Fortbildung

Adjuvanzien in Impfstoffen ermöglichen Dosisreduktion

Aluminiumsalze waren über einen langen Zeitraum hinweg die einzigen Adjuvanzien, die bei guter Verträglichkeit zu einer Verstärkung der Immunantwort führten. Seit einigen Jahren werden weitere Adjuvanzien eingesetzt und neue Wirkstoffverstärker untersucht. Prof. Dr. Christel Müller-Goymann, Braunschweig, stellte die aktuellen Entwicklungen vor.

Bei Impfstoffen unterscheidet man Impfstoffe, die eine starke Immunantwort hervorrufen – darunter fallen abgeschwächte (attenuierte) Lebendimpfstoffe und Todimpfstoffe – sowie Impfstoffe, die nur eine schwache Immunantwort auslösen. Dazu gehören Toxoidvakzine und Spalt- bzw. Subunit-Impfstoffe, denen aufgrund ihrer schwachen Immunantwort ein Adjuvans zugesetzt werden muss. Das sind Substanzen, die bei gleichzeitiger Verabreichung mit einem Antigen eine spezifische Immunantwort gegen dieses Antigen ermöglichen, verstärken oder modifizieren. Mit ihrem Einsatz werden folgende Ziele verfolgt:

  • Verstärkung des Impfschutzes
  • Verlängerung der Dauer des Impfschutzes
  • bessere Boosterfähigkeit
  • bessere Wirkung bei schwachem Immunsystem
  • Reduktion der Antigendosis (z. B. im Pandemiefall, wenn große Bevölkerungsgruppen zum gleichen Zeitpunkt geimpft werden müssen.)

Foto: DAZ/diz
Christel Müller- Goymann

Bereits zugelassene Adjuvanzien

Aluminiumsalze wie Aluminiumhydroxid und Aluminiumphosphat werden seit vielen Jahren als Adjuvanzien eingesetzt. Durch eine Zusammenlagerung der oktaedrischen dreiwertigen Kationen zu Aluminiumhydroxiden entsteht eine Aluminiumhydroxidgelstruktur. Diese Aluminiumgele führen in Kombination mit der Antigen-Komponente zu einer lang anhaltenden Wirkung des Antigens auf das Immunsystem. Sie werden in zahlreichen Humanimpfstoffen (einzeln oder in Kombination) sowie in Tierimpfstoffen eingesetzt. Mögliche Nebenwirkungen umfassen Erytheme, hypersensitive Reaktionen und in seltenen Fällen Aluminiumgranulome als Folge einer subkutanen Verkalkung. Eine weitere Gruppe von Adjuvanzien, die bereits in zugelassenen Impfstoffen eingesetzt werden, sind Lipidbasierte Systeme. Die Öl-in-Wasser-Emulsion MF59 (MF = Microfluidized Emulsion) wurde zur Verstärkung der körpereigenen Immunreaktion entwickelt und erstmals in der Grippevakzine Fluad® eingesetzt. Das Adjuvans besteht aus Squalen, Polysorbat 80, Sorbitantrioleat und Wasser und führt in Kombination mit der Antigen-Komponente zu hohen Titern mit zellulären und humoralen Antworten. Damit eignet es sich zur Anwendung bei Senioren mit altersbedingten schwächeren Immunantworten. Eine weitere, ähnlich aufgebaute Öl-in-Wasser-Emulsion ist das Adjuvans AS03, das in Pandemrix® eingesetzt wird. Es besteht aus Squalen, Tocopherol, Wasser und Polysorbat 80.

Bei Virosomen handelt es sich um unilamellare Liposomen mit Phospholipiddoppelschichten. In diese sind Oberflächenantigene inaktivierter Viren eingeschlossen. Sie wurden erstmals als Adjuvanzien in Hepatitis-A-Impfstoffen (z. B. HAVpur®) zugelassen. Virosome sind gut verträglich, biologisch abbaubar und induzieren eine schnelle, lang anhaltende und starke Wirkung.

In der Veterinärmedizin werden bereits zur Verstärkung der Immunreaktion ISCOMs (Immunstimulierende Komplexe) eingesetzt. Diese weisen eine wabenförmige dreidimensionale Struktur auf und enthalten neben dem Antigen Cholesterol, Phospholipid und gereinigte Extrakte aus Quillaja-Saponinen. ISCOMs sind in Impfstoffen gegen Durchfallerkrankungen bei Rindern und in Vakzinen zur Prävention der Pferdeinfluenza enthalten. Bakterielle Toxine zur Verstärkung der Immunantwort werden unter anderem in Dukoral® (Cholera-Vakzine; enthält eine Untereinheit des Choleratoxins) und NeisVac-C® (enthält u.a. Tetanustoxoid) eingesetzt.

Adjuvanzien im experimentellen Stadium

In der Erprobung befinden sich unter anderem Cochleate. Dies sind zigarrenartig aufgerollte Lipidstrukturen, in die antigene Peptide, Proteine oder DNA-Plasmide inkorporiert werden können. Ebenfalls noch im experimentellen Stadium sind CpG-Oligonukleotide. Dies sind immunstimulierende DNA-Sequenzen aus synthetisch hergestellten Oligonukleotiden mit CpG-Motiven. CpG-Motive sind nicht-methylierte Cytidin-Guanosin-Dinukleotide mit bestimmten flankierenden Basensequenzen. CpG-Oligonukleotide imitieren die Anwesenheit mikrobieller DNA und aktivieren die Immunzellen. Derzeit werden bereits Impfstoffe mit CpG-Oligonukleotiden in klinischen Studien untersucht. Ferner werden Kombinationen verschiedener Adjuvanzien erprobt. So wird etwa das Adjuvans AS02 (= kombiniertes Adjuvans aus Öl-in-Wasser-Emulsion, Monophosphoryl Lipid A und Saponinextrakt) bei der Entwicklung einer Malaria-Vakzine eingesetzt, die ihre Aktivität über die Stimulation von Toll-like-Rezeptoren entfalten soll.

pj



DAZ 2011, Nr. 23, S. 71


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