Interpharm 2011

Die Apotheke wird Bestand haben, aber …

Zur Eröffnung der Wirtschafts-Interpharm sprachen Rainer Töbing, Präsident der Hamburger Apothekerkammer, und Dr. Jörn Graue, Vorsitzender des Hamburger Apothekervereins, in ihren Grußworten über die wirtschaftliche Lage der Apotheken.
Foto: DAZ/Reimo Schaaf
Rainer Töbing, Präsident der Hamburger Apothekerkammer

Töbing zählte die Schwierigkeiten auf, mit denen die Apotheker zu kämpfen haben: das Chaos bei den Packungsgrößen, die Rabattverträge, Probleme bei der Notdienstversorgung etc. Der Apothekenalltag werde immer komplizierter, das Ausfüllen eines Rezepts immer schwieriger – und eine angemessene Honorierung wird den Apothekern seit Jahren verweigert: "So geht man mit Leuten um, die man für dumm verkaufen will", schimpfte der Präsident der Hamburger Apothekerkammer. Trotz aller Schwierigkeiten gelte es jedoch, weiter an der Qualität der Apotheker als unverzichtbare Dienstleister im Gesundheitswesen zu arbeiten. Darüber hinaus biete sich angesichts der derzeitigen Diskussionen die Gelegenheit, mehr Verantwortung zu übernehmen (Stichwort KBV-Modell). Diese Chance sollte unbedingt genutzt werden.

An die Deutsche Apotheker Zeitung richtete Töbing sich mit der Bemerkung: "Es gibt kein Demokratiedefizit in der ABDA." Allerdings räumte er ein, dass er sich wünschen würde, dass sich noch mehr Apotheker in Kammern und Verbänden engagieren würden.

Foto: DAZ/Reimo Schaaf
Dr. Jörn Graue, Vorsitzender des Hamburger Apothekervereins

Graue: Apotheken auf abschüssiger Position

Dr. Jörn Graue, Vorsitzender des Hamburger Apothekervereins lobte dagegen die Deutsche Apotheker Zeitung für ihre unabhängige journalistische Arbeit: "Es war schon immer Aufgabe der Deutschen Apotheker Zeitung, gelegentlich einen Kontrapunkt zu unserem Zentralorgan der deutschen Apotheke und dem ABDA-nahen Informationsdienst zu setzen. Das ist guter journalistischer Brauch. Gut ist auch, dass hier gesagt wird, was dort nicht gesagt werden darf, auch wenn es dem einen oder anderen nicht immer so recht in den Kram passt." Was die wirtschaftliche Lage der Apotheken angeht, pflichtete Graue Töbing bei. Die deutschen Apotheken befänden sich schon seit Längerem auf abschüssiger Position.

Honorierungsform könnte sich als Sargnagel weisen

Einen Grund dafür sieht Graue in der Abschaffung der alten Arzneimittelpreisverordnung mit ihrer degressiven Spanne. Ohne große Not sei sie 2004 auf den "Müll der Geschichte" geworfen worden. Die damals als alternativlos bezeichnete Honorierungsform könne sich nun als "Sargnagel der Apotheken" erweisen, denn die Stellschraube beim Apothekenabschlag kenne in der Regel nur eine Richtung. Dahinter stehe die Intention, eine Reduzierung der Apothekenzahl zu erreichen, hinter verschlossenen Türen werde von 15.000 verbleibenden Apotheken gesprochen. Bei ihnen, so die Hoffnung, könne man dann besser absahnen. "Einer Vielzahl von Apotheken wird der Sauerstoff entzogen, bei den verbleibenden Mohikanern ist dann wieder genügend Luft vorhanden, die man absaugen kann", so Graue. Unausgegorene Gesetze wie das AMNOG würden den Prozess beschleunigen. Es sei dabei schon lange keine Frage mehr, ob sich die Apotheker auf das Spiel einlassen würden: "der Geist, der aus der Flasche ist, lässt sich nicht wieder einfangen. Wir haben unser Tafelsilber längst verschenkt", kritisierte der Vorsitzende des Hamburger Apothekervereins. Sein Fazit: Das Apothekenwesen werde Bestand haben, aber anders als jetzt und vor allem mit deutlich weniger Apotheken.


ral

Zum Weiterlesen


Ein ausführliches Interview mit Dr. Jörn Graue zur wirtschaftlichen Lage der deutschen Apotheken lesen Sie in der AZ 2011, Nr. 13, S. 1



DAZ 2011, Nr. 13, S. 71



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