Wirtschaft

Verwaltungskosten der GKV unter der Lupe

Die Personalkosten sind der mit Abstand größte Posten

Über zu hohe Verwaltungskosten in der gesetzlichen Krankenversicherung wird gerne lamentiert – rund 9,5 Mrd. Euro in 2010 sind ja eine Menge Geld. Das relativiert sich zu 5,4%, bezogen auf die Gesamt-GKV-Ausgaben von 176 Mrd. Euro. Bei 69,8 Mio. Versicherten entspricht das 136 Euro pro Kopf. Nebenbei: Die privaten Krankenversicherungen wendeten – noch in 2009 – rund 803 Mio. Euro für ihre Verwaltung auf, bei 8,81 Mio. Vollversicherten (= 91 Euro pro Versichertem). Allerdings standen zusätzlich noch stolze 2,67 Mrd. Euro Abschlusskosten und Provisionen auf der Sollseite (= 303 Euro pro Kopf)!

Wenig bekannt ist, dass die Verwaltungskosten gerade in der GKV keine "Blackbox" sind, sondern in den publizierten Statistiken (namentlich KG1 und KJ1) detailliert aufgeschlüsselt sind. Wo fließen also die Gelder im Einzelnen hin?

Zuerst einmal sind die Brutto- und Nettoverwaltungsausgaben zu unterscheiden. Brutto wendete die GKV 11,5 Mrd. Euro für die Administration auf. Hierin enthalten sind jedoch versicherungsfremde Verwaltungsleistungen, zuzurechnen insbesondere der Pflege-, Renten-, Unfall- und Arbeitslosenversicherung; diese Kostenträger erstatten den Krankenkassen die Aufwendungen, in 2010 alleine rund 1,6 Mrd. Euro. Weitere Erstattungen, so seitens der Arbeitgeber für die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und anderes mehr drücken die effektiven Netto-Verwaltungskosten für die Krankenkassen auf den bereits erwähnten Nettobetrag von 9,5 Mrd. Euro.

Der Verwaltungs-Gesamtkuchen von 11,5 Mrd. Euro (vor den Erstattungen durch andere) teilt sich wie in der Tabelle dargestellt auf.

Bruttoverwaltungskosten der GKV 2010
11.529 Mio. €
Personalkosten gesamt ("persönliche Verwaltungskosten")
8.036 Mio. €
Arbeitnehmervergütungen (ohne Sozialabgaben)
5.252 Mio. €
gesetzliche Sozialversicherungsbeiträge
1.084 Mio. €
Dienstbezüge an Beamte
508 Mio. €
Ruhegehälter, Witwen- und Waisengelder
436 Mio. €
Rückstellungen aus Altersteilzeitvereinbarungen
275 Mio. €
Zahlungen an Pensionskassen
164 Mio. €
Beiträge für die Zusatzversorgung
121 Mio. €
Sächliche Verwaltungskosten
2.251 Mio. €
Post- und Fernmeldegebühren
337 Mio. €
sonstige Sachkosten
303 Mio. €
Mieten + Pachten für Immobilien und Anlagen
268 Mio. €
Mieten für bewegliche Gegenstände
229 Mio. €
Gebäude-, Anlagenbewirtschaftung
198 Mio. €
Aufklärungsmaßnahmen
139 Mio. €
Werbemaßnahmen
131 Mio. €
Weitere Kosten
1.242 Mio. €
Beiträge an Krankenkassen- und andere Verbände, Vereine
549 Mio. €
Sonstige Vergütungen an andere
543 Mio. €

Wie zu erwarten, sind die Personalkosten der mit Abstand größte Posten. Überraschend dürften die Post- und Fernmeldegebühren sein, die größte Sachkostenposition. Die viel geschmähten Werbekosten finden sich mit 131 Mio. Euro erst an hinterer Stelle, das sind weniger als 2 Euro je Versichertem und Jahr. Dagegen lassen die beachtlichen Aufwendungen für Verbandsbeiträge mit fast 550 Mio. Euro für den Unbedarften manch Frage offen.

Zum 30. Juni 2010 waren insgesamt rund 137.600 Personen bei der GKV beschäftigt (zum Vergleich: im Jahre 2005 waren es noch 142.900), einschließlich Personen im Mutterschutz bzw. in Elternzeit, Mitarbeitern in Altersteilzeit, Auszubildenden und unbezahlt Beurlaubten. 130.300 davon wurden zum Verwaltungspersonal im engeren Sinne gezählt, 3500 waren in Eigenbetrieben beschäftigt. Mit ziemlich genau 54.000 Beschäftigten hatte die AOK den höchsten Personalbestand, gefolgt von den Ersatzkassen mit etwa 42.400. In Mutterschaft bzw. Elternzeit befanden sich im Bereich der gesamten GKV immerhin rund 5600 Personen, knapp 2200 waren unbezahlt beurlaubt.

Die meisten Mitarbeiter finden sich in den einfachen, mittleren und gehobenen Dienstlaufbahnen; immerhin etwa 12.000 Beschäftigte zählen zum höheren Dienst.

Es errechnen sich somit GKV-Personalkosten von rund 58.000 Euro je Beschäftigtem inklusive Aufwendungen für die Altersvorsorge sowie Renten- und Versorgungszahlungen. Zum Vergleich: In den Apotheken sind es etwa 35.000 Euro je Angestelltem, wobei unterschiedliche Teilzeitquoten die Vergleichbarkeit der Werte erschweren. Die Optiker-Kette Fielmann wendet nur knapp 29.000 Euro je Mitarbeiter auf, eine Firma wie BASF dagegen kommt sogar weltweit auf über 70.000 Euro pro Kopf

Was im Einzelnen bei den Krankenkassen verdient wird, ist ebenfalls zugänglich. Unter der Webadresse http://oeffentlicher-dienst.info finden sich neben den Besoldungstabellen der Beamten und Staatsangestellten auch die Tarife der Sozialversicherungen, u. a. der dominierenden AOK. Akademiker steigen hier je nach Qualifikation und Fachrichtung oftmals in den Tarifgruppen 10 bis 12 ein.

Was freilich bei all diesen Betrachtungen außen vor bleibt, sind die indirekten bzw. gefolgten Verwaltungskosten in den Kliniken, bei Ärzten oder eben in den Apotheken. Würde man diese Kosten mit einbeziehen, sähe die Bilanz ganz anders aus. Dann stehen nämlich hoch zweistellige Milliardenkosten für Verwaltung und Bürokratie im deutschen Gesundheitswesen zu Buche.


Quellen

Die Rechnungsergebnisse und Mitgliederstatistiken der GKV unter: http://www.bmg.bund.de/krankenversicherung/zahlen-und-fakten-zur-krankenversicherung.html

Daten zur PKV im PKV-Zahlenbericht 2009/2010, unter: www.pkv.de


Apotheker Dr. Reinhard Herzog, Philosophenweg 81, 72076 Tübingen,
E-Mail: Heilpharm.andmore@t-online.de



AZ 2011, Nr. 38, S. 4

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