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Es bleibt spannend in der Gesundheitspolitik

BERLIN (lk). 2010 war kein gutes Jahr für die Apotheker: Das Arzneimittelmarkt-Neuordnungsgesetz (AMNOG) brachte schwerwiegende Belastungen, deren vollständige Konsequenzen sich erst in den kommenden Monaten erkennen lassen. Und auch 2011 kehrt an der Gesetzgebungsfront im Gesundheitswesen keine Ruhe ein. Im nächsten Jahr stehen weitere Projekte auf der Agenda von Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) mit vergleichbaren Auswirkungen. Die Apotheken werden wieder betroffen sein – diesmal mit der Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO), deren Entwurf für den März erwartet wird. Es bleibt also spannend und nur wenig Zeit zum Atemholen.

Vier politische Ziele hat sich der Bundesgesundheitsminister neben der ApBetrO für das neue Jahr gesteckt:

  • Gesetz zur Weiterentwicklung der ambulanten Versorgung

  • Reform der Pflegeversicherung

  • Neue Gebührenordnung für niedergelassene Ärzte und Zahnärzte

  • Stärkung der Prävention

ApBetrO: Viel Diskussionsstoff

Der Wirbel um die im Herbst durchgesickerte, noch nicht mit der politischen Führung des Bundesgesundheitsministeriums abgestimmte, erste Fassung der ApBetrO lässt erahnen, wie viel Diskussionsstoff in der angekündigten Novelle steckt. Hatte Gesundheitsstaatssekretär Steffen Kapferer auf dem Apothekertag im Oktober noch einen Entwurf in diesem Jahr in Aussicht gestellt, so ist inzwischen klar, dass damit frühestens im März gerechnet werden kann. "In diesem Jahr ist nicht mehr mit einem Entwurf zu rechnen", bestätigte ein Sprecher des Bundesgesundheitsministeriums kürzlich die Verzögerung.

In den Sternen steht, ob die Novelle im kommenden Jahr unter Dach und Fach gebracht werden kann. Denn nicht nur Röslers Ministerium, auch der Bundesrat und die Koalitionsfraktionen wollen noch ein gewichtiges Wort mitreden. Aber nicht nur die komplizierte föderale Gesetzestechnik verzögert das Vorhaben. Der neue Entwurf soll sorgfältiger abgefasst werden als sein Vorgänger. Darin einfließen sollen die bei der informellen Besprechung Mitte Juli von den Verbänden der Apothekerschaft (ABDA, ADKA, BVKA, VZA, BVDVA, BVDA, BVDAK) vorgetragenen Kritikpunkte.

Im August hatte das BMG seine Bereitschaft signalisiert, auf einzelne Anmerkungen einzugehen. Mehr noch: Nach der massiven Kritik der Apotheker am AMNOG hat sich inzwischen zudem die CDU/CSU-Fraktion in den Prozess eingeschaltet. Obwohl formal nicht zuständig, will die Fraktionsspitze der Union darauf achten, dass keine weiteren "Zumutungen" auf die Apotheken zukommen, und die Novelle der ApBetrO "informell mitberaten". Schalten sich aber erst einmal die Politiker der Fraktionen ein, beschleunigt dies in aller Regel nicht den Ablauf.

Herausforderung Pflegereform

Die gesetzgeberisch größte Herausforderung für Rösler im kommenden Jahr wartet aber mit der Reform der Pflegeversicherung. Alle 80 Millionen Versicherten sind von diesem emotionalen Thema betroffen. Einmal geht es darum, etwas gegen den Fachkräftemangel – gegenwärtig fehlen 100.000 Pflegekräfte – zu tun. Mit dem "Pflegedialog" hat bereits die Suche nach einer Lösung begonnen. Am Ende wird sie in der Frage nach der Bezahlung münden. Das gilt auch für die bessere Einbeziehung von Demenzkranken. Mehr Pflege kostet mehr Geld und damit wird sich die Diskussion rasch auf den Kernpunkt der Reform zuspitzen: Wer soll das bezahlen?

Geplant ist nach dem Vorbild der Riester-Rente eine zusätzliche, kapitalgedeckte Zusatzfinanzierung. Dahinter verbirgt sich politischer Sprengstoff. Es geht nicht nur darum, welchen Zusatzbeitrag die Politik von den Bürgern abverlangen will. Wer soll das Geld verwalten, das Geschäft mit der kapitalgedeckten Pflegekomponente machen dürfen? Nur die privaten Krankenversicherungen, wie die FDP es möchte, oder sind auch die gesetzlichen Krankenkassen mit im Boot? Und wie wird der milliardenschwere Kaptalstock abgesichert? Bei nur fünf Euro pro Versicherten im Monat sammelt sich über zehn Jahre ohne Zinseffekte rasch ein Betrag von knapp 50 Milliarden Euro an. Solche Summen machen Politiker in aller Regel begehrlich. Wer also sichert den "Pflegesparstrumpf" gegen den Zugriff der Politik? Fragen, die ausreichend Stoff für spannende politische Diskussionen bieten.

Neue Gebührenordnung

Aber damit nicht genug: Den niedergelassenen Ärzten und Zahnärzten will Rösler eine neue Gebührenordnung nach dem Prinzip "Leistung soll sich wieder lohnen" verpassen. Angesichts der bekannten Rivalitäten und Eifersüchteleien zwischen den Facharztgruppen lässt sich erahnen, dass auch diese Aufgabe für Schlagzeilen in der Boulevardpresse taugt.

Und wie will der Gesundheitsminister dem Ärztemangel auf dem Lande begegnen? Mehr junge Mediziner aufs Land zu schicken, ist leichter gesagt als getan. Das Medizinstudium ist Ländersache, da lassen sich die 16 Kultusminister nur ungerne hineinreden. In Kombination mit der Absicht, die Prävention zu stärken, wird daraus eine regionalpolitische Grundsatzfrage. Wie sichert die Politik die grundgesetzlich verankerte Gleichheit der Lebensverhältnisse in der medizinischen Versorgung. Klafft das Stadt-Land-Gefälle noch weiter auseinander, oder gelingt es Rösler, den Landarztberuf wieder so attraktiv zu gestalten, dass darin auch Ärztinnen ihre Zukunft sehen?


Fazit: Es geht 2011 im Eiltempo weiter in der Gesundheitspolitik.

AMNOG tritt in Kraft


Das AMNOG kommt. Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 17. Dezember 2010 zu dem vom Bundestag am 11. November 2010 verabschiedeten Arzneimittelmarkt-Neuordnungsgesetz den Vermittlungsausschuss nicht angerufen und damit auch keinen Einspruch eingelegt.

Damit ist es nun amtlich: Das AMNOG kann nach Unterzeichnung durch den Bundespräsidenten und Verkündung im Bundesgesetzblatt - wie geplant - am 1. Januar 2011 in Kraft treten. Für die Apotheken bedeutet dies ab Januar eine Erhöhung des Kassenabschlags von 1.75 auf 2,05 Euro. Außerdem ist damit zu rechne, dass der Pharmagroßhandel über die Aushandlung neuer Lieferkonditionen seine Belastungen durch das AMNOG an die Apotheken weitergeben wird.

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