmittelbar an der Grenze zu Deutschland, im Industriegebiet von Dinxperlo, eine Apotheke gegründet …
A. Winterfeld: Ja, es ist eine eigenständige niederländische Apotheke, in der ich der verantwortliche Apotheker bin. Die Apotheke ist öffentlich zugänglich und erfüllt auch sonst alle Kriterien für eine niederländische Apotheke. Wir sind vor Kurzem umgezogen in modernere Räume mit noch mehr Platz. Kritiker hatten uns anfangs unterstellt, wir hätten gar keine Apotheke in den Niederlanden. Solche Gerüchte weise ich strikt von uns. Noch mal: Wir haben eine niederländische Betriebserlaubnis für eine niederländische Apotheke in Räumlichkeiten, die vom Gesundheitsamt abgenommen wurden.
DAZ: Wie läuft eigentlich das konkrete Procedere ab? Sie beziehen in den Niederlanden deutsche Ware? Und die Ware wird nach Deutschland zurückgebracht?
A. Winterfeld: Es gibt einen klaren, transparenten Weg: Wir beziehen deutsche Arzneimittel in unserer niederländischen Apotheke. Diese deutschen Arzneimittel werden dort für den Patienten individuell zusammengestellt und dann für den Kunden in die deutsche Apotheke transportiert.
DAZ: Zur Präzisierung: Bedeutet dies, dass ein Lieferwagen des Großhandels nur eben mal in Dinxperlo die von Deutschland aus vorbestellte Ware vorbeifährt. Oder haben Sie dort ein umfassendes Warenlager, aus dem die Lieferung zusammengestellt wird?
A. Winterfeld: Die niederländische Apotheke bezieht die von dem Kunden bestellte Ware aus Deutschland. Diese passiert also rein "physisch" zweimal die Grenze – einmal in Richtung Dinxperlo, einmal in Richtung Apotheke, wo die Ware auf Wunsch des Kunden hingeliefert wird. Darüber hinaus verfügen wir in unserer niederländischen Apotheke bei ausgewählten Produkten über einen eigenen Lagerbestand. Auch hierbei handelt es sich um deutsche Originalware.
DAZ: Das heißt, auch Sie warten in Ihrer deutschen Apotheke auf die Lieferung aus den Niederlanden? Oder bemühen Sie schon mal das eigene Warenlager?
T. Winterfeld: Nein, das Warenlager der deutschen Apotheke bleibt bei Vorteil24 Bestellungen unangetastet. Auch wir warten immer auf die niederländische Lieferung. Vom Kunden in den Niederlanden bestellte Ware darf auch nur von der niederländischen Apotheke bedient werden. Das hat auch einen rechtlichen Hintergrund, den wir selbstverständlich zu 100% einhalten. Darüber hinaus erfordert dies auch unsere Glaubwürdigkeit gegenüber unseren Kunden.
DAZ: Mittlerweile hat auch die Apothekenkooperation Linda Gefallen an diesem Modell gefunden. Wie kam der Kontakt zustande? Wer kam auf wen zu?
A. Winterfeld: Einige Linda Apotheken haben schon früh Interesse an unserem Modell bekundet. Das ist so circa zwei Jahre her. Wir haben es dann im kleinen Rahmen auf einer Management-Tagung vorgestellt. Im vergangenen Jahr meldete sich die Kooperation bei uns, sie wäre bereit, einige der interessierten Apotheken bei der Erprobung unsers Modell im Rahmen einer Testphase professionell zu begleiten. Wir halten es für richtig, dass sich eine Kooperation dafür aufgeschlossen zeigt. Wir werden die Ergebnisse der Testphase abwarten. Es gibt sicher sehr viele positive Aspekte, die dafür sprechen an unserem System teilzunehmen, es gibt aber auch Optimierungsbedarf – wie bei jeder neuen Struktur. Die Bewertung bleibt jedem selbst überlassen – aber man muss bereit sein, Erfahrungen damit zu sammeln.
DAZ: Wenn sich eine Linda-Apotheke an Ihrem "Vorteil24"-Modell beteiligt, dann liegt für diese Apotheke darin zunächst einmal eine gewisse Spannung. Sie verweist ihren eigenen Kunden an eine andere, an Ihre Apotheke…
A. Winterfeld: Das ist richtig. Aber wenn man die Hintergründe erklärt, verstehen es die Apotheker. Durch das persönliche Gespräch mit dem Kunden behält der Apotheker die "Hoheit" über seinen Kunden. Außerdem: Wir nehmen keine direkte Bestellung von deutschen Patienten an deutschen Standorten entgegen und schicken ihnen ein Päckchen. Das verbieten wir uns selbst. Wir nehmen nur Bestellungen entgegen, die uns ein deutscher Apotheker weitergeleitet hat.
DAZ: Welche wirtschaftlichen Vorteile hat eigentlich der Apotheker, der sich Ihrem System anschließt?
A. Winterfeld: Der deutsche Apotheker erhält für seine Vermittlungsleistung eine angemessene Vergütung.
DAZ: Und in welcher Höhe?
A. Winterfeld: Das kann man so pauschal nicht sagen. Wir versuchen es auf jeden Fall attraktiv zu machen und so zu gestalten, dass wir unsere Logistik abwickeln können.
DAZ: Apropos Logistik – mit wem arbeiten Sie zusammen, wie läuft dies ab?
A. Winterfeld: Wir nutzen einen externen Logistiker hierfür.
DAZ: Wie häufig wird "Vorteil24" denn durchschnittlich von Ihren Patienten in Anspruch genommen?
A. Winterfeld: Das hängt von vielen Faktoren ab und kann daher nicht allgemeingültig beantwortet werden. Jede Apotheke setzt das Modell unterschiedlich ein, je nach eigener Kundenstruktur sowie Kundengewinnungs- und Kundenbindungsstrategie. Ich kann aus eigener Erfahrung bestätigen, dass Vorteil24 wirklich gut von den Patienten angenommen wird. Die Zufriedenheit ist spürbar. Damit einhergehend hat sich auch mein Deutschlandgeschäft verbessert.
DAZ: Wie kommen die Preisvorteile zustande? Warum können Sie günstiger aus den Niederlanden liefern? Mehrwertsteuergefälle? Fehlende Arzneimittelpreisverordnung?
A. Winterfeld: Wir nutzen die Vorteile, die sich durch Wegfall des deutschen Arzneimittelpreisrechts ergeben und erschließen sie dem deutschen Apotheker. Unsere niederländische Apotheke ist ein Dienstleister für die deutschen Apotheker.
DAZ: Ihr Modell erfordert eine leistungsfähige Software. Wie jetzt zu hören war, werden Sie auf Ihre bisherige Software wohl verzichten müssen, da sich das apothekernahe Unternehmen Awinta entschlossen hat, keine Unterstützung mehr zu leisten …
A.Winterfeld: Keine Frage, wir hätten gerne mit dieser Software weitergearbeitet. Aber diese Technik ist kein Hexenwerk, das können andere auch. Sollte sich dieses Softwarehaus also tatsächlich verabschieden, finden wir andere Lösungen.
T. Winterfeld: Und wie logisch ist das alles? Als sich VSA und ProMedisoft zusammenschlossen, wussten die Verantwortlichen der Standespolitik, dass ProMedisoft Software für verschiedene Versandapotheken bereitstellt, übrigens nicht nur für unsere. Sich jetzt überrascht davon zu zeigen, ist scheinheilig.
DAZ: Ihr Modell könnte auch auf juristisch tönernen Füßen stehen. Man kann darin, so ein von der Apothekerkammer Nordrhein in Auftrag gegebenes Gutachten, eine unerlaubte Zusammenarbeit zwischen zwei Apotheken sehen. Verkürzt ausgedrückt: Eine Apotheke gibt die Ware einer anderen Apotheke ab und berät dazu. Wie sehen Sie dies?
A. Winterfeld: Ich halte dies für eine herbeigezogene Argumentation. Denn solche Fälle gibt es auch ohne unser Modell, beispielsweise wenn der Patient sich in einer Apotheke zunächst beraten lässt, sein Rezept dann aber wieder an sich zieht, in die nächste Apotheke geht und es von dieser beliefern lässt. Außerdem ist unser Modell schon lange juristisch geklärt durch das Oberlandesgericht Köln: Unser Modell ist juristisch in Ordnung und wir können es bewerben. Ein Auftragsgutachten wird wohl nicht den Stellenwert haben wie das Urteil eines Oberlandesgerichts.
DAZ: Bleibt noch meine letzte Frage: Gründung und Unterhalt einer eigenen Versandapotheke in den Niederlanden, Ärger mit den Kollegen und der Berufspolitik, Stress mit Logistik und Software: Warum tun Sie sich das an? Sind das wirklich allein die Frustrationen mit den Kunden, ist das allein der Versuch, die Schizophrenie der Politik offenzulegen? Oder stecken noch andere Motive dahinter? Warum gewähren Sie Kunden in Ihrer Apotheke nicht gleich einen kleinen Rabatt oder warum machen Sie nicht auch preisaktive Angebote?
T. Winterfeld: Der Versandhandel gewinnt jährlich Marktanteile hinzu und zwar deutlich zulasten von uns deutschen Apotheken, die vor Ort um ihre Kunden kämpfen müssen. Das ist die Realität. Sollen wir abwarten, uns zurücklehnen und weiter zusehen, wie unsere Kunden zu dm und Co. laufen oder ins Internet gehen, um sich ihre Medikamente zu bestellen und darauf hoffen, dass die Politik endlich handelt? Wie schon erwähnt – ein Pick-up-Verbot scheint laut Gesetzgeber wohl nicht machbar. Die ersten deutschen Versandapotheken fangen schon an und gewähren Rabatte auf rezeptpflichtige Arzneimittel. Das ist ein Wettbewerbsumfeld, in dem wir bestehen müssen. Heute schon und zukünftig noch viel mehr. Wir wollen hier handlungsfähig sein. Und zwar vor allen anderen. Das sind wir auch, schließlich gibt es unser Modell schon gute drei Jahre am Markt. Wir haben einen Vorsprung und den nutzen wir. Solange uns keiner hilft, müssen wir uns eben selber helfen innerhalb dieser Wettbewerbsverhältnisse klarzukommen. Ich denke, dass spätestens nächstes Jahr auch viele Kollegen das verstehen werden, die uns heute noch kritisieren.
DAZ: Vielen Dank für das Gespräch.
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