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40 Jahre GPT
40 Jahre Gesellschaft für Phytotherapie
Die GPT im Wandel der Zeiten
Einen Rückblick auf die Geschichte der Gesellschaft für Phytotherapie gab Dr. Carl Schneider, Köln, in seinem Festvortrag. Die GPT wurde am 17. November 1971 in der Domstadt als wissenschaftliche Gesellschaft von Ärzten, Apothekern und Naturwissenschaftlern gegründet. Sie sollte ein Pendant zu der seinerzeit bereits bestehenden Gesellschaft für Arzneipflanzenforschung darstellen und die primärärztliche Erfahrung in der Phytotherapie noch besser zum Tragen bringen.
Konträre Interessen
Gerade in der Anfangsphase habe man, so berichtete Schneider aus seinen Erfahrungen, mit konträren Interessen der Mitglieder aus der Arzneipflanzenchemie, in Behörden und der pharmazeutischen Industrie zu kämpfen gehabt und darüber hinaus zum Teil emotional um die Definition der Phytotherapie gerungen. Diese werde auch heute noch immer wieder zu Unrecht dem Sektor der Komplementärmedizin zugerechnet. Gerade dies liegt jedoch nicht in der Intention der Phytotherapie, denn sie versteht sich eindeutig als wissenschaftlich basiert und als Teil der Schulmedizin. Nichtsdestotrotz habe man sich in der Phase der Konzeption des zweiten Arzneimittelgesetzes von 1976 aufgrund der Vermutung, dass die Präparate den neuen strengen Zulassungsanforderungen nicht standhalten könnten, als "Rettungsanker" zusammen mit der Homöopathie und der Anthroposophie den "besonderen Therapierichtungen" zurechnen lassen.
Die 80er und 90er Jahre
Nach Inkrafttreten des AMG 1976 konnte sich die GPT in den 1980er Jahren über die Kooperation Phytopharmaka außerordentlich konstruktiv in die Erstellung der Aufbereitungsmonografien einbringen.
Ab Mitte der 90er Jahre gerieten pflanzliche Arzneimittel dann allerdings zunehmend in das Dilemma, dass ihr Überleben zwar politisch gewollt, die wissenschaftliche Basis für die Arzneimittelzulassung nach den neuen Regeln jedoch häufig nicht in ausreichendem Masse vorhanden war. Es machte sich die Befürchtung breit, dass das erfahrungsheilkundliche Wissen zu kurz kommen könnte und der harte Beweis klinischer Studien an dessen Stelle treten sollte. Angesichts dieser, wie Schneider es bezeichnete, "historisch-dramatischen Bewusstseinsänderung" war es ein umso größerer Verdienst der Phytotherapie, diese Herausforderung angenommen zu haben.
Aufbruch nach Europa
Der nächste Schritt war die Gründung der European Scientific Cooperative on Phytotherapy (ESCOP), die heute mit ihren Monografien nicht nur Maßstäbe auf dem Gebiet der Aufbereitung wissenschaftlicher Erkenntnisse zu Arzneipflanzen setzt, sondern gleichzeitig auch den Spagat einer "integren" Symbiose von praktizierenden Ärzten auf dem Gebiet der Phytotherapie und der Phytopharmaka-Industrie geschafft hat. Nur so konnte die Phytotherapie existenzfähig bleiben, meinte Schneider.
Der Wind bläst heftiger ins Gesicht
Heute allerdings werde die "Aufbruchstimmung" von damals zunehmend getrübt. Durch den Verlust der GKV-Erstattungsfähigkeit der pflanzlichen OTC-Präparate und die damit verbundene therapeutische Herabstufung, die Infragestellung des "Postulats der natürlichen Unbedenklichkeit" pflanzlicher Arzneimittel sowie die fortschreitende Beschränkung auf die traditionelle Anwendungserfahrung bläst der Phytotherapie der Wind seit einigen Jahren wieder erheblich heftiger ins Gesicht. Abschließend appellierte Schneider daher an die Gesellschaft, gerade die Fort- und Weiterbildung der Ärzte auf dem Gebiet der Phytotherapie weiter hochzuhalten. "Es gibt viel zu tun und viel zu leisten" resümierte der Festredner.
Phyto-Ausbildung in der Pharmazie …
Die universitäre Lehre der Phytotherapie in Deutschland im Bereich Pharmazie umriss Priv.-Doz. Dr. Werner Knöss, Leiter der Abteilung für Besondere Therapierichtungen und Traditionelle Arzneimittel beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte. Seiner Auffassung nach sind die Kenntnisse über Arzneipflanzen von jeher eng mit dem Berufsstand der Apotheker in Deutschland verknüpft und deshalb ein etablierter Bestandteil im Studiengang Pharmazie. Derzeit gibt es in Deutschland 22 pharmazeutische Institute mit unterschiedlicher Größe und Ausprägung, an denen Apotheker auf dem Gebiet der Phytotherapie aus seiner Sicht umfassend und adäquat ausgebildet werden.
… in der Medizin
Lange nicht so optimal sieht es im Bereich der Medizinerausbildung aus. Der Begriff "Phytotherapie" kommt bei den Ärzten derzeit weder in der Approbationsordnung noch im Gegenstandskatalog vor, stellte die GPT-Vorsitzende Prof. Dr. Karin Kraft, die den Lehrstuhl für Naturheilkunde am Zentrum für Innere Medizin der Universität Rostock innehat, eingangs ihrer Ausführungen fest.
Zum einen biete die Approbationsordnung mit dem Querschnittsbereich (QB) 12 "Rehabilitation, Physikalische Medizin und Naturheilverfahren", der zu den Pflichtveranstaltungen gehört, die Möglichkeit, Phytotherapie zu unterrichten.
Zum anderen werden auch unter den Wahlpflichtfächern z. B. Naturheilverfahren oder Komplementärmedizin angeboten. Die Lehrenden können jedoch sehr unterschiedliche inhaltliche Schwerpunkte in ihren Veranstaltungen setzen, da es hierzu kein bundeseinheitliches Curriculum gibt.
Posterpreise
In den Tagungsräumen wurden insgesamt 31 Poster gezeigt. Drei Poster, deren Autoren oder Koautoren Nachwuchswissenschaftler waren, wurden prämiert:
1. Preis: Frauke Berger, Universität Leipzig, "Safranextrakt und trans-Crocetin wirken protektiv durch Hemmung der glutamatergen Exzitotoxizität".
2. Preis: Andrea Derksen, Universität Münster, et al., "Polyphenol-enriched extract of Rumex acetosa L. exhibits antiviral effect against influenza A virus".
3. Preis: Christoph Brammann, Universität Kiel, et al., "Antikörper zur Detektion und Quantifizierung von Arabinogalaktan-Proteinen (AGPs) in Echinacea purpurea".
Phytotherapie ist eine"Randerscheinung"
Nach einer systematischen Erhebung Krafts von Anfang September 2011 wird der QB 12 zwar im Wintersemester 2011/12 an 33 und im Sommersemester 2012 an 30 von 36 medizinischen Fakultäten angeboten, und zwar in der Regel in zwei Semesterwochenstunden. Phytotherapie wird im QB 12 aber nur an rund einem Viertel dieser Fakultäten für bis zu zehn Stunden pro Semester behandelt.
Auch im Rahmen eines Wahlpflichtfachs wird Phytotherapie lediglich an fünf Fakultäten mit sehr unterschiedlicher Stundenzahl (insgesamt 2, 12 oder 16 Stunden) gelehrt. Zusammenfassend steht ein Lehrangebot zur Phytotherapie für die Medizinstudenten damit nur an etwa einem Viertel aller Universitäten Deutschlands zur Verfügung.
Engerer Schulterschluss mit der Ärzteschaft
Prof. Dr. Eckhardt Hahn, von der Universität Witten-Herdecke stellte in diesem Zusammenhang den Nationalen Kompetenzbasierten Lernzielkatalog Medizin (NKLM) vor, der auf der Basis der Approbationsordnung für Ärzte sowie europäischer Vorgaben zu einer besseren Vereinheitlichung der Medizinerausbildung beitragen und den Weg von der Wissens-basierten zur Kompetenz-basierten Ausbildung ebnen soll. Laut Hahn ist das Interesse der Ärzte an der Fortentwicklung der medizinischen Ausbildung außerordentlich groß. So konnte es auch gelingen, trotz eines nicht einfachen Konsolidierungsprozesses eine Vielzahl von Interessensgruppen und Beteiligten an der Erstellung des komplexen NKLM konstruktiv unter einen Hut zu bringen. Bis 2013 soll der Katalog für die Fakultäten zur Verfügung stehen. Bis auf Weiteres ist er nicht verbindlich, jedoch hofft Hahn, dass er angemessen in den Curricula umgesetzt und auch als Basis für die Staatsprüfungen der Ärzte herangezogen wird.
In diesem Zusammenhang legte Hahn der Gesellschaft für Phytotherapie im Hinblick auf einen engeren Schulterschluss mit der (übrigen) Ärzteschaft einen Beitritt zur Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) nahe, eine sehr wichtige Vernetzungsstruktur mit großem politischem Einfluss, in der die GPT seiner Meinung nach eine exzellente Bereicherung darstellen würde.
Phytotherapie-Ausbildung in der Schweiz
In der Schweiz wird die Phytotherapie nach der Darlegung von Dr. Beatrix Falch, Vizepräsidentin der Schweizerischen Medizinischen Gesellschaft für Phytotherapie (SMGP), an den Universitäten sowohl in der Pharmazie als auch in der Medizin in unterschiedlichem Ausmaß gelehrt. Pharmazeuten werden an der ETH Zürich sowie den Universitäten in Basel und Genf ausgebildet. Für die Mediziner gibt es Vorlesungsangebote in Phytotherapie an der Universität Zürich, die aber nicht zu den Pflichtveranstaltungen zählen und dort bislang eher ein Schattendasein führen.
Daneben bietet die Schweizerische Medizinische Gesellschaft für Phytotherapie (SMGP, www.smgp.ch) in Kooperation mit der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) in Wädenswil ein dreijähriges Weiterbildungsprogramm in Phytotherapie für Pharmazeuten und Mediziner sowie für andere interessierte Hochschulabgänger an. Die Weiterbildung ist Grundlage zur Erlangung des Fähigkeitsausweises in Phytotherapie, der Apothekern auf Antrag seitens des Schweizerischen Apothekerverbandes (FPH) gewährt wird. Ärzte können hiermit bei der schweizerischen komplementärmedizinischen Ärzteorganisation (UNION) ebenfalls einen Ausweis Phytotherapie erwerben, der aber in den nächsten zwei Jahren durch das Phytotherapie-Zertifikat der SMGP ersetzt werden soll. Neben den Hochschulangeboten wird Phytotherapie in der Schweiz darüber hinaus an einer Vielzahl von Naturheilkundeschulen vermittelt, an denen sich laut Falch "vom Mediziner bis zur Hausfrau" alle an der Komplementärmedizin Interessierten zusammenfinden.
Kommentar
Von der Schweiz lernen?
In einem Diskussionsbeitrag berichtete Dr. Silke Brockmann vom Schweizerischen Heilmittelinstitut Swissmedic darüber, dass Ärzte in der Schweiz häufiger Phytopharmaka verschreiben als ihre Kollegen in der Bundesrepublik. Sie schilderte die Hintergründe, die dabei vermutlich eine Rolle spielen: Der Schweizer Arzt behandelt seine Patienten eher "Eminenz-basiert" als "Evidenz-basiert", er richtet sich also vor allem nach dem, was er während seiner Ausbildung gelernt hat, und nicht nach den Leitlinien der Arbeitsgemeinschaft der wissenschaftlichen medizinischen Fachgesellschaften (AWMF). Offensichtlich haben sich deshalb manche altbewährten Präparate in der Verschreibungspraxis erhalten, obwohl sie keine harten klinischen Studien bestanden haben.
Bei der Verschreibung muss der Schweizer Arzt ein Präparat aus der amtlichen Spezialitätenliste wählen, damit die Krankenversicherung es erstattet. Diese Spezialitätenliste wird vom Bundesamt für Gesundheit zusammengestellt und herausgegeben. Sie umfasst Arzneimittel, die nach Meinung der Experten von Swissmedic und der Arzneimittelkommission wirksam, im Rahmen der Krankenversicherung zweckmäßig und wirtschaftlich sind. Und diese Kriterien erfüllen zahlreiche Phytopharmaka. Die Schweizer Experten entscheiden hinsichtlich der Spezialitätenliste ausschließlich anhand der genannten Kriterien und fragen nicht, ob mit dem Arzneimittel besondere therapeutische Konzepte verbunden sind.
Wie Brockmann weiter darlegte, gilt die Phytotherapie in der Schweiz nicht als Therapierichtung mit einem eigenständigen Konzept, wie es etwa die Homöopathie besitzt. Diesen scheinbaren Mangel wertete sie positiv, denn wenn Phytopharmaka keine Sonderrolle beanspruchen, lassen sie sich auch nicht ausgrenzen.
Deutschland ist meilenweit von einer Spezialitätenliste entfernt, selbst wenn Überlegungen von Experten ansatzweise in diese Richtungen gehen (eventuell auch das ABDA-KBV-Konzept). Bei uns geben die AWMF-Leitlinien vor, was ein Arzt verordnen sollte. Wer den Phytopharmaka in Deutschland eine größere Akzeptanz verschaffen möchte, muss sich also darum bemühen, dass diese in die Leitlinien aufgenommen werden. Zu dieser Erkenntnis ist anscheinend auch die Gesellschaft für Phytotherapie gekommen: Wie die Vorsitzende Prof. Kraft in Köln verkündete, werde sie sich darum bemühen, dass die GPT in die AWMF aufgenommen wird.
Wolfgang Caesar
Phytotherapie-Ausbildung an Hochschulen Österreichs
Wo und wie in der Alpenrepublik Österreich Phytotherapie gelehrt wird, skizzierte Univ.-Doz. Dr. Heribert Pittner, Wien, ehemaliger Leiter der Abteilung Komplementärmedizin bei der AGES PharmMed. Für Pharmazeuten werden an der Universität Wien eine Vorlesung "Phytopharmaka – Phytotherapie" als Wahlpflichtfach sowie eine Vorlesung und Exkursion "Einheimische Arznei- und Giftpflanzen" als Wahlfach abgehalten. Daneben gibt es an der Medizinischen Universität Wien Vorlesungen zur Phytotherapie, und die Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik bietet im Rahmen des Hochschullehrganges "Wildkräuter und Arzneipflanzen" ebenfalls Vorlesungen über "Arzneipflanzen" und "Pflanzliche Arzneimittel" an. An den Universitäten und den Medizinischen Universitäten Graz und Universität Innsbruck werden jedoch gar keine Lehrveranstaltungen zum Thema "Phytotherapie" abgehalten.
Phytodiplom der ÖGPhyt
Die umfassendste Ausbildung zur Phytotherapie wird von der Österreichischen Gesellschaft für Phytotherapie (ÖGPhyt) durchgeführt. Die Ausbildung für Allgemeinmediziner und Fachärzte umfasst 96 Wochenstunden in Form von acht Modulen, die zum Teil mit Exkursionen in Wochenendseminaren über zwei Jahre verteilt unterrichtet werden. Nach erfolgreichem Abschluss erhalten die Absolventen das Phytodiplom der ÖGPhyt, mit dem sie seit 2008 bei der Österreichischen Ärztekammer auf Antrag das Diplom "Phytotherapie" erwerben können. Der Kurs wird seit 2006 durchgeführt, und bisher haben 36 Ärzte und Ärztinnen die Prüfung bestanden. Laut Pittner ist das Interesse der Ärzte sehr groß, erkennbar daran, dass für das nächste Jahr bereits mehr Bewerber als Kursplätze verzeichnet werden. Seit 2011 führt die ÖGPhyt außerdem gemeinsam mit dem Zentrum zur Dokumentation von Naturheilverfahren (ZDN) eine ähnliche Phytotherapie-Ausbildung für Ärzte und Pharmazeuten in Südtirol durch.
hb
"Münsterkonzept Arzneipflanzen"
Die Institute für Pharmazeutische Biologie profilieren sich mit ihren jeweiligen Forschungsschwerpunkten, sodass sich in der Universitätslandschaft ein recht vielseitiges Bild bietet. Die Universität Münster zeichnet sich dadurch aus, dass dort die Arzneipflanze selbst immer noch im Mittelpunkt steht, wie der Institutsdirektor Prof. Dr. Andreas Hensel ausführte. Die etwa 30 Doktoranden müssen – unabhängig davon, was nun ihr eigentliches Forschungsgebiet ist – auch am "Münsterkonzept Arzneipflanzen" mitarbeiten, das über die Ausbildung der Pharmaziestudierenden hinausgeht und sich auch an die Öffentlichkeit wendet.
Die Unwissenheit der breiten Öffentlichkeit über Botanik im Allgemeinen und Arzneipflanzen im Besonderen ist erschreckend groß. Beispielhaft nannte Hensel einen Volkshochschulkurs "Kochen mit Unkräutern", deren Teilnehmer auch eine Wasserdostsuppe zubereiteten (und aßen); da Eupatorium cannabinum etwa 1 Prozent Pyrrolizidinalkaloide enthält, ist dies nicht akzeptabel. Da selbsternannte Kräuterexperten für ihre zweifelhaften Schulungskurse bis zu 800 Euro verlangen, beschloss Hensel, sich mit seinen Mitarbeitern auf diesem Gebiet zu engagieren. Beste Voraussetzung dafür bietet der geradezu riesige botanische Garten seines Instituts. Es entstand das "Münsterkonzept Arzneipflanzen", das unterschiedlichen Altersgruppen Wissen zu unterschiedlichen Themen, die aber immer mit Arzneipflanzen zu tun haben, vermittelt. So kommt es auch hin und wieder vor, dass zehnjährige Schüler alle Plätze im großen Hörsaal besetzen.
Diese Veranstaltungen werden auch von der Universitätsleitung gutgeheißen und erfreuen sich großer Popularität. Nicht zuletzt profitieren die aktiven Doktoranden davon, denn jeder Wissenschaftler sollte sich darin üben, sein Wissen an andere so weiterzugeben, dass diese es auch verstehen.
Heilpflanzen in der Schule
Prof. Dr. Marcus Hammann, Institut für Didaktik der Biologie in Münster, berichtete über das an seinem Institut entwickelte und durchgeführte Projekt zum Thema "Heilpflanzen im Biologieunterricht: Von der Pflanze zum Arzneimittel". Es richtet sich an Schüler in der Grundschule und in weiterführenden Schulen bis zur 10. Klasse. Damit die Schüler die Wirkungsweise der Arzneimittel verstehen, lernen sie nicht nur botanisches und phytochemisches Grundwissen, sondern erwerben auch physiologische und neurobiologische Kenntnisse. Abgesehen von diesem theoretischen Stoff ist das Unterrichtskonzept sehr praxisorientiert. Es schließt sogar die Arbeit mit Apparaturen zur Verarbeitung der Pflanzen ein, sodass die Schüler eine konkrete Vorstellung von der Arzneimittelherstellung erhalten.
Eine "Evaluation" (Umfrage bei den Schülern) zeigte, dass diese Form von Wissensvermittlung sehr gut "ankommt". Nach Ansicht von Hammann ist dies auch notwendig, denn ab der 5. Klasse nehme bei den Schülern das Interesse für Pflanzen rapide ab, wenn nicht gegengesteuert wird.
Klinische Forschung – eine Herausforderung
Wenn es um klinische Studien geht, müssen Phytopharmaka oft passen. Wie Dr. Rainer Stange, Charité Berlin, darlegte, ist die Grundlagenforschung, die die pharmakologischen Eigenschaften und Wirkmechanismen unzähliger Pflanzeninhaltsstoffe detailliert erforscht, enorm fortgeschritten, ohne dass daraus ein Ansporn für klinische Studien erfolgt. Dies liegt großenteils daran, dass die meisten Arzneipflanzen schon seit Jahrhunderten eingesetzt wurden, bevor ihre wissenschaftliche Erforschung begann, sodass zur klinischen früher kein Anlass bestand. Heute ist ein anderer Aspekt entscheidend: Grundlagenforschung wird um ihrer selbst willen durchgeführt und braucht sich nicht finanziell zu rechnen. Das ist bei klinischen Studien, zumal sie sehr viel teurer sind, wenn sie ein hohes Niveau haben. Um sie durchzuführen, mangelt es einerseits an den erforderlichen Investitionen vonseiten der Hersteller, andererseits am öffentlichen Interesse, denn die Deutsche Forschungsgemeinschaft oder staatliche Programme haben bisher noch keine klinische Studie eines Phytopharmakons (mit-)finanziert, wie Stange betonte.
Es gibt aber auch methodische Probleme, um den vollen Nutzen eines Phytopharmakons in einer Studie zu dokumentieren. Viel häufiger als synthetische Arzneistoffe haben pflanzliche Wirkstoffe pleiotrope Effekte, d. h. dass sie über mehrere Wirkmechanismen verfügen und den Gesundheitszustand des Patienten nachhaltig verbessern, selbst wenn sie bei einem in der Studie entscheidenden Parameter nicht so gut abschneiden. Die adaptogenen Eigenschaften, die für bestimmte Arzneipflanzen postuliert werden, wurden zwar in mehreren Studien nachgewiesen, aber nicht so, dass die Ergebnisse auch die an GPC-Standards gewöhnten Kliniker überzeugt haben. Auch der Nutzen der zusätzlichen Gabe eines Phytopharmakons zu einem Synthetikum lässt sich in Studien kaum nachweisen, obwohl der Erfolg im therapeutischen Alltag für viele Patienten offensichtlich ist.
Stange arbeitet an neuen Konzepten zur klinischen Prüfung von Phytopharmaka und hofft, zumindest eine Studie auch durchführen zu können.
Fehlende GKV-Erstattung als größtes Hindernis
Aus der Sicht des Offizinapothekers in einer Kleinstadt führte Dr. Sebastian Hose, Hammelburg, aus, welchen Stellenwert Phytopharmaka heute in der Gesundheitsversorgung haben. Er konstatierte zunächst, dass dieser Stellenwert im Vergleich zu dem großen Interesse, das die Bevölkerung den sogenannten Naturheilmitteln entgegenbringt, gering ist. Allerdings ist "Naturheilmittel" bekanntlich nicht "Phytopharmakon" gleichzusetzen, und Hose konstatierte, dass die Phytopharmaka "links und rechts von anderen Naturheilmitteln überholt werden": Publikumslieblinge seien Schüßlersalze, Präparate der Homöopathie, Anthroposophie und der orthomolekularen Medizin, Bach-Blüten und dergleichen mehr.
Mancher Patient, der in der Apotheke nach einem "Naturheilmittel" zur Selbstmedikation fragt, findet den Preis zu hoch, weil er ihn mit Nahrungsergänzungsmitteln vergleicht, die zwar aus den gleichen Pflanzenteilen, aber in einer völlig anderen Qualität hergestellt werden und demgemäß auch keine therapeutische Indikation haben; viele Laien können dieser Argumentation nicht folgen und lehnen es ab, für höherwertige Präparate einen höheren Preis zu zahlen. Aus diesem Kundenverhalten haben viele Hersteller die Konsequenz gezogen, dass sie bestimmte pflanzliche Arzneimittel vom Markt genommen haben und an deren Stelle ähnliche Präparate als Nahrungsergänzungsmittel vermarkten. Dies hat leider zur Folge, dass Kinderärzte, die Kindern bis zwölf Jahren nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel zulasten der GKV verschreiben dürfen und dies auch tun möchten, bei mancher Indikation kein marktgängiges Präparat mehr finden, wie Hose berichtete.
Am häufigsten wünschen Selbstmedikationspatienten in der Apotheke pflanzliche Präparate gegen Erkältungskrankheiten, und zwar oft auch vorbeugend, insbesondere vor Reisen oder wichtigen Terminen. Mit großem Abstand folgen Präparate gegen Schmerzen, Schlafstörungen, Herz-Kreislauf-Beschwerden und andere Indikationen.
Das "Grüne Rezept" spielt in Hoses Apotheke eine eher geringe Rolle. Die meisten Patienten, denen mit einem Phytopharmakon gut geholfen wäre, lassen sich vom Arzt lieber ein synthetisches Präparat zulasten der GKV verschreiben als ein Präparat, das sie selbst bezahlen müssen. Hose resümierte, dass er das größte Hindernis für eine sinnvolle Anwendung von Phytopharmaka in der durch das GKV-Modernisierungsgesetz (2004) eingeführten Kopplung der GKV-Erstattung an den Zulassungsstatus "verschreibungspflichtig" sieht.
Arzneipflanzengärten für die Öffentlichkeitsarbeit
Öffentliche Arzneipflanzengärten heißen oft Apothekergärten, weil sie oft aufgrund einer Initiative von Apothekern angelegt wurden oder auch von ihnen unterhalten werden. Die Identifikation von Arzneipflanze und Apotheke schwindet jedoch allmählich. Immerhin hat Dr. Alexander Schenk, der inzwischen seine Hauptwirkungsstätte nach Constanta in Rumänien verlegt hat, in den letzten 15 Jahren etwa 30 Apothekergärten in Deutschland geplant. Der größte dieser Gärten befindet sich in Ulm auf dem Eselsberg in der Nähe des Universitätsgeländes. Der kleinste Garten war ein "In-door-Garten" auf der Expopharm 2001.
Schenk hält diese Gärten, die er nach den Wünschen seiner Auftraggeber sehr unterschiedlich gestaltet hat, für hervorragende Medien der Wissensvermittlung, ja in einem Fall sogar für eine Art "Open-air-Bibliothek". Die Schwerpunkte liegen teils bei den pflanzlichen Wirkstoffen, teils bei den hauptsächlichen Indikationen, teils bei den historischen Aspekten der Phytotherapie. Unverzichtbar sind große Schautafeln mit allgemeinverständlichen Texten, oft unterstützt durch Fotos und Grafiken.
Wie geht‘s weiter?
Der Jubiläumskongress der GPT gab den Mitgliedern ausreichend Anregungen und Gelegenheit, die Ziele der Gesellschaft, das Erreichte, die Defizite und künftige Strategien ihrer Arbeit zu reflektieren. Die wissenschaftliche Forschung war deshalb in diesem "etwas anderen" Kongress nur in den ausgestellten Posters und in privaten Gesprächen ein Thema. Dies war kein Mangel, sondern eine Notwendigkeit, um die GPT neu zu positionieren. Auf die Ergebnisse darf man gespannt sein.
Ehrungen
Anlässlich des 40-jährigen Bestehens der GPT wurden folgende Mitglieder mit der Verleihung der neu geschaffenen Ehrennadel der Gesellschaft besonders geehrt.
- Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Fritz H. Kemper, Münster,
- Prof. Dr. Hans D. Reuter, Köln,
- Dr. Bernd Eberwein, Gaienhofen,
- Dr. Frauke Gaedcke, Koblenz,
- Prof. Dr. Heinz Schilcher, Berlin,
- Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Hildebert Wagner, München.
Prof. Kemper ist Ehrenpräsident der Gesellschaft für Phytotherapie. Er war nicht nur einer der ersten, die sich im Bereich der Phytotherapie habilitiert haben, sondern hat sich auch früh auf breiter Ebene wissenschaftlich und politisch engagiert. Von 1992 bis 2008 war er Präsident der GPT, von 1992 bis 2010 Präsident der ESCOP, Mitglied mehrerer Kommissionen beim Bundesgesundheitsamt und hat darüber hinaus nicht nur in Europa, sondern auch international bei der WHO an der Setzung von Standards zu pflanzlichen Arzneimitteln mitgewirkt. Wie der Hauptgeschäftsführer des Europäischen Dachverbandes der Selbstmedikationsindustrie Dr. Hubertus Cranz, Brüssel, darlegte, hat Kemper maßgeblich dafür gesorgt, dass das mangelnde Vertrauen in die wissenschaftliche Phytotherapie auf der europäischen Ebene wiederhergestellt werden konnte. Dies hat in der Folge zur Einrichtung des permanenten Ausschusses für pflanzliche Arzneimittel (HMPC) bei der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) geführt, für Cranz der "Durchbruch" für die pflanzlichen Arzneimittel in Europa.
Prof. Reuter war Präsident der Gesellschaft für Phytotherapie von 1982 bis 1990 und von 1991 bis 1992. Er hat sich besonders um den Aufbau und die Pflege der Website der GPT verdient gemacht.
Dr. Eberwein war von 1987 bis 2005 stellvertretender Vorsitzender und von 2006 bis 2010 Schatzmeister der GPT.
Dr. Gaedcke hat sich bei den Arzneimittelherstellern für die Implementierung von Qualitätsstandards eingesetzt.
Prof. Schilcher und Prof. Wagner haben Bedeutendes in der Forschung und Lehre an Universitäten geleistet und durch ihre zahlreichen Publikationen die rationale Phytotherapie gefördert.
hb
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