Wirtschaft

Noch "Besuch" oder schon "Untermieter"?

Wenn die Wohnung "Zuwachs" bekommt: Neues Urteil des Bundesgerichtshofs

(bü). Dass ein Mieter Besuch haben darf, das wird niemand bestreiten wollen. Doch wie ist es, wenn es nicht um Verwandte geht, die nachmittags zu Kaffee und Kuchen erscheinen, sondern um den Freund oder die Freundin, die auch die Nacht über bleiben?

Auch hier ist es nicht Sache des Vermieters, sich in den Privatbereich des Mieters einzumischen. Selbst wenn der Mietvertrag eine Beschränkung der Besuchszeit vorsehen sollte – etwa eine Klausel enthält, nach der "Besuch von Personen des anderen Geschlechts nach 22 Uhr nicht erlaubt" ist – , braucht der Mieter dem nicht zu folgen. Der Vermieter darf nicht in die Gestaltung des Privatlebens seines Mieters eingreifen. Darüber, wer sich in der Wohnung aufhalten darf, bestimmt der Mieter. Sein "Hausrecht" bezieht sich auch auf die Zugänge zur Wohnung. Der Vermieter darf also einem Besuch nicht "das Haus verbieten" – solange dieser andere nicht stört.

Auch längerer Besuch erlaubt

Auch ein Besuch über sechs bis acht Wochen ist erlaubt. Der Vermieter muss erst um Erlaubnis befragt werden, wenn sich der Besucher in Wirklichkeit als "Untermieter" entpuppt, wenn er also dauerhaft in der Wohnung bleiben soll. Beschließt der Mieter nach seinem Einzug, einen Teil der Wohnung unterzuvermieten, so muss er den Vermieter um Erlaubnis fragen. Der muss aber zustimmen, wenn der Mieter nachvollziehbare Gründe für die Untervermietung nennen kann.

Hierzu zählen finanzielle Motive, aber auch höchstpersönliche, wenn der Mieter nicht länger allein in der Wohnung leben will. Allenfalls wenn für den Vermieter die Person des Untermieters unzumutbar wäre, darf er nein sagen. Das kann der Fall sein, wenn der Vermieter schon mal persönliche Schwierigkeiten mit dem zukünftigen Hausbewohner gehabt hat. Kein Ablehnungsgrund dagegen sind moralische Bedenken des Vermieters oder die Herkunft des Untermieters.

Keine Untervermietung ohne Erlaubnis

Hat der Mieter keine Erlaubnis zur Untervermietung eingeholt, sondern einfach eine weitere Person in seine Wohnung aufgenommen, so kann ihm nach einer brandneuen Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) gekündigt werden (Originalton BGH: "unter Würdigung der Umstände") – selbst dann, wenn der Mieter "Anspruch auf Erteilung der Erlaubnis" hatte. Andererseits: Hat der Mieter eine Erlaubnis zur Untervermietung rechtzeitig erbeten, so ist eine auf die fehlende Erlaubnis gestützte Kündigung rechtsmissbräuchlich – so ebenfalls der BGH. Dies dann, wenn der Vermieter zur Erteilung der Erlaubnis verpflichtet war und dem Mieter somit keine Vertragsverletzung angelastet werden kann. (Az.: VIII ZR 74/10)

Im Grundsatz gilt nichts Anderes, wenn ein Single eine Wohnung anmietet und kurz darauf Freund oder Freundin mit einziehen wollen. Der Mieter hat das Recht, sein Privatleben innerhalb der "eigenen vier Wände" nach seinen Vorstellungen zu gestalten, also zum Beispiel mit einem anderen auf Dauer gemeinsam zu leben. Wichtig ist hier, dass das Interesse des Mieters an der Aufnahme von Freund oder Freundin nach Abschluss des Mietvertrages entstanden sein muss. So soll verhindert werden, dass ein Widerstand des Vermieters gegen eine von Anfang an geplante Wohngemeinschaft umgangen wird. Notfalls muss der Richter klären, ob das Zusammenziehen "geplant" war – oder nach der letzten Urlaubsreise entstanden ist... .



AZ 2011, Nr. 16/17, S. 4

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