Gesundheitspolitik

Woran liegts?

Peter Ditzel

Das ärgert mich besonders: Immer wenn es in den Medien, in der Öffentlichkeit um das Arzneimittel und seine Wirkungen oder auch Nebenwirkungen geht, wenn also der Sachverstand des Pharmazeuten gefragt ist, kommt der Apotheker nicht vor – oder er wird zum Buhmann degradiert. Ein typisches Beispiel von letzter Woche war die Vorstellung des Barmer GEK Arzneimittel-reports. Glaeske, der zwar Apotheker ist, wohl aber nicht mehr den Anschein erweckt als solcher angesehen zu werden, stellte seine im Auftrag der Barmer GEK angefertigte Studie zur Verschreibung von Arzneimitteln vor. Ergebnisse des Reports zeigen, dass Patienten nicht selten falsche oder zu viele Arzneimittel verordnet werden, z. B. Frauen ungeeignete Kontrazeptiva, Demenzkranken zu viele Neuroleptika.

In Fernseh- und Rundfunkmagazinen, die über diese Studie berichteten, kamen durchweg Ärzte zu Wort, die sich zu Arzneimittelwirkungen der Präparate äußerten. Patienten wurden aufgefordert, sich verstärkt bei ihren Ärzten nach Informationen zu den verordneten Arzneimitteln zu erkundigen. Soweit in Ordnung. Aber keinem Moderator einer Sendung fiel beim Stichwort Arzneimittel der Apotheker ein, keinem kam die Idee, beim Thema Nebenwirkungen von Arzneimitteln auch den Apotheker als Informationsquelle ins Spiel zu bringen. Woran liegts?

Kompetenz und Fachwissen des Apothekers nicht zu erwähnen ist das eine, seine Fähigkeiten darüber hinaus in ein schlechtes Licht zu rücken oder infrage zu stellen, ist eine noch härtere Variante von Apotheker-Bashing. Beispiel: In einer Pressemitteilung des Bundesverbands der Pharmazeutischen Industrie (BPI) zum Barmer GEK-Report heißt es: "Ein gravierendes Problem in der Arzneimittelversorgung bleibt aber im Report unerwähnt: die Gefährdung der Patienten durch leichtfertigen Austausch in der Apotheke." Ein ungeheuerlicher Vorwurf des BPI. Woran liegts?

Und in einem aktuellen Patientenwegweiser der DAK wird den Versicherten der Tipp gegeben: "Bestehen Sie beim Einkauf auf dem Medikament, das Ihnen Ihr Arzt verschrieben hat, wenn Ihnen der Apotheker ein sogenanntes Generikum anbieten will." Unfassbar: Die Kasse besteht gegenüber dem Apotheker auf Erfüllung der Rabattverträge, auf Austausch, auf Rabatt-Billiggenerika, appelliert aber gleichzeitig an ihre Versicherten, auf dem verordneten Präparat zu bestehen. Woran liegt‘s, dass so mit uns umgesprungen wird? Werden wir heilberuflich nicht mehr wahrgenommen? Könnte das mit einer (Nicht-)Öffentlichkeitsarbeit zu tun haben?


Peter Ditzel



AZ 2011, Nr. 25, S. 1

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