Management

Selbstmanagement für den Apotheker: Optimist oder Pessimist?

Entscheidend ist die Fähigkeit zum realistischen Denken

Ist das Denken mit der rosaroten Brille für den Apotheker schädlich? Oder hilft es ihm, brenzlige Situationen zu bewältigen? Andererseits: Wie lassen sich pessimistische, und damit blockierende Gedanken so verändern, dass sie keine Stolpersteine darstellen?

Ein Apotheker ist ein Unternehmer, der mit seiner Arbeit und seinem Engagement sowie einiger Finanz- und Personalverantwortung den eigenen Lebensstandard und den seiner Mitarbeiter sichern will und muss. Zudem erfüllt er, etwas pathetisch gesprochen, auch einen gesellschaftlichen Auftrag, indem er einen Beitrag dazu leistet, dass seine Kunden gesund leben können. Und darum ist seine grundsätzliche – entweder positive oder negative – Einstellung gegenüber seinen Aufgaben wichtig und die Frage, welchen Blick er auf die Zukunft und auch die zukünftige Entwicklung seiner Apotheke hat, nicht nur eine akademische.

Herr Optimist und Herr Pessimist

Ist das positive Denken des Optimisten nützlich oder schädlich für den Apotheker? Zum einen gilt: Blickt er optimistisch in die Zukunft, kann er so Ressourcen aktivieren, die ihm helfen, auch schwierige Situationen zu meistern – etwa wenn es um die Rentabilität der Apotheke einmal nicht so gut bestellt ist. Optimismus beeinflusst das Denken, Fühlen und Handeln auf eine positive Weise und versetzt uns in einen Zustand, der für konstruktive Problemlösungen förderlich ist.

Andererseits: Wenn Herr Optimist sich die allzu rosarote Wahrnehmungsbrille aufsetzt und einer illusionären Sichtweise huldigt, droht die Verschleierung der Realität. Genüsslich macht es sich Herr Optimist im Lehnstuhl bequem und lässt die Dinge auf sich zukommen, nach dem Motto: "Wird schon irgendwie klappen."

Ganz anders Herr Pessimist: Die negativ geprägte Sicht auf die Dinge kann durchaus zur Freisetzung ungeahnter Potenziale führen. Denn weil Herr Pessimist immer vom schlimmsten aller denkbar schlimmen Fälle ausgeht, denkt er voraus, überlegt er sich einen Plan B, setzt alle Hebel in Bewegung, damit jener "Worst Case" nicht eintrifft.

Doch schon das von Aristoteles angedachte Werte-Quadrat besagt, dass jede negative Tugend eine positive Schwestertugend hat. Geiz wird zur Sparsamkeit, Putzwahn zur Ordnungsliebe. Leider gilt auch der Umkehrschluss – jede positive Tugend hat eine negative Schwester. Und so droht die umsichtige Vorausschau des Herrn Pessimist umzuschlagen in eine düstere Wahrnehmung der Dinge, die ihn lähmt und zur Handlungsunfähigkeit verurteilt. Dies gilt insbesondere bei Rückschlägen, die Herr Optimist deutlich besser wegsteckt als Herr Pessimist.

Das mittlere Maß finden

Halten wir fest: Sowohl der übertriebene und fast schon überhebliche Optimismus als auch der allzu düstere Blick durch die schwarzgetönte Brille des Pessimisten kann fatale Folgen haben:

  • Herr Optimist unterschätzt Gefahren, erkennt sie zu spät und lässt unheilvolle Entwicklungen wie etwa den kontinuierlichen Rückgang der Kundenzahl in der Apotheke unberücksichtigt, weil er davon ausgeht, es werde sich schon alles wieder zum Guten wenden.

  • Herr Pessimist hingegen nimmt schon das geringfügigste Problem zum Anlass, den Kopf in den Sand zu stecken, verunsichert die Apothekenmitarbeiter und setzt eine Negativspirale in Gang, an deren Ende – wie bei einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung – genau das eintritt, wovor sich der Apotheker gefürchtet hat.

Meistens aber wird von Herrn Optimist behauptet, er sei immer und überall in der Lage, Probleme als Herausforderung zu sehen und zu lösen und seine ganze Kraft und Energie darauf zu verwenden, Lösungen zu finden. Herr Pessimist hingegen wird abgestempelt als Schwarzseher, der nichts Besseres zu tun habe, als seine Mitmenschen und seine Umgebung zu demotivieren und herabzuziehen.

Aber: Eine prinzipiell negative Einstellung muss nicht unbedingt automatisch destruktive Kräfte freisetzen. Die Überlegung, das Glas Wasser sei halb leer, provoziert die Überlegung, wie man es denn rechtzeitig auffüllen kann. Und es ist auch kein Naturgesetz, dass das positive Denken Handlungsenergie freisetzt. Es kann zu Tatenlosigkeit und Handlungsunfähigkeit führen. "Das Glas ist doch halb voll, warum soll ich mich jetzt schon kümmern?"

Es scheint, als ob es auf das richtige Maß und die richtige Mischung ankommt.

Plädoyer für eine realistische Einschätzung der Situation

Unser Handeln orientiert sich nicht daran, wie die Welt ist, sondern daran, wie wir sie wahrnehmen. Kommen wir noch einmal zurück auf das Glas Wasser, das entweder halb voll ist oder halb leer: Der Pessimist sieht entsetzt, dass das Glas Wasser halb leer ist. Der Optimist freut sich über das halb volle Glas. Jedoch: Der Sachverhalt ist ein und derselbe – er lässt sich halt positiv wie auch negativ interpretieren.

Es gibt aber noch einen dritten Weg, das Glas Wasser wahrzunehmen, nämlich ganz realistisch: Es ist noch etwas zu trinken da, wenn auch nicht mehr so viel. Es ist halb leer und halb voll.

Übrigens: Der verdurstende Pessimist in der Wüste würde sich selbst über "das halb leere Glas" freuen – es ist halt eine Frage der Perspektive. Entscheidend ist, wie ein Apotheker mit seinen Wahrnehmungen umgeht, also welche Schlüsse er für sein Handeln daraus zieht.

Ein alternativer Denkansatz zwischen rosarotem Denken und düsterer Schwarzmalerei besteht darin, von vornherein positives oder negatives Denken zu vermeiden und die Situation realistisch einzuschätzen. Dies gelingt am ehesten, wenn der Apotheker ständig die wichtigsten Kennziffern der Apothekenentwicklung analysiert und überprüft, den festgestellten Istzustand mit dem angestrebten Sollzustand vergleicht und nach Möglichkeiten fahndet, Ist und Soll einander anzugleichen.

Rechtzeitig gegensteuern

Insbesondere wenn der Apotheker während dieses Selbstreflexionsprozesses feststellt, er befinde sich allzu sehr in der rosaroten Positivspirale oder der herabziehenden Negativbewegung, sollte er unverzüglich gegensteuern:

  • Negativ-Ereignissen stellt der Apotheker Situationen entgegen, in denen etwas sehr gut funktioniert hat, um jene Negativerfahrungen zu "überschreiben".

  • Er verschafft sich Positiverlebnisse, indem er eine Aufgabe angeht, von der er vermuten darf, dass er sie bewältigt und mit einem motivierenden Gefühl abschließt.

  • Positive Erlebnisse relativiert er, indem er die Bedingungen prüft, unter denen sie zustande gekommen sind, und feststellt, dass er sehr günstige Umstände angetroffen hat.

  • Der Apotheker muss eine euphorische Stimmung nicht zerreden, aber er sollte sich trotzdem vor Augen führen, dass es auch anders hätte kommen können. Er sollte sich also bei großer Zuversicht fragen, ob er alle möglichen Widerstände bedacht hat, und die konkreten Gründe für seine optimistische Perspektive analysieren.

Fazit

Grundsätzlich kann sich der Apotheker bei Positivereignissen fragen, was er noch besser hätte machen können, damit es beim nächsten Mal dasselbe oder gar ein noch erfreulicheres Erfolgserlebnis zu feiern gibt. Und Negativerfahrungen verbucht er nicht als Misserfolge, sondern vielmehr als Resultate, die ihm auf dem Weg zum Ziel Hinweise geben, welche Fehler er in Zukunft vermeiden sollte.


Dr. Michael Madel, freier Autor und Kommunikationsberater



AZ 2011, Nr. 11, S. 6

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