DAZ aktuell

Berufsgericht untersagt Werbung für "Discount"-Apotheke

BERLIN (ks). Die Werbung einer Apotheke, die sich als "Discount"-Apotheke preist, ist nach einem Urteil des Landesberufsgerichts für Heilberufe beim Oberverwaltungsgericht (OVG) Nordrhein-Westfalen irreführend. Die Richter sehen darin einen Verstoß gegen die Berufsordnung der Apothekerkammer Nordrhein (BO) und bestätigten damit die vorausgegangene Entscheidung des Berufsgerichts. (Urteil des Landesberufsgerichts für Heilberufe beim Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen vom 18. November 2010, Az.: 13 A 899/10.T)

Im April 2008 hatte die beschuldigte Apotheke im T.-Tageblatt eine Anzeige veröffentlicht. Darin hieß es: "Neueröffnung der 1. Discount-Apotheke in T.! Das wollen wir mit Ihnen feiern, am Donnerstag, dem 24., am Freitag, dem 25. und am Samstag, dem 26. April 2008. Gewinnen Sie an unserem Glücksrad, genießen Sie unser Gratis-Popcorn, lauschen Sie unserem echten Schotten mit Dudelsack und lassen Sie sich mit ihm fotografieren – wir schenken ihnen das Foto. … Alles reduziert! Bis zu 50 % Rabatt". Dabei fehlte ein Hinweis, dass verschreibungspflichtige Arzneimittel von der Rabattgewährung ausgenommen seien. In drei weiteren Anzeigen im T.-Tagesblatt wurde kurz darauf auf die "Neueröffnung der 1. Discount-Apotheke in T." hingewiesen. Diese Anzeigen enthielten zu der Werbeaussage "Alles reduziert! Bis zu 50 % Rabatt" nunmehr den Sternchenhinweis, dass verschreibungspflichtige Arzneimittel vom Rabatt ausgenommen seien. Die zuständige Apothekerkammer rief das Berufsgericht an. Dieses bewertete die Werbung der Apotheke als irreführend und übertrieben im Sinne der einschlägigen Berufsordnung und erkannte auf eine Geldbuße von 2000 Euro. Der beschuldigte Apotheker legte Berufung ein, blieb jedoch erfolglos.

Was erwartet der Verbraucher vom Discounter?

Das Berufsgericht beim OVG folgte der Vorinstanz in seiner Einschätzung, dass der Apotheker mit den beanstandeten Werbeanzeigen seine Berufspflichten verletzt habe. Ausführlich legten die Richter zunächst dar, dass die berufsrechtlichen Vorschriften des § 18 BO Nordrhein zu Werbeverboten verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden sind. Bei der Bewertung, ob eine Werbung irreführend im Sinne des § 18 Abs. 1 Satz 2 BO ist, sei auf die Erwartung eines durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Verbraucher abzustellen. Dieser verbinde mit der Bezeichnung "Discount" eine Niedrigpreispolitik des Einzelhändlers. Gebräuchlich sei der Begriff vor allem im Einzelhandel, wo fast alle Preise des Sortimentes eines Discounters erheblich unter den Preisen liegen, die für gleiche Waren im regulären Handel gefordert werden. Der Verbraucher dürfe deshalb ein durchgehend preisgünstiges Sortiment des Anbieters erwarten. Damit lasse sich aber die Werbe- und Preispolitik des Beschuldigten nicht vereinbaren. Denn im Hinblick auf verschreibungspflichtige Arzneimittel komme eine Preisreduzierung nicht in Betracht.

Den Einwand des Apothekers, die Kunden hätten wegen fehlender Vorstellungen über die Höhe der Preise für rezeptpflichtige Arzneimittel kein Preisbewusstsein, weil sie diese ohnehin nicht selbst bezahlen müssen, ließ das Gericht nicht gelten. Für gewichtiger hielt es den Hinweis der Kammer, dass es in der Apotheke auch verschreibungspflichtige Arzneimittel gibt, die die Kunden aus eigener Tasche zahlen müssen – etwa die Antibabypille. Auch wenn diese Präparate nur einen minimalen Beitrag zum Umsatz ausmachten, ändere dies nichts an der Fehlvorstellung des Verbrauchers, so die Richter. Zudem verwiesen sie auf privat Krankenversicherte, die für ihre Arzneimittel in Vorkasse gehen müssen und daher durchaus Preisbewusstsein aufbrächten. Nicht zuletzt betonte das Gericht, dass der Beschuldigte selbst von einem Preisbewusstsein seiner Kunden ausgehe – anderenfalls wäre seine Werbung als Dicount-Apotheke "wirtschaftlich nicht verständlich".

Übertriebene Aktionen

Die Aktionen rund um die Apothekeneröffnung seien überdies eine "übertrieben wirkende" Werbung im Sinne des § 18 Abs. 1 Satz 2 und 3 BO. Diese Werbeveranstaltung zur Eröffnung der neuen Apotheke bewege sich nicht mehr im Rahmen des bei Apotheken Üblichen. Soweit in anderen Branchen die Ankündigung und Durchführung derartiger Vergnügungen Einzug gehalten habe, sei dies mit dem Handelsgewerbe einer Apotheke nicht vergleichbar, argumentiert das Gericht. Der entscheidende Unterschied folge aus der dem Apotheker gesetzlich auferlegten Arzneimittelversorgung. Dieser Auftrag werde durch derartige Veranstaltungen beeinträchtigt. "Das in Frage stehende Eröffnungsszenario würde jedenfalls die Kunden, die – unter Umständen schwer erkrankt – die Apotheker aufsuchten und ggf. eine vertrauliche Beratung wünschten, erheblich stören", heißt es im Urteil.

Das Urteil finden Sie im Volltext auf unserer Website unter der Service-Rubrik DAZ.online Recht.



DAZ 2011, Nr. 15, S. 30

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