Gesundheitspolitik

Harte Diskussionen um Apothekenbetriebsordnung

Sortiment und Dienstleistungsangebot weiter umstritten

Berlin (lk). Acht Stunden diskutierte die außerordentliche Mitgliederversammlung der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) über die Novellierung der Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO). Teilnehmer qualifizierten den Sitzungsverlauf gegenüber der AZ als "teilweise chaotisch".

In den meisten Punkten waren sich die Landesorganisationen trotzdem einig, vor allem in der Ablehnung von Erleichterungen für Filialapotheken. Strittig blieb die Definition des apothekenüblichen Warensortiments und Dienstleistungsangebots. Dazu will der Apothekerverband Westfalen-Lippe (AVWL) dem Bundesgesundheitsministerium (BMG) gegebenenfalls eine eigene Stellungnahme übermitteln.

Eine ausführliche Diskussion entzündete sich an der Frage, ob – wie im Entwurf des BMG vorgesehen – "Mittel zur Körperpflege" ausdrücklich in die ApBetrO aufgenommen werden sollen und wie mit apothekenüblichen Dienstleistungen umgegangen werden soll. Die Mehrheit der Landesorganisationen schloss sich der Auffassung der ABDA-Führung an, dass der "mittelbare Gesundheitsbezug" zur Definition des Nebensortiments ausreicht und eine Erweiterung um "Mittel der Körperpflege" nicht wünschenswert ist. Nach Angaben aus ABDA-Kreisen wurde aber ein Vorstoß der ABDA zur weitergehenden Begrenzung des Sortiments durch eine Streichung von Waren mit "mittelbarem Gesundheitsbezug" abgelehnt.

Durchsetzen konnte sich die ABDA hingegen mit ihrer im Rohentwurf der Stellungnahme dargelegten Position, apothekenübliche Dienstleistungen eng zu definieren und auf Dienstleistungen zu beschränken, die "Gegenstand der Ausbildung nach der Approbationsordnung sind oder damit im engen Zusammenhang stehen". Außerdem soll die "Vermittlung gesundheitsbezogener Leistungen Dritter" nicht in der Apotheke stattfinden dürfen. Dagegen stimmten nach Teilnehmerangaben die Landesverbände Bremen und Westfalen-Lippe. Auf den Einwand des AVWL soll jetzt aber noch juristisch geprüft werden, ob diese Mehrheitsposition mit den Beschlüssen des Apothekertages vom Oktober in Düsseldorf in Einklang steht. Dort war beschlossen worden, keine Einschränkung der "heilberuflichen und wirtschaftlichen Handlungsfelder" zuzulassen (siehe nebenstehenden Bericht).

Nach Angaben aus ABDA-Kreisen erreichte die außerordentliche Mitgliederversammlung bei der Diskussion über Sortiment und Dienstleistungsangebot einen "emotionalen Höhepunkt". Dem AVWL wurde vonseiten der ABDA-Führung "mangelndes Demokratieverständnis" vorgehalten angesichts des AVWL-Antrages, in der ABDA-Stellungnahme die umstrittenen Beschränkungsforderungen auszusparen. Der nochmalige Hinweis auf bindende Beschlüsse des Apothekertages führte daraufhin zu der Zusage der ABDA-Geschäftsführung, die unterschiedliche Interpretation der Rechtslage zu den Beschlüssen des Deutschen Apothekertages zum Sortiment- und Dienstleistungsangebot nochmals juristisch zu prüfen.

Einigkeit beim Botendienst

Einig war sich die Mehrheit beim Thema Botendienst, dass grundsätzlich an der Abgabe von Arzneimitteln in der Apotheke festgehalten werden soll. Über den Einzelfall hinaus soll daraus keine Regelversorgung werden. Für die ABDA-Mitgliederversammlung sind die heutigen Möglichkeiten des Botendienstes ausreichend. Sofern Arzneimittel aber durch Boten ausgeliefert werden, müsse dabei eine hinreichende Beratung sichergestellt werden. Dies bedinge in Fällen, in denen keine Beratung in der Apotheke bei der Bestellung möglich war, dass die Lieferung nur durch pharmazeutisches Personal der Apotheke mit gleichzeitiger Beratung erfolgen dürfe, fordert die ABDA.

QMS für alle – aber ohne externe Prüfung

Einig war sich die ABDA-Mitgliederversammlung zudem, Qualitätsmanagementsysteme auf "alle relevanten pharmazeutischen Tätigkeiten" auszuweiten. Darunter fallen insbesondere Beratung und Information in der Apotheke. Es soll laut ABDA aber keine externe Qualitätsprüfung im Rahmen von Ringversuchen oder Testkäufen verpflichtend sein.

Ergänzt werden soll die ABDA-Stellungnahme zur ApBetrO um einen politischen Vorspann. Darin wird die ABDA gegenüber dem BMG ihr Unverständnis für die knappe Fristsetzung zum Ausdruck bringen. Versuche seitens der ABDA-Führung im Vorfeld der außerordentlichen Sitzung eine Fristverlängerung zu erreichen, waren vom BMG mit Verweis auf den bereits in der Regierung abgestimmten Zeitplan für die Verabschiedung der ApBetrO abschlägig beschieden worden.

Mündliche Anhörung im BMG soll folgen

Die Diskussion über den von 13 Mitgliedsorganisationen eingebrachten Eilantrag dauerte rund eine Stunde. Die Initiatoren des Eilantrages kritisierten, dass die ABDA ihre Mitgliedsorganisationen über die beantragte Fristverlängerung nicht informiert hatte. Vom BMG sei darauf verwiesen worden, dass im Anschluss an die schriftliche Stellungnahme bis zum 18. November noch Gelegenheit zur Diskussion im Rahmen einer mündlichen Anhörung bestehen werde, hieß es in der Sitzung. Dem Wunsch der ABDA nach einer mündlichen Anhörung des BMG zur ApBetrO soll im politischen Vorspann noch einmal Nachdruck verliehen werden. Außerdem soll die ABDA-Stellungnahme nach Teilnehmerangaben unter einen "Vorläufigkeitsvorbehalt" gestellt werden. In diesem Kompromiss fanden sich auch die Initiatoren des Eilantrages wieder.



AZ 2011, Nr. 46, S. 1

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