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Präventionskongress
Kann man den Effekt präventiver Maßnahmen messen?
Durch die große Anzahl von möglichen Einflussfaktoren, die eine präventive Intervention begleiten können, werden an die Planung von Präventionsstudien hohe methodische Anforderungen gestellt. Gleichzeitig wird aber auch die Aussagefähigkeit und die Verallgemeinerung ihrer Ergebnisse begrenzt. Der kausale Zusammenhang zwischen Präventionsmaßnahmen und zu beobachtenden Endpunkten kann oft nicht mit letzter Sicherheit begründet werden. Zumal die Vielzahl der behandlungsbedürftigen Risikofaktoren eine epidemiologische Bewertung von einzelnen Therapiemaßnahmen erschwert. Trotzdem gelten für Präventionsstudien die pharmakoepidemiologischen Qualitätskriterien, betonte Prof. Dr. Marion Schaefer vom Institut für Klinische Pharmakologie/Charité Universitätsmedizin Berlin. Dazu gehört es, eine eindeutige Hypothese vorab zu formulieren, die Grundgesamtheit und Ein -und Ausschlusskriterien zu definieren und die Endpunkte definiert, messbar und begründet zu formulieren. Präventionsstudien sind zeit- und kostenaufwendig und im Vergleich zu klinischen Prüfungen schlecht kontrollierbar. Die erforderliche Studienzeit richtet sich nach dem zu erwartenden Effekt nach erfolgter Intervention: bei Präventionsmaßnahmen ist das oft ein langer Zeithorizont. Erkenntnisse zu Präventionseffekten stammen deshalb häufig aus großen Kohortenstudien. Schaefer nannte unter anderem die Framingham HeartStudy (1948 – 2007), die Risikofaktoren für Herzerkrankungen untersuchte, und die Nurses HealthStudy (Start 1976 bzw. 1989), die sich mit chronischen Erkrankungen bei Frauen beschäftigte. Die Studienlage zur Prävention im Rahmen der Pharmazeutischen Betreuung ist nicht sehr üppig. Es wurden zwar zahlreiche unterschiedliche Studien zu differenten Indikationen wie Asthma, Hypertonie, Diabetes, COPD, Osteoporose, Herzinsuffizienz, oder Demenz durchgeführt, die messbaren Effekte sind aber nicht immer reproduzierbar und auch nicht konstant in ihrer zeitlichen Entwicklung. Trotz sachlogischer Begründbarkeit ist derzeit keine eindeutige Nutzenaussage zu den Ergebnissen einer Prävention durch eine Pharmazeutische Betreuung möglich, so Schaefer. Es sei prinzipiell eine Identifizierung von Patientengruppen, die von der Pharmazeutischen Betreuung am stärksten profitieren würden, im Ansatz erkennbar, diese müssen auch bezüglich der Prävention konkretisiert werden.
Besonders bei Lebensstil-abhängigen Erkrankungen sind die Krankheitsverläufe sehr unterschiedlich beeinflussbar und der Aufbau von Kontrollgruppen problematisch. Zudem ist die Lebensqualität als ein Ergebnismaß solcher Studien nur bedingt geeignet. "Präventionseffekte sind im Sinne der Evidenz unterschiedlich gut belegt, und ihr Nutzen ist im Einzelfall unsicher", so das Fazit von Schaefer. Darum sollten in der Apotheke Präventionsmaßnahmen sehr sorgfältig ausgewählt werden, vorrangig im Bereich der Sekundär- und Tertiärprävention. Die Präventionsmaßnahmen müssen zum Schwerpunkt der jeweiligen Apotheke passen. Dabei sind kontinuierlich angebotene Präventionsmaßnahmen z.B. als Bestandteil einer Pharmazeutischen Betreuung sinnvoller als zeitlich begrenzte "Aktionen" mit vordergründig erkennbarem Marketingcharakter. Als mögliche Schwerpunkte, die sich für Präventionsmaßnahmen in der Apotheke anbieten nannte Schaefer Bluthochdruck, Diabetes, Fettstoffwechselstörungen, Neurodermitis, Asthma/COPD sowie Osteoporose. Diese Erkrankungen sind langwierig und erlauben einen engen Kontakt mit den Patienten über einen längeren Zeitraum. Hier, so Schaefer, "ist noch was machbar". Schaefer betonte, dass die Präventionsmaßnahmen in einer Apotheke direkt oder indirekt mit der Kernkompetenz, der Anwendung von Arzneimitteln, in Zusammenhang stehen sollten, ohne sie aktiv zu fördern. Nicht vergessen werden darf ein Blick auf die Kosten und den Nutzen von Präventionsmaßnahmen: den geldwerten Nutzen haben vor allem die Krankenkassen, einen intangiblen, nicht messbaren Nutzen ziehen die Patienten daraus. Bei den Apotheken bleiben die finanziellen Aufwendungen für Weiterbildung, Arbeitszeit und Kosten der Präventionsprogramme sowie mögliche entgangene Gewinne durch weniger Erkrankungen und weniger Apothekenbesuche. Daher sollte mit Augenmaß entschieden werden, welche präventiven Maßnahmen in welcher Form in das Leistungsspektrum einer Apotheke aufgenommen werden.
ck
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