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Die Apotheker sind auf dem besten Weg …

Peter Ditzel

... ihre Beratungs- und Informationskompetenz zu verspielen. Bei kritischer Betrachtung muss sich diese Einschätzung aufdrängen. Seit Jahren testen Medien- und Verbrauchermagazine wie Plusminus, Fakt, Stiftung Warentest und viele weitere bundesweite oder regionale Marktsendungen das Beratungs- und Informationsverhalten der Apotheken. Und das tun sie sichtlich gerne, denn sie werden getreu dem Motto für Medienmacher (bad news are good news) immer fündig: Mit Garantie entdecken Sie mindestens sechs bis acht von zehn Apotheken, die ihrer Aufgabe nicht gerecht werden, die unbefriedigend oder mangelhaft oder auch gar nicht beraten. Jüngstes erschreckendes Beispiel: der Test der Sendung Marktcheck des SWR. Man schickte einen Diabetiker in zehn Karlsruher Apotheken, wo er Paracetamol-Tabletten kaufen sollte, am besten gleich drei Packungen. Das Ergebnis ist wieder einmal ernüchternd: Beraten und aufgeklärt über Risiken und Nebenwirkungen wurde er nur in einer Apotheke. Mehrere Apotheken händigten ihm sogar die drei gewünschten Paracetamol-Packungen aus, obwohl es seit einem Jahr nur noch erlaubt ist, eine Packung abzugeben. Zwar fiel in der einen oder anderen Apotheke die Bemerkung, dass man nur noch eine Packung abgeben dürfe, aber weil der Patient "so vernünftig" aussehe, könne man schon mal eine Ausnahme machen.

Zum Thema Paracetamol: Seit einigen Monaten tobt ein Meinungsstreit über die Sicherheit dieses Uralt-Schmerzmittels. Wer sich fortbildet, Fachzeitschriften liest und seinen Beruf ernst nimmt, dem sind die Argumente pro und contra nicht verborgen geblieben. Er muss wissen, dass mit dem Wirkstoff Paracetamol sorgfältig umgegangen werden muss. Die Vorschrift, nur noch eine Packung pro Patient abgeben zu dürfen, war ein deutlicher Hinweis seitens der Behörden, dass man diesen Wirkstoff unter Beobachtung hat. Ob er unter die Verschreibungspflicht gestellt werden soll oder nicht, soll hier nicht diskutiert werden. Fakt ist, dass er ein Wirkstoff ist, der begleitende Informationen vom Fachpersonal (Apotheker, PTA) benötigt, da er vor allem bei falscher Dosierung gefährliche Nebenwirkungen hat. Fakt ist aber auch, dass er bei Kleinkindern in verträglichen Dosen relativ gut zur Fiebersenkung eingesetzt werden kann und als Analgetikum wirkt. Würde man ihn verschreibungspflichtig machen, könnten sich die Risiken auf andere Stoffe verlagern. Also: lieber als OTC in der Hand des Apothekers lassen, aber unbedingt mit Beratung!

Und warum wird nicht beraten? Am Gewinnstreben kann es bei Paracetamol-Tabletten, deren Preis im Centbereich liegt, nicht liegen. Ist es Nachlässigkeit? Bequemlichkeit? Unvermögen zu kommunizieren? Ich unterstelle wohlwollend, dass jeder Pharmazeut, jede Pharmazeutin, jede PTA die wichtigsten Informationen über Risiken, Wirkungen und Nebenwirkungen des Allerweltstoffs Paracetamol parat hat. Aber: Es hapert am Kommunikationsverhalten. Warum also gehört das Fach Kommunikation nicht zur Ausbildung? Warum ist im Curriculum des Studiums kein Kommunikationstraining vorgesehen? Man könnte die Kommunikation speziell im dritten Prüfungsabschnitt durch vorgeschriebene Kommunikationskurse forcieren und vertiefen. Selbst wenn nicht jeder Absolvent des Pharmaziestudiums später in die Apothekenpraxis gehen sollte – Kommunikation ist auch in anderen Berufszweigen nützlich.

Die Berufspolitik sollte sich überlegen, wie man das Bewusstsein für mehr und bessere Kommunikation schärfen kann. Für die logistischen Aufgaben, die heute dank Technik und Großhandel nahezu perfekt ablaufen, ist kein Pharmaziestudium notwendig. Das weiß auch die Politik, die Gesellschaft. Wenn der Apotheker die Beratungs- und Informationsaufgabe nicht ernst nimmt, dann ist er wirklich auf dem besten Weg, eine seiner letzten Domänen im Gesundheitswesen zu verspielen.

Wie unzureichend die Kommunikation seitens des Apothekers mit dem Verbraucher, dem Patienten auch von offizieller Seite läuft, zeigt ein Blick ins Internet. Es gibt kein Apothekerportal, keine Apothekerseite, die Deutschlands Apothekerinnen und Apotheker repräsentieren und die Beratungs- und Informationsleistungen rund um das Arzneimittel anbieten. Wenn sich heute ein Bürger beispielsweise über das Thema Beipackzettel, über den Umgang mit Arzneimitteln, ihre sachgemäße Lagerung, die Bedeutung von Neben- und Wechselwirkungen, die Nebenwirkungen der zehn wichtigsten OTC-Arzneistoffe, die richtige Einnahme von Arzneimitteln und ähnliches informieren möchte, wird er auf der offiziellen Apotheker-Internetseite, der ABDA-Seite, nicht fündig. Fehlanzeige. Er findet solche Infos zu diesen ureigenen Apothekerthemen schon eher auf den Seiten von Pharmaverbänden oder beispielsweise auch von Fernsehmagazinen.

Ich halte es für einen eklatanten Fehler, dass die Apothekerinnen und Apotheker Deutschlands nicht mit einer offiziellen Seite im Netz vertreten sind, die sich mit Informationen und Beratungsthemen an den Verbraucher wendet. Für mich ist das ein Riesen-Versäumnis der ABDA!

Peter Ditzel



DAZ 2011, Nr. 25, S. 3

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