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- DAZ 15/2011
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Seite 3
Kommt die "Revolution"?
Seit Herbst 2009 arbeiten ABDA und Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) an der "Revolution", wie es ABDA-Vize Friedemann Schmidt auf dem Apothekertag im vergangenen Jahr formulierte. Gemeint ist das gemeinsame Konzept von ABDA und KBV zur Weiterentwicklung einer patientengerechten Arzneimittelversorgung. Auf den Punkt gebracht bedeutet dies: Der Arzt wählt den Wirkstoff aus, der Apotheker das Arzneimittel.
Oder, um es genauer zu formulieren: Neben dem Wirkstoff legt der Arzt nach wie vor die Menge, Dosierung und Therapiedauer fest. Der Apotheker wählt vor dem Hintergrund dieser Vorgaben das für den Patienten am besten geeignete Arzneimittel eines Herstellers aus – und zwar innerhalb eines Preiskorridors – und gibt es unter entsprechender Beratung ab. So war es im vergangenen Jahr angedacht.
Wenn man will, lässt sich ein solches Konzept auf ein historisches Vorbild zurückführen: Es geht zurück auf die Anfänge der Aufgabenteilung zwischen Arzt und Apotheker im 13. Jahrhundert. Als es noch keine Fertigarzneimittel gab, wählte der Arzt den Wirkstoff aus, der Apotheker fertigte das Arzneimittel an. Mit den von der Industrie hergestellten Fertigarzneimitteln kam dann ein Marken- oder Herstellerbewusstsein auf: Es durfte nur noch das Präparat X des Herstellers Y sein – weil der Arzt oder der Patient gute Erfahrungen mit dem Präparat gemacht haben, weil der Pharmavertreter besonders nett war – oder, um auf die jüngste Entwicklung zu kommen, weil der Hersteller der Krankenkasse den meisten Rabatt geboten hat.
Nach dem vergangenen Apothekertag wurde es ruhig um dieses Konzept, hinter den Kulissen allerdings wurde daran gefeilt. In dieser Woche dann Konkreteres. Das Konzept besteht aus drei Bestandteilen: aus der Wirkstoffverordnung des Arztes, dem Medikationskatalog auf Wirkstoffbasis und einem Medikationsmanagement als Dach über beiden. Dieses Medikationsmanagement soll sich an chronisch Kranke richten, die mindestens fünf Arzneimittel dauerhaft einnehmen. Arzt und Apotheker übernehmen für ein Jahr gemeinsam die kontinuierliche Betreuung. Dahinter steht der Versuch, die Compliance zu verbessern mit der Chance auf Rieseneinsparungen für unser Gesundheitswesen – denn Non-Compliance kostet mehrere Milliarden Euro jährlich, beispielsweise durch Krankenhauseinweisungen.
Die am Anfang der Beratungen aufblitzende Hoffnung, im Rahmen dieses Konzepts die Rabattverträge durch ein Garantiepreismodell ersetzen zu können, musste allerdings der nüchternen Realität weichen. Nach den jüngsten Informationen sollen die Rabattverträge bleiben, das Garantiepreismodell wird auch im ABDA-KBV-Modell wohl keinen Platz finden.
Aber Arzt und Apotheker sollen, so das Konzept, gemeinsam ein Honorar für dieses Medikationsmanagement bekommen, das sie sich zu gleichen Teilen aufteilen sollen.
Neuen Schwung in das ABDA-KBV-Konzept von Ärzteseite könnte dabei deren Forderung gebracht haben, über dieses Konzept die Richtgrößenprüfungen wegzubekommen. Nach Befragungen der KBV ist für 50 Prozent der Medizinstudierenden die Androhung von Regressen ein Argument, sich nicht niederzulassen. Keine Richtgrößenprüfungen mehr – das würde zur Berufszufriedenheit der Ärzte beitragen und den Nachwuchs motivieren, sich niederzulassen.
Auch wenn manches noch unausgegoren ist: Sollten ABDA und KBV ihr begonnenes Projekt gesetzlich verankern können, wäre dies trotz aller Schwierigkeiten ein Novum. Manche sprechen von einem "historischen Zeitfenster", das zur Umsetzung eines solchen Modells derzeit offen steht. Ein Zeitfenster, in dem Ärzte und Apotheker gemeinsam bereit sind, hier neue Strukturen zu schaffen. Das Konzept hat das Zeug für eine historische Wende. Es kann zu einer Win-win-Situation führen für Arzt, Apotheker, Patient – und die Krankenkassen. Doch die wollen das bisher nicht so sehen und sich kaum damit anfreunden.
Und die Politik? Prinzipiell wird sie nichts dagegen haben können, wenn sich Ärzte und Apotheker die Verantwortung für die Therapie teilen wollen und dabei noch einen Weg gehen, der hilft Kosten zu sparen. Es bleiben aber große Fragezeichen, ob die Politik mitzieht.
Man darf nun gespannt sein, wie das ABDA/KBV-Konzept im Detail ausgestaltet sein wird. Und ob es gelingen wird, ein solches Konzept im GKV-Versorgungsgesetz, das derzeit auf den Weg gebracht wird, zu verankern. Mein Fazit: Bei diesem Konzept von einer "Revolution" zu sprechen, ist vielleicht zu hoch gegriffen, gäbe es aber ein "Revolutiönchen", wäre das immerhin ein Anfang.
Peter Ditzel
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