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Gesundheitspolitik
Hersteller sehen ABDA/KBV-Konzept kritisch
ABDA und KBV hatten letzte Woche ihr gemeinsames Konzept zur Arzneimittelversorgung vorgestellt (siehe DAZ 15/2011, S. 23). Viel Zuspruch ernteten sie hiefür allerdings nicht. Aus Sicht des BPI ist das Konzept sogar noch kritischer als die ungeliebten Rabattverträge. Der Verband betont, dass sich wirkstoffgleiche Arzneimittel sowohl in der Bioverfügbarkeit als auch in den Trägerstoffen und den zugelassenen Indikationen deutlich unterscheiden können. "Schon jetzt erfolgt der Austausch mit den Rabattverträgen alleine aus Wirtschaftlichkeitserwägungen. Die reine Wirkstoffverordnung würde dies nur weiter verstärken und die Therapiesicherheit und -treue weiter verringern", sagte BPI-Hauptgeschäftsführer Henning Fahrenkamp. Es sei unvorstellbar, dass jeder Patient in der Apotheke seine Diagnose erklären müsse, damit ein adäquates Arzneimittel ausgewählt werden könne. Die Diagnose gehöre in das geschützte Vertrauensverhältnis von Arzt und Patient.
Kritische Indikationen
Geradezu gefährlich sei der Austausch für chronisch Erkrankte bei bestimmten Indikationen. Hier könnten bereits kleine Schwankungen im Wirkspiegel fatale Folgen haben. So könnten etwa bei Epilepsiepatienten zusätzliche epileptische Anfälle drohen. Als weitere Beispiele für kritische Indikationen führt der BPI Asthma, Depression, Diabetes und Parkinson an. "Auch durch das Medikationsmanagement, wie es von KBV und ABDA vorgeschlagen wird, wird dieses Problem nicht behoben, denn nicht alle Patienten werden nur von einem Apotheker versorgt", mahnt Fahrenkamp. Zudem werfe der Medikationskatalog mehr Fragen auf, als dass er Lösungen biete: "Wer entscheidet denn, nach welchen Kriterien welche Medikamente in diesem Katalog enthalten sind und woher nimmt er die Legitimation?"
Für Bork Bretthauer, Hauptgeschäftsführer von Pro Generika hat das ABDA/KBV-Modell weder einen "erkennbaren Zusatznutzen für den Patienten" noch kann er sich vorstellen, dass die Ärzte freiwillig ihre Therapiehoheit gegen einen sogenannten Medikationskatalog eintauschen wollen. Er verweist zudem darauf, dass das Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (AMNOG) gerade einmal 100 Tage alt sei: "Es ist jetzt an der Zeit, die Auswirkungen des AMNOG abzuwarten, anstatt in Aktionismus zu verfallen".
Dialogbereitschaft ist vorhanden
Pro Generika sei aber offen für einen Dialog, "wie wir gemeinsam Wege zur verbesserten Compliance finden können", so Bretthauer weiter. Denn dass vor allem durch eine verbesserte Therapietreue erhebliche Mittel im Gesundheitssystem einzusparen sind, ist aus Sicht des Verbandes unstrittig. "Da sind Effizienzreserven, die durch das System der Rabattverträge nicht zu heben sind", so Bretthauer. Er räumt ein, dass Ärzte und Apotheker bei der umfassenden Beratung und Betreuung der Patienten gerade bei Mehrfachmedikation ohne Zweifel eine Schlüsselstellung haben. Patienten erwarteten daher heute schon zu Recht eine individuelle Beratung und ein abgestimmtes Medikationsmanagement. Inwieweit dies zusätzlich vergütet werden könne, müssten Apotheker und Ärzte mit den Krankenkassen verhandeln.
Gesprächsbereit zeigte sich auch der BAH. Er erhofft sich von KBV und ABDA noch eine detaillierte Erläuterung zum geplanten Konzept. Doch auch aus Sicht des BAH ist es fraglich, ob mit der Umsetzung des Konzeptes tatsächlich eine Verbesserung der Compliance zu erreichen ist, da offensichtlich weiterhin Rabattverträge mit den bekannten Compliance-Problematiken bestünden. Eine reine Wirkstoffverordnung lehnt auch der BAH mit Blick auf die ärztliche Therapiehoheit ab. Zudem stelle sich die Frage nach Art und Umfang des Wirkstoffkataloges sowie dessen Transparenz. Abseits von bereits bestehenden regulatorischen Eingriffen in die Packungsgestaltung ist es für den BAH zudem inakzeptabel, dass nach dem KBV/ABDA-Konzept der Wirkstoffname auf der Arzneimittelpackung groß und dominant aufgedruckt werden soll.
AZ 2011, Nr. 16/17, S. 8
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