DAZ aktuell

"Die Hürde ist die Arzneimittelzulassung!"

STUTTGART (du). Nach Auskunft der Firma Spitzner Arzneimittel zeigten sich viele Apotheker irritiert über den Widerruf des Patents für Umckaloabo® Was bedeutet er für das umsatzstarke Phytopharmakon? Ist es weiterhin verkehrsfähig? Werden bald Pelargonium-sidoides-Extrakte anderer Hersteller auf den Markt kommen? Dr. Traugott Ullrich, Leiter Marketing und Vertrieb der Firma Spitzner, zeigt sich im Gespräch mit der DAZ gelassen. Die Zulassung und Vertriebsfähigkeit seien durch den Widerruf nicht tangiert. Im Streit um das Patent hofft er auf einen positiven Ausgang und selbst bei einem endgültigen Widerruf sieht er Konkurrenzpräparate so schnell nicht auf dem Markt.
Dr. Traugott Ullrich
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W. Spitzner Arzneimittelfabrik GmbH, Ettllingen

DAZ: Herr Dr. Ullrich, das Europäische Patentamt konnte keine ausreichende erfinderische Tätigkeit erkennen, die eine Patenterteilung rechtfertigen würde, Schwabe zeigt sich aber dennoch optimistisch, dies im Beschwerdeverfahren klarstellen zu können. 

 

Ullrich: Zunächst einmal sind Einsprüche gegen erfinderische Tätigkeiten bei einer solchen Thematik nicht ungewöhnlich. In etwa einem Drittel der Fälle gibt es dann Einschränkungen des Patents, in einem weiteren Drittel wird das Patent vollständig widerrufen. Das ist auch sinnvoll. Denn das Patentamt muss hohe Maßstäbe an die Besonderheit des Gedankens stellen.

DAZ: Was ist denn an dem Herstellungsverfahren der Firma Schwabe das Besondere? In dem Patent wird die Herstellung eines wässrig-ethanolischen Extraktes mithilfe von Mazeration und Perkolation beschrieben, also mit Verfahren, die eigentlich Standard sind.

 

Ullrich: Unser Verfahren beschreibt eine neuartige Kombination und Verbesserung von Verfahrensschritten, die bislang so nicht beschrieben wurden. Dass diese nicht nur einfach Standard sind, zeigt sich auch daran, dass das Patent nach Prüfung ja 2007 erteilt wurde. Auch die Neuheit des im Patent beschriebenen Verfahrens wurde vom Patentamt im Einspruchsverfahren übrigens eindeutig bestätigt, was heißt, dass das beschriebene Verfahren noch nirgendwo beschrieben ist. Im Prinzip geht es bei der Bewertung der Erfindungshöhe um die komplexe Frage, wie naheliegend das Ergebnis einer Erfindung ist. Diese Frage wollen wir abschließend im Beschwerdeverfahren geklärt wissen.

DAZ: Was, wenn Schwabe im Beschwerdeverfahren unterliegt? Fürchten Sie dann die Konkurrenz?

 

Ullrich: Nein. Sollten wir unterliegen, dann fällt zwar der Patentschutz, doch der existiert ja erst seit 2007. Davor war Umckaloabo® schon 25 Jahre auf dem Markt, ohne dass wir ernsthafte Mitbewerber hatten. Nein, das Patent ist nicht die Hürde, die Hürde ist die Zulassung als Arzneimittel. In unserem Produkt Umckaloabo® stecken 30 Millionen Euro Investitionen für Forschung und Entwicklung. Kosten die ein Mitbewerber erst einmal investieren muss, um für einen entsprechenden Extrakt zu belegen, dass er die vom Arzneimittelgesetz (AMG) geforderte pharmazeutische Qualität, Wirksamkeit und Verträglichkeit hat.

DAZ: Der Widerruf des Patents wäre also kein Beinbruch?

 

Ullrich: Nein. Uns ist es ganz wichtig, klarzustellen, dass auch durch einen Widerruf des Patents der rechtliche Status als zugelassenes Arzneimittel in keiner Weise beeinträchtigt wird. Und dies ist die eigentliche Hürde für Mitbewerber. Das heißt, die Verkehrsfähigkeit von Umckaloabo® bleibt natürlich erhalten. Für Apotheker und Patienten ändert sich hier gar nichts.

Ich bin aber auch deshalb gelassen, weil Umckaloabo® nicht nur wissenschaftlich sehr gut belegt ist, sondern auch eine sehr starke Marke ist. Sie ist bei Endverbrauchern und Apothekern nicht nur sehr bekannt, sondern wird auch sehr geschätzt. Kaum ein OTC-Produkt hat eine vergleichbare Produkttreue.

DAZ: Nun sieht sich ja Schwabe und damit auch Spitzner mit dem Vorwurf der Biopiraterie konfrontiert, eine Diskussion, die für das gute Image der Marke sicher nicht förderlich ist.

 

Ullrich: Das ist richtig und genau dagegen kämpfe ich. Denn hier wird versucht mit sehr zweifelhaften Methoden nicht nur ein Produkt in Misskredit zu bringen, sondern auch die Leute, die hinter dem Erfolg dieses Produktes stehen. Schwabe und Spitzner stehen nicht nur für außergewöhnliches Phyto-Know-how, sondern auch für eine klare Verpflichtung sich an nationale und internationale Gesetze zu halten. Der Vorwurf, sich auf Kosten anderer zu bereichern, trifft mich aber auch sehr persönlich: Ich stamme aus einem evangelischen Pfarrhaus. Was ich dort gelernt und erfahren habe; prägt auch mein unternehmerisches Handeln.

DAZ: Herr Dr. Ullrich, wir danken für das Gespräch!

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