Für Sie untersucht

Messer sind nicht so schlecht wie ihr Ruf

Test von Tablettenteilern

Von Mona Tawab, Gabriele Lühr, Janine Bohnet, Manfred Schubert-Zsilavecz und Richard Klämbt

"Die Tabletten lassen sich nicht teilen" oder "beim Teilen von Tabletten entstehen unterschiedlich große Bruchstücke" – derartige und ähnliche Reklamationen erreichen das Zentrallaboratorium Deutscher Apotheker (ZL) in zunehmendem Maße. Vor diesem Hintergrund hat das ZL diverse Teilungsverfahren bei einer Vielzahl von Tabletten mit und ohne Bruchkerbe getestet. Dabei zeigte sich, dass Tablettenteiler nicht für alle Tabletten geeignet sind und dass das Teilen mit dem Messer viel besser ist als sein Ruf.

Tabletten dürfen – streng genommen – nur geteilt werden, wenn es ausdrücklich im Beipackzettel erlaubt ist. Doch die Praxis sieht anders aus: Neben medizinischen Gründen wird in zunehmendem Maße auch aus ökonomischen Gründen geteilt. So werden beispielsweise aus Sparsamkeit Tabletten einer höheren Stärke verschrieben, wie zum Beispiel 100 Tabletten zu 10 mg anstatt 200 Tabletten zu 5 mg. Oftmals wollen aber auch Patienten von sich aus höher dosierte Tabletten halbieren, um mit einer Packung länger auszukommen und Zuzahlungsgebühren zu sparen. Die Dimension ist keinesfalls zu unterschätzen. Nach der Evaluierung eines Fragebogens bei Allgemeinmedizinern in Sachsen-Anhalt kann man davon ausgehen, dass in der ambulanten Versorgung die Tabletten jeder vierten verordneten Packung geteilt werden [1]. Bröseln die Tabletten oder entstehen unterschiedlich große Bruchstücke, bleibt die Sicherheit der Patienten bezüglich der genauen Dosierung oftmals auf der Strecke, und die Compliance kann darunter leiden.

Tabletten können auf unterschiedlichste Art und Weise geteilt werden: manuell, mit dem Messer oder mit einem der zahlreichen Tablettenteiler. Häufig wird von der Verwendung eines Messers abgeraten, da dies zu ungenauen Teilungsergebnissen führen kann [2]. Dagegen sind Tablettenteiler in der Regel bei den Patienten sehr beliebt, weil sie das Teilen erleichtern und weniger Kraftaufwand erfordern.

Doch wie sieht es um die Teilungsgenauigkeit der unterschiedlichen Verfahren tatsächlich aus? Diese Frage untersuchte das ZL am Beispiel von Medikamenten mit geringer therapeutischer Breite wie Phenprocoumon und L-Thyroxin sowie häufig aufgrund von Rabattverträgen substituierten Arzneimitteln wie Metformin und Simvastatin.


Foto: ZL
Abb. 1: Die geprüften Verfahren: Tablettenteiler (sechs Produkte), Besteckmesser und Hand.

Material und Methoden

Es wurde Wert darauf gelegt, sowohl Tabletten mit Bruchkerbe als auch Tabletten ohne Bruchkerbe in die Studie einzubeziehen (Tab. 1). Die Teilbarkeit wurde gemäß den Vorgaben des Europäischen Arzneibuches überprüft [3]. Demnach wurden jeweils 30 Tabletten eines jeden Präparates nach dem Zufallsprinzip entnommen und mit den unterschiedlichen Teilungsgeräten (Abb. 1) entlang der Bruchkerbe geteilt. Von jeder Tablette wurde ein Bruchstück für die Prüfung verwendet und das andere Bruchstück verworfen. Jedes der mit unterschiedlichen Teilungsverfahren erhaltenen 30 Bruchstücke der einzelnen Präparate wurde einzeln gewogen und anschließend daraus die Durchschnittsmasse berechnet. Die Teilungsgenauigkeit entsprach den Spezifikationen des Arzneibuchs, wenn höchstens ein Bruchstück außerhalb der Grenzen von 85 bis 115% der Durchschnittsmasse lag. Sie entsprach nicht der Prüfung, wenn mehr als ein Bruchstück außerhalb der Grenzen von 85 bis 115% Prozent oder wenn ein Bruchstück außerhalb der Grenzen von 75 bis 125% der Durchschnittsmasse lag.

Die Bestimmung des Gewichts der jeweiligen Bruchstücke erfolgte auf einer Mettler Analysenwaage XP205/M (Mettler Toledo AG).


Foto: ZL
Abb. 2: Bruchstücke von Tabletten, die nicht gleichmäßig geteilt wurden.

Ergebnisse

Die Studie hat gezeigt, dass die Anforderungen des Arzneibuches an die Teilungsgenauigkeit nicht für alle Präparate und Teilungsverfahren eingehalten werden konnten (Tab. 2). So hat keiner der Tablettenteiler den Teilungsspezifikationen des Arzneibuches bei allen Präparaten entsprochen. Selbst Tabletten mit Bruchkerbe ließen sich mit einem Tablettenteiler nicht immer gleichmäßig teilen. Oft waren die beiden Bruchstücke ungleich groß (Abb. 2).


Tablettenteiler

Maximal wichen acht der 30 Bruchstücke um mehr als 15% und sieben der 30 Bruchstücke um mehr als 25% von der Durchschnittsmasse ab. Dabei war nicht entscheidend, ob die Bruchkerbe beidseitig oder einseitig bzw. in Form eines Kreuzes oder einer Rille aufgebracht ist. So konnten die länglichen Metformin-Hexal-Tabletten mit beidseitiger Bruchkerbe genauso gut geteilt werden wie die runden Metformin-Lich-Tabletten mit einseitiger Bruchkerbe. Entscheidend sind jedoch die Größe und die Tiefe der Bruchkerbe. Im Vergleich zu den anderen Tabletten sind die Metformin-Hexal- und Metformin-Lich-Tabletten wesentlich größer, breiter und weisen eine tiefere, für das bloße Auge besser sichtbare Bruchkerbe auf. Diese Eigenschaften erleichtern das Fixieren der Tabletten in den Tablettenteilern und führten bei den meisten Tablettenteilern zu einem besseren Ergebnis.

Auffallend schlecht dagegen ließen sich die Simvastatin-Teva-Tabletten ohne Bruchkerbe teilen. Hier versagten sowohl vier der sechs Tablettenteiler als auch das Besteckmesser und die manuelle Teilung; ein Hinweis, dass eine Bruchkerbe zum genauen Teilen der Tabletten von großem Vorteil ist.

Am besten hat der Tablettenteiler Exakt abgeschnitten, der bei neun von zwölf Präparaten die Anforderungen an die Teilungsgenauigkeit erfüllte. Dies könnte auf die Rillen am Haltesteg zurückzuführen sein, die eventuell zu einer besseren Fixierung der Tabletten beitragen.


Besteckmesser

Entgegen den Erwartungen hat das Besteckmesser sehr gut abgeschnitten und lieferte sogar genauere Ergebnisse als die manuelle Teilung. Nur bei drei Präparaten, die sich durch ihre höheren Härtewerte auszeichnen, wurden mit dem Besteckmesser die Anforderungen des Arzneibuches nicht erfüllt. Hier wichen bei einem Präparat drei der 30 Bruchstücke um mehr als 15% von der Durchschnittsmasse ab und bei einem anderen Präparat eins der 30 Bruchstücke um mehr als 25%. Noch ein Hinweis zur Verwendung eines Besteckmessers: Es soll nicht spitz sein, und die Tablette soll auf einer weichen Unterlage geteilt werden. Durch gleichmäßige Druckausübung auf beiden Seiten des Besteckmessers kann ein Wegspringen der Bruchstücke verhindert werden.


Manuelle Teilung

Die manuelle Teilung schnitt schlechter ab, denn fünf Präparate konnten nicht den Anforderungen entsprechend geteilt werden. Während keines der Bruchstücke um mehr als 25% von der Durchschnittsmasse abwich, überschritten bei je einem Präparat vier bzw. drei Bruchstücke und bei drei Präparaten zwei Bruchstücke die Toleranzgrenze der Massendifferenz von 15%.

Diskussion

Die Ergebnisse der vorliegenden Studie verwundern nicht angesichts der zahlreichen Patientenreklamationen, was die schlechte Teilbarkeit vieler Arzneimittel betrifft. Der Hersteller des Exakt Tablettenteilers weist ausdrücklich darauf hin, dass das Teilungsverhalten von Tabletten im Einzelfall nicht vorhergesagt werden kann. Dieser Hinweis ist durchaus berechtigt, denn die Studie hat klar gezeigt, dass Tabletten mit beidseitiger Bruchkerbe nicht unbedingt besser geteilt werden als Tabletten mit einseitiger Bruchkerbe. Vielmehr hängt die Genauigkeit bei der Tablettenteilung sehr stark von der jeweiligen Tablette und dem angewandten Verfahren ab. Umso wichtiger ist der Hinweis in der Gebrauchsanweisung von Tablettenteilern, dass nur Tabletten geteilt werden dürfen, die laut Beipackzettel dafür vorgesehen sind.

Aber genau diese Angabe fehlt oftmals in den Beipackzetteln von Arzneimitteln. Obwohl der pharmazeutische Hersteller im Rahmen des Zulassungsverfahrens verpflichtet ist, die Teilbarkeit von Tabletten zu belegen und es auch in der Gelben Liste Hinweise auf die Teilbarkeit gibt, fehlen entsprechende Hinweise in den jeweiligen Produktinformationen. Von all den von uns untersuchten Tabletten war nur bei Simvastatin-Actavis ein kurzer Hinweis auf die Teilbarkeit vorhanden: "Die Tablette kann in gleiche Hälften geteilt werden." Eine Anweisung zur korrekten Teilung der Tabletten fehlt allerdings.

Da es sehr auf die Tablette ankommt, ob sie geteilt werden kann oder nicht, ist es dem Patienten nicht zuzumuten, auf der Basis von fehlenden Informationen diesbezüglich eigenständige Entscheidungen zu treffen. So dürfen, abgesehen von der Tablettenform und der Beschaffenheit der Kerbe, lichtempfindliche Präparate wie Nifedipin, Molsidomin, Furosemid und Johanniskraut-Trockenextrakt nicht geteilt werden, um einen Abbau des Wirkstoffes zu vermeiden. Auch das Teilen von Zytostatika, Virustatika und Retinoiden mit CMR-Wirkstoffen (kanzerogen, mutagen, reproduktionstoxisch) sollte möglichst vermieden werden. Ebenso sind Retardtabletten grundsätzlich vom Teilen ausgeschlossen, es sei denn die Tabletten werden aus Pellets hergestellt, die mit einem magensaftresistenten oder Retard-Film überzogen sind und somit Multiple Units darstellen. Dieses Fachwissen entzieht sich jedoch dem Laien. Welche klinischen Folgen das Teilen von Tabletten hat, die nicht dafür vorgesehen sind, ist nicht ausgiebig untersucht. Allerdings kann man bei Wirkstoffen mit enger therapeutischer Breite von verstärkten Nebenwirkungen ausgehen.

Ein weiteres Problem stellt die Substitution im Rahmen der Rabattverträge dar. Denn es kann durchaus passieren, dass Tabletten, die mit einem Verfahren gut teilbar sind, durch andere substituiert werden, die mit dem gleichen Verfahren nicht gut teilbar sind. Auch deshalb sind genaue Angaben zur Teilbarkeit in den jeweiligen Fachinformationen und Beipackzetteln von enormer Bedeutung. In Kenntnis dieser Problematik hat die FDA in ihrer kürzlich erschienenen Leitlinie zur Teilbarkeit von Tabletten auf die Teilbarkeit als wichtiges Vergleichskriterium zwischen Originalprodukt und Generikum hingewiesen [4]. Nur bei vergleichbarer Teilbarkeit ist auch eine vergleichbare Dosierung für den Patienten gegeben.

Selbst wenn die Teilbarkeit von Tabletten ausdrücklich erlaubt ist, sollte die Teilung erst kurz vor der Applikation erfolgen, da die Wirkstoffe durch Luft, Feuchtigkeit oder Licht inaktiviert werden können. Vor diesem Hintergrund sollte auch die Verblisterung von geteilten Tabletten vermieden werden.

Wie unsere Studie zeigt, ist es nicht möglich, einen klaren Zusammenhang zwischen Form, Beschaffenheit der Bruchkerbe und Größe der Tabletten und deren Teilbarkeit herzustellen, die wiederum auch extrem von dem angewandten Teilungsverfahren abhängig ist. Aufgrund der erwiesenen schwankenden Teilbarkeit von Tabletten in Abhängigkeit des jeweiligen Präparates und des Verfahrens rät das ZL grundsätzlich davon ab, Tabletten zu teilen, wenn dies in den Produktinformationen nicht ausdrücklich erlaubt ist, selbst wenn sie eine Bruchkerbe besitzen.

Fazit

In der vorliegenden Studie wurden diverse Tabletten mit verschiedenen Bruchkerben mit unterschiedlichen Teilungsverfahren geteilt. Tabletten ohne Bruchkerbe ließen sich mit keinem der angewandten Verfahren optimal teilen. So ist eine Bruchkerbe sehr hilfreich für eine bessere Teilung, aber dennoch keine Garantie dafür. Es kommt auch nicht darauf an, ob die Bruchkerbe beidseitig oder einseitig bzw. in Form eines Kreuzes oder einer Rille aufgebracht ist. Denn auch Tabletten mit Bruchkerbe konnten selbst mit diversen Tablettenteilern nicht immer gleichmäßig geteilt werden. Sehr gute Ergebnisse wurden mit dem Besteckmesser erzielt.

Angaben zur Teilbarkeit finden sich nur selten in den Beipackzetteln. Da das Teilungsverhalten von Tablette zu Tablette sehr unterschiedlich ist, rät das ZL eindeutig davon ab, Tabletten zu teilen, welche nicht ausdrücklich im Beipackzettel dafür vorgesehen sind.


Literatur

[1] Steidle C. Tabletten teilen: Geld sparen mit Tablettenbruch? arznei-telegramm 2011;42(3):30.

[2] Quinzler R, Haefeli WE. Tabletten teilen. Therapeutische Umschau 2006;63(6):441 – 447.

[3] Europäisches Arzneibuch, 7. Ausgabe, 01/2008:0478.

[4] U.S. Department of Health and Human Services, Food and Drug Administration, Center for Drug Evaluation and Research (CDER), Guidance for Industry, Tablet scoring: Nomenclature, Labeling and Data for Evaluation, August 2011. www.fda.gov/downloads/Drugs/GuidanceComplianceRegulatoryInformation/Guidances/UCM269921.pdf.


Kontakt
Zentrallaboratorium Deutscher Apotheker, Carl-Manich-Str. 20, 65670 Eschborn, www.zentrallabor.de



DAZ 2011, Nr. 43, S. 84

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