Wirtschaft

DAX: Vernebelter Ausblick

Auftakt zur Berichtssaison überzeugt nicht

(hps). Üppige Liquidität und Übernahmeaktivitäten auf der einen Seite, haussierende Rohstoffpreise und Inflationssorgen auf der anderen. Die Vorfreude auf eine erfreuliche Berichterstattung zum ersten Quartal 2011 scheint bereits verflogen zu sein. Die Bedenkenträger hinsichtlich der negativen Einflüsse durch haussierende Rohstoffpreise dürften kurzfristig die Oberhand gewinnen.

Die Marktlage

Der erste Schritt ist getan: Die EZB hob letzten Donnerstag den Leitzins um 25 Basispunkte auf 1,25 Prozent an. Die Anleger nahmen es indes gelassen. Die Erhöhung wurde seit längerem erwartet. Außerdem halten die meisten Beobachter eine weitergehende restriktive Geldpolitik angesichts der Schuldenkrise in den Peripheriestaaten für unwahrscheinlich. Da das Parkett auch die Lage in Japan als stabil einstuft, konzentrieren sich die Experten nun fast ausschließlich auf die anlaufende Berichtssaison, von der sich das Parkett eine fundamentale Unterstützung für weiter steigende Kurse erhofft. Dabei werden die Strategen mit Argusaugen verfolgen, ob es den Konzernen gelingt, den Preisanstieg durch das teure Öl an ihre Kunden weiterzugeben oder der haussierende Ölpreis zu Lasten der Gewinnmargen geht. Letzten Montag öffnete in den USA als erster der Aluminiumriese Alcoa die Bücher und präsentierte gute Zahlen und verkündete die Rückkehr in die Gewinnzone. Bei den Anlegern überwogen am Ende dennoch die Bedenken. Am Mittwoch folgte das Bankhaus JP Morgan Chase und glänzte ebenfalls mit guten Zahlen dank einer wesentlich geringeren Risikovorsorge für Kreditausfälle. Im Ergebnis waren auch hier Verluste die Folge. In heimischen Gefilden schwächelte Daimler, da auch hier die Anteilseigner die Zukunftsprognose des Konzerns als zu rosig einstuften. Es zeichnet sich also der schon befürchtete schwache Start in die Berichtssaison ab.

Ohnehin ist der insgesamt schnelle Kursanstieg nach der Japan-Katastrophe selbst Profis unheimlich. Die einen sehen den Grund in dem allgemeinen Anlegenotstand, nachdem Rentenpapiere kaum etwas abwerfen und Rohstoffe bereits überteuert erscheinen. Die anderen machen den Nachholbedarf all jener Anleger verantwortlich, die die Rallye im Frühjahr verpasst und den starken Ausverkauf nach dem Unglück in Japan zum Einstieg genutzt haben. Die WestLB mutmaßt vor allem ausländische Anleger aus dem angelsächsischen Raum – vor allem Hedge-Fonds, "hot money" – als treibende Kraft hinter dem steilen Kursanstieg der letzten Wochen.

Unterdessen erhielten die Inflationssorgen neue Nahrung. China meldete einen Preisanstieg von 5,3 Prozent im März – ein neuer Rekord trotz vier Zinsanhebungen. Auch der Preisauftrieb beim Rohöl hält an. Diese Themen dürften auch in der kommenden Börsenwoche tonangebend bleiben.

Bulle & Bär

Die Optimisten sehen sich durch die Widerstandsfähigkeit der Börse, die zuletzt allen geld- und geopolitischen Unbillen trotzte, bestärkt. Bei 8200 Punkten sieht die Commerzbank den DAX am Jahresende. Die Landesbank Berlin wähnt das Börsenbarometer ebenfalls weiter auf stabilem Aufwärtskurs. Die Analysten verweisen dabei insbesondere auf den zu erwartenden üppigen Dividendensegen. In den nächsten Wochen sollen ca. 25 Milliarden Euro an die Aktionäre der DAX-Konzerne ausgeschüttet werden. Der größte Teil sollte wieder den Weg zurück in die Dividendenpapiere finden, meint man in Berlin. Gute Berichtszahlen und steigende Kurse erwartet auch die DZ Bank in ihrem Strategiepapier. Dagegen geht die DekaBank von einer kurzfristigen Schwächephase am Aktienmarkt aus. Die steigenden Rohstoffkosten und eine generelle Abschwächung der Konjunkturdynamik sollten sich auch auf dem Aktienmarkt – wenn auch nur vorübergehend – negativ bemerkbar machen. Auf Sicht von 6 Monaten sieht die Deka den DAX bei 7500 Punkten. Unterdessen könnte sich die Freude über ein gelungenes erstes Ergebnisquartal 2011 als verfrüht erweisen. Die kritischen Kandidaten der Berichtssaison, die Industriewerte, veröffentlichen ihre Ergebnisse erst noch. Erst dann wird man einen aussagekräftigen Eindruck über die Kosten- und Margenentwicklung erhalten. Es wäre nicht verwunderlich, wenn die Liquiditätskarte dann nicht mehr stechen sollte.

Der DAX unter der Lupe

Unter den wichtigsten Titeln der 30 DAX-Komponenten hat ein Favoritenwechsel stattgefunden.

Die Verlierer: Die Autowerte, letztes Jahr noch die Lieblinge der Anleger, zählen nun eindeutig zu den größten Verlierern, wobei die Verluste bei Volkswagen und BMW besonders ausgeprägt sind, während Daimler noch einigermaßen glimpflich davongekommen ist. Ebenfalls out und völlig unter die Räder gekommen ist die Commerzbank, die mit ihrer Kapitalerhöhung von 11 Milliarden Euro auf wenig Gegenliebe bei den Anlegern stößt. Ein weiterer gefallener Engel: Infineon. Letztes Jahr war der Chiphersteller noch Top-Favorit, heute steht er kaum mehr auf der Einkaufsliste der institutionellen Anleger. Im gleichen Fahrwasser schwimmt Siemens.

Das Mittelmaß: Die große Liebe für die in 2010 noch leidgeplagte Deutsche Bank und Deutsche Börse scheint schon wieder vorüber zu sein. Mehr als eine Seitwärtsbewegung bringen sie nicht zustande. Kaum besser stehen die Konsumwerte Metro und Adidas da, auch nicht Lufthansa, die unter dem hohen Ölpreis leidet und RWE, über der das Damoklesschwert des Atomkraftaustritts schwebt.

Die Gewinner: Sehr überzeugend fällt die Performance von BASF aus. Das Chemieunternehmen hat den DAX in den letzten Wochen über Wasser gehalten. Das gilt auch für die stabilen Thyssen. Jetzt sind sie die neuen Favoriten der Anleger. Auch SAP zählen zum engeren Favoritenkreis. Gleiches gilt im Prinzip für die Bayer-Aktie, die aktuell versucht, sich von den enttäuschenden Studiendaten zur Beinvenenthrombose-Prophylaxe von Xarelto zu erholen. Da die Gewinneraktien in den letzten Tagen deutlich an Fahrt verlieren und eher zur Schwäche neigen, gleichzeitig aber die Verlierer nicht nennenswert an Boden gut machen können, dürfte die Gesamttendenz für die nächste Woche eher seitwärts- bis abwärts gerichtet sein.


Eckdaten zum 14. April 2011 (alle Angaben ohne Gewähr)
DAX (14. 4., 11.30 h)
7152 Punkte
Dow Jones (13. 4. Schluss)
12.271 Punkte
Gold (Feinunze)
1463,00 Dollar
Tagesgeld 5000 € (Durchschnitt)
1,24%
Festgeld 3 Monate (Durchschnitt)
Bester überregionaler Anbieter mit Einlagensicherung*
1,01%
1,55% (IKB direkt AG)
Festgeld 12 Monate (Durchschnitt)
Bester überregionaler Anbieter mit Einlagensicherung*
1,67%
2,80% (IKB direkt)

*Quelle: www.festgeld.de



AZ 2011, Nr. 16/17, S. 5

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