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Inhalativa – es reicht nicht aus, tief Luft zu holen

Das ZL untersucht beanstandete Dosiersprays, Dosieraerosole und Pulverinhalatoren

Unter der Rubrik "Inhalativa" fasst das Zentrallaboratorium Deutscher Apotheker (ZL) alle "Systeme" zur nasalen, oralen und pulmonalen Applikation zusammen. Neben "Tabletten und Dragees" macht diese Gruppe den zweithöchsten Anteil aller Arzneimittel aus, die von Patienten reklamiert und von Apotheken zur Überprüfung an die Arzneimittelkommission (AMK) eingesandt werden.

Systeme zur nasalen, oralen und pulmonalen Applikation gehören zum festen Arzneimittelsortiment jeder Apotheke. Trotz scheinbar einfacher Handhabung erfordert die immer größer werdende Anzahl an Präparaten und Apparaten mehr denn je eine fachkundige Beratung.

Die Folge eines nicht funktionierenden Nitroglycerinsprays, Dosieraerosols oder Pulverinhalators kann für den Patienten lebensbedrohlich sein, weshalb Hinweise vom Patienten auf mögliche Qualitätsmängel gerade bei diesen Fertigarzneimitteln sehr ernst genommen werden müssen. Die vorwiegend gerätetechnisch bedingten Störungen lassen sich oftmals leicht beheben. Damit demonstriert das Apothekenteam seine Kompetenz und schafft Vertrauen, was die Bindung des Patienten an die Apotheke fördert. Aus eigenem Interesse sollten daher beanstandete Sprays, Aerosole und Pulverinhalatoren erst an die AMK gesandt werden, nachdem ihre Funktionstüchtigkeit in der Apotheke eingehend geprüft worden ist. Die Tests, die das ZL zur Feststellung von Fehlern durchführt, kann auch die Apotheke ohne großen Aufwand anwenden.

Dosiersprays

Einfache Dosiersprays erreichen das ZL zumeist mit den Hinweisen, dass die Sprüheinrichtung defekt ist, sich kein Pumpdruck aufbauen lässt, der Sprühkopf nicht sprüht, nur einzelne Tropfen austreten oder der Probenbehälter undicht ist.

Das Apothekenpersonal sollte den Patienten darauf hinweisen und ihm vorführen, dass vor dem erstmaligen Gebrauch mehrere (!) Anpumpvorgänge nötig sind, um einen ausreichenden Unterdruck zu erzeugen, durch den die Lösung dann im Steigrohr angesogen und beim nächsten Pumpvorgang freigegeben wird. So manches Spray, das "von Anfang an nicht sprüht", wird auf diese Art und Weise im ZL funktionstüchtig gemacht.

Des Weiteren kann der Probenbehälter auf Dichtigkeit geprüft werden, denn Glasbruch oder Haarrisse sind visuell leicht zu erkennen. Auch der Sitz der Bördelkappe ist ebenso schnell kontrollierbar wie die Lage und Beweglichkeit des Ventilstifts oder des Steigrohres und dessen Sitz. Wichtig ist es auch, Sprüheinrichtung und -aufsatz sowie die Austrittsöffnung auf Spuren einer Manipulation zu überprüfen (Abb. 1 und 2).


Abb. 1: Dosierspray mit abgeschnittener Öffnung.
Fotos: ZL
Abb. 2: Die Öffnung dieses Dosiersprays hat ein Patient mit einer Nadel erweitert.

























Als essenziell hat sich auch ein Test auf die Füllmenge erwiesen, denn zahlreiche Dosiersprays und -aerosole erreichen das ZL in geleertem Zustand. Gebrauchsspuren an den Geräten und Lösungsreste in den Behältern weisen auf die Benutzung durch den Patienten hin. Eine Minderbefüllung des Behälters (vor der Abgabe) lässt sich im Labor nur in Ausnahmefällen nachträglich feststellen. Zudem ist sie sehr unwahrscheinlich, denn die pharmazeutische Industrie identifiziert nicht- oder minderbefüllte Behälter während der Konfektionierung mithilfe optoelektronischer Systeme und Präzisionswaagen und sortiert sie automatisch aus.

Dosieraerosole

Bei Dosieraerosolen können einzelne Bauteile blockiert sein, sodass die Geräte nicht einwandfrei funktionieren. Nicht selten sind Wirkstoffablagerungen an den Ventilstiften die Ursache für nachlassende Sprühstärken. Meistens reicht hier eine Reinigung des Ventilstifts mit einem trockenen Tuch oder des Sprühaufsatzes unter fließendem, warmem Wasser mit anschließender Trocknung (Abb. 3 und 4).


Abb. 3: Nicht selten finden sich Wirkstoffablagerungen am Ventilstift eines Dosieraerosols. Ihre Entfernung löst das Problem.
Abb. 4: Ablagerungen haben die ­Zerstäubungsdüse verstopft.






















Das ZL weist in solchen Fällen im Untersuchungsbericht darauf hin, "… dass sich Ablagerungen am Ventilstamm, an der Zerstäubungsdüse und am Mundstück durch regelmäßige und sorgfältige Reinigung des Aerosols vermeiden lassen. Es ist empfehlenswert, das System täglich bzw. nach jeder Anwendung zu reinigen." Wie die Reinigung durchzuführen ist, steht in der Regel in der Gebrauchsanweisung.

Bei Dosieraerosolen müssen – anders als bei Schnupfensprays – Tröpfchen kleineren Durchmessers generiert werden, da sich deren Applikationsort (Mund) vom Wirkort (Lunge) unterscheidet. Dementsprechend sind die zugehörigen Systeme komplexer aufgebaut. Im Handel sind Lösungen oder Suspensionen, die mithilfe verschiedenster Geräte mit oder ohne Treibmittel appliziert werden.

Vor allem Suspensionen müssen vor Gebrauch gut geschüttelt werden, da sonst aufgrund einer ungenügenden Homogenisierung/Sedimentation eine fehlerhafte Dosierung resultiert.

Bei Verdacht oder Reklamationen bezüglich des Füllgrades kann der "Schwimmtest", der in den Zeiten der Verwendung von FCKW-haltigen Treibmitteln üblich war, nicht angewandt werden. Die heutzutage als Treibmittel verwendeten Fluorane besitzen eine andere Dichte und lassen den Behälter nicht mehr – je nach Füllgrad – "schräg, waagerecht oder mit Boden nach oben auf der Wasseroberfläche schwimmen". Stattdessen ist das Gewicht des Behälters zu bestimmen und mit dem Gewicht eines ungeöffneten Behälters aus dem Lager zu vergleichen. Die Massen der Behälter desselben Produktes sind bis in den Milligramm-Bereich identisch.

Minderwirkung

Viele Anwender reklamieren die angebliche Wirkungslosigkeit von Inhalativa. Bei Aerosolen im Anbruch (mit Suspensionsinhalt) hat das ZL tatsächlich in einigen Fällen von der Deklaration abweichende Werte bestimmt. In der Regel waren diese aber höher als angegeben und wiesen eher darauf hin, dass die Suspension vor Gebrauch nicht ausreichend geschüttelt worden war. Es gab aber auch schon den Fall, dass der Wirkstoff tatsächlich verbacken war und nicht freigesetzt werden konnte. Hinweise auf eine nicht korrekte Dosierung, die ebenfalls mit "Minderwirkung" korrelierbar ist, können mittels Überprüfung der Gleichförmigkeit der Sprühstöße durch Differenzwägung überprüft werden. Hierzu werden mehrfach hintereinander z. B. 20 Einzeldosen entnommen und deren Durchschnittsmasse ermittelt; diese kann dann mit den Herstellerangaben verglichen werden. Eine quantitative Bestimmung der (niedrigen) Wirkstoffkonzentrationen ist aber nur auf chromatografischem (und/oder z. T. spektroskopischem) Weg möglich. Hierzu wurden im ZL schon mehrere Verfahren entwickelt.

Pulverinhalatoren

Noch kleiner als Aerosole sind die Partikel, die über Pulverinhalatoren die Alveolen erreichen sollen. Diskhaler, Novolizer, Twisthaler, Jethaler, Turbohaler, Easyhaler – das sind nur einige von vielen Produkten.

Bei atemzuginduzierten Pulverinhalatoren lässt sich ein beanstandetes Nicht-Auslösen oft nicht verifizieren. Zur Funktionsprüfung wird im ZL entweder ein Unterdruck mittels einer Pumpe angelegt oder ein Auslösen des Inhalators durch einen Probanden simuliert, wobei ein auf das Mundstück gelegtes feinporiges Tuch die Inhalation des Wirkstoffs verhindert. Gerade in den "persönlichen" Tests fällt auf, wie essenziell eine richtige Koordination für die Inhalation ist.

Hauptbeanstandungsgrund für atemzuginduzierte Geräte wie Spinhaler oder Handyhaler ist die mangelnde Qualität der Kapseln. Sie sind spröde, oder Teile aus den Kapseln werden mitinhaliert, sie lassen sich nicht richtig einstechen, nach der Inhalation verbleibt zu viel Pulver in den Kapselhüllen, oder das Pulver ist klumpig-feucht und lässt sich nicht inhalieren. Beispielsweise wird Spiriva® häufig wegen minderbefüllter Kapseln reklamiert. Die (relativ großen) Kapseln enthalten aber nur etwa 4 mg entnehmbares Pulver (mit 18 µg Wirkstoff), das zugegebenermaßen in der Kapselhülle etwas verloren aussieht. Darauf sollte das Apothekenpersonal den Patienten hinweisen.

Bei Pulverinhalatoren mit Zählwerk wird häufig dessen Defekt reklamiert. Die meisten Zählwerke zählen in 10-er oder 20-er Schritten, weshalb bei Einzelentnahmen die Zählvorgänge meistens nicht sichtbar sind. Dabei zählen die meisten Systeme rückwärts. Ein roter Balken im Sichtfenster deutet darauf hin, dass das Gerät bereits nahezu vollständig entleert wurde.

Im Falle von "wirkungslosem" Inhalt kann das ZL zwar die deklarierte Menge Wirkstoff in dem Pulver bestimmen, aber nicht untersuchen, ob bei der Inhalation tatsächlich ein definierter Anteil Wirkstoff vom Träger desagglomeriert wurde und welche Größe die Teilchen im Mittel aufweisen. Hierzu wären aufwendige Kaskadenimpaktoren, wie sie eigentlich nur in den Laboratorien der Hersteller oder in pharmazeutischen Universitätsinstituten zu finden sind, notwendig.

Weiterhin kann die Apotheke dem Patienten mit auf den Weg geben, dass bei einer erfolgreich durchgeführten Inhalation die Teilchen eben nicht in den Rachenraum (wo der Wirkstoffträger Lactose gut zu schmecken ist) gelangen, sondern in die Lunge und die Alveolen. Und nicht alle Wirkstoffe sind auf Lactose aufgebracht.

Schwergängige Tasten oder Hebel und Knirschgeräusche von Geräten können auf den "Sand im Getriebe" hinweisen (Abb. 5).


Abb. 5: Der Schmutz weist auf "Sand im Getriebe" hin. Eine Reinigung macht das Gerät wieder funktionstüchtig.


























Wird das Gerät geöffnet, was bei einigen Produkten möglich ist, und das nicht inhalierte Pulver entfernt, ist die blockierte Mechanik in der Regel wieder freigängig und funktionsfähig.

Bei solch einem Service in der Apotheke kann der Patient wieder beruhigt aufatmen.


Kontakt

Zentrallaboratorium Deutscher Apotheker Carl-Mannich-Str. 20, 65760 Eschborn www.zentrallabor.com



DAZ 2011, Nr. 38, S. 68

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