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DAZ aktuell
Versorgungsforschung nimmt Fahrt auf
Über- und Unterversorgung
Probleme einer rationalen Arzneimittelversorgung sind aus der Sicht der Veranstalter derzeit zum einen bei der Versorgung älterer Menschen zu sehen. Bei diesen stellt eine Leitlinien-gerechte Therapie vielfach nicht immer das Optimum für den Patienten dar, weil auf diese Weise einfach zu viele Verordnungen anfallen. Daher gilt es, Behandlungen zu priorisieren und auf Basis der Priscus-Liste (siehe Kasten) gegebenenfalls auf potenziell inadäquate Medikationen für ältere Menschen zu verzichten.
Zum anderen stehen die häufig überflüssigen Antibiotika-Verordnungen für Kinder und Jugendliche im Fokus der Experten. Nach wie vor würden trotz besseren Wissens vielfach auf Wunsch der Eltern viral bedingte Atemwegserkrankungen und Mittelohrentzündungen mit Antibiotika behandelt, monierte der Hauptgeschäftsführer des DNVF Prof. Dr. Gerd Glaeske vom Zentrum für Sozialpolitik der Universität Bremen.
Er sieht aber durchaus auch Unterversorgung, so zum Beispiel bei Patienten mit Demenz, bei denen seiner Auffassung nach zu zurückhaltend mit Antidementiva umgegangen und stattdessen zu häufig mit Neuroleptika therapiert wird.
Was ist …... das DNVF Der gemeinnützige Verein "Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e.V." (DNVF) wurde am 2. Mai 2006 in Berlin gegründet. Derzeit arbeiten 48 wissenschaftliche Fachgesellschaften und Institute als ordentliche Mitglieder im DNVF mit. Nähere Einzelheiten sind dem 5-Jahresbericht des DNVF, erschienen im September 2011, zu entnehmen (http://www.netzwerk-versorgungsforschung.de/) ... die GAA Die Gesellschaft für Arzneimittelanwendungsforschung und Arzneimittelepidemiologie (GAA) ist eine Fachgesellschaft für Ärzte, Apotheker, Sozialwissenschaftler, Epidemiologen und Gesundheitswissenschaftler, die 1992 gegründet wurde. Näheres siehe: http://www.gaa-arzneiforschung.de/index_ger.html ... der DKVF-Kongress Im Jahr 2002 wurde an der Universität zu Köln der 1. Deutsche Kongress für Versorgungsforschung (DKVF) ausgerichtet. Mit den jährlichen Nachfolgekongressen wird seither versucht, die in Deutschland lange vernachlässigte Versorgungsforschung gemeinsam voranzubringen. Zum anderen werden über forschungspolitische Aktivitäten, z. B. die Erstellung von "Memoranden zur Versorgungsforschung" wichtige Entwicklungen auf diesem Fachgebiet gefördert. ... die Pricus-Liste Die Priscus-Liste potenziell inadäquater Medikamente (PIM) wurde im Rahmen des Projektes "Priscus" (lateinisch: "alt, altehrwürdig") erstellt. Es handelt sich hierbei um eines von sechs Verbundprojekten im Programm "Gesundheit im Alter" des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF). Näheres siehe Deutsche Apotheker Zeitung 2010, Nr. 33, S. 44 – 53. Die Liste beinhaltet derzeit 83 für ältere Patienten möglicherweise ungeeignete Arzneimittel, Therapiealternativen sowie weitere Empfehlungen für die klinische Praxis. Sie ist im Internet abrufbar unter: http://priscus.net/download/PRISCUS-Liste_PRISCUS-TP3_2011.pdf |
Die "Epoche des Patienten" bricht an
Darüber hinaus haben sich die Versorgungsforscher im Sinne einer Verbesserung der Arzneimitteltherapie die Förderung der Patientenorientierung auf die Fahnen geschrieben. Nach der "Epoche des Chefarztes" und der "Epoche der Ökonomie" kommt nun die "Epoche des Patienten", meinte der stellvertretende Vorsitzende des DNVF, Prof. Dr. Edmund Neugebauer von der Universität Witten-Herdecke und sprach in diesem Zusammenhang gar von einem "Paradigmenwechsel". Untersuchungen zufolge wollen 60 bis 70% der Patienten auf Augenhöhe mit dem Arzt über ihre Therapie mitentscheiden. Um sie hierzu zu befähigen, wollen die Fachgesellschaften neben den Leitlinien für die Therapie nun vermehrt auf Patientenleitlinien setzen.
Recht gut vernetzt
"Brücken schlagen" zwischen den Disziplinen und Beteiligten an der Versorgung ist aus der Sicht der Versorgungsforscher, denen Prof. Dr. Holger Pfaff, Institut für Medizinsoziologie, Versorgungsforschung und Rehabilitationswissenschaft an der Universität zu Köln, als Vorsitzender des DNVF wissenschaftlich vorsteht, auf ihrem Fachgebiet unverzichtbar. Für diese Aufgabe haben sich die unterschiedlichsten Fachbereiche aus seiner Sicht inzwischen recht gut vernetzt, und medizinische, pharmazeutische, psychosoziale und gesundheitswissenschaftliche Disziplinen kooperieren eng miteinander. Ausgerichtet auf die Zukunft, wird derzeit zum einen stark an methodischen Fragestellungen gefeilt, und zum anderen betreibt das Netzwerk laut Pfaff eine nachhaltige Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses.
Finanzausstattung muss besser werden
Genauso unverzichtbar wie die Vernetzung der Versorgungsforschung ist aber auch eine angemessene Finanzausstattung, und hier hapert es offenbar bis dato noch ganz beträchtlich. Dabei wäre, so die Einschätzung von Pfaff und Prof. Dr. Sebastian Harder, Vorsitzender der GAA, mit einem Euro pro Versichertem und Jahr, das heißt einem Jahresetat von rund 80 Mio. Euro schon viel gewonnen. "Wir brauchen nicht nur eine Evidenz-basierte Medizin, sondern auch eine Evidenz-basierte Gesundheitsversorgung," meint Pfaff, die dann, so hofft Glaeske, am Ende auch zu einer Evidenz-basierten Gesundheitspolitik führen sollte.
Derzeit wird dort noch weitgehend schlichtweg im "Blindflug" agiert, meine Glaeske und beklagte die nach wie vor erschreckend mangelhafte Evaluierungsqualität im gesamten Gesundheitssystem.
Auf dem Weg zu internationalen Standards
Von einer besseren Finanzausstattung erhoffen sich die Versorgungsforscher im Übrigen auch einen schnelleren Anschluss an diesbezügliche internationale Standards. Punktuell hat man zwar bereits gute Ergebnisse vorzuweisen, aber in der Breite fehlt es aus Sicht der Experten noch an den erforderlichen Strukturen für die Datenerhebung. Weltweit haben die US-Amerikaner mit 40 Jahren Erfahrung auf diesem Fachgebiet die Nase vorn, und in Europa sind derzeit die Niederländer und die Finnen am besten aufgestellt.
Kongress-"Splitter"
• Trends in der Verordnung von Opioiden. Eine Untersuchung von Versichertendaten der AOK Hessen/KV Hessen hinsichtlich der Behandlungsprävalenz bei Opioiden und deren Einsatz bei Tumor- und Nichttumorerkrankungen über einen Zeitraum von zehn Jahren (2000 bis 2009) hat gezeigt, dass nicht nur die Zahl der Opioidempfänger, sondern auch die Zahl der Tagesdosen je Empfänger deutlich zugenommen hat. Im Vergleich zum Jahr 2000 scheinen längere und/oder intensivere Therapien durchgeführt zu werden. Der überwiegende Anteil der Verordnungen erfolgt für Nichttumorschmerzen. An erster Stelle steht die Verordnung von Tramadol (2009: 2,44%), gefolgt von Tilidin/ Naloxon (2009: 1,4%). Die Behandlungsprävalenz mit retardierten Präparaten nahm deutlich zu (2000: 1,04%, 2009: 2,58%), bei Pflasterzubereitungen stieg sie von 0,20% im Jahr 2000 auf 0,66% im Jahr 2009 (Ihle P et al. http://www.egms.de/en/meetings/dkvf2011/11dkvf001.shtml).
• Missbrauch von niedrig potenten Opioiden? Auf der Basis von Verordnungsdaten der Gmünder ErsatzKasse (GEK) aus dem Jahr 2009 und einem Abgleich von Zahlen aus dem Arzneiverordnungs-Report (AVR) mit Daten der Einkaufsstatistik der öffentlichen Apotheken (IMS Health) wurde analysiert, inwieweit die niedrig potenten Opioide Tramadol und Tilidin/Naloxon in Deutschland möglicherweise missbräuchlich angewendet werden. Im Ergebnis wiesen unter den Versicherten mit mindestens einer entsprechenden Verordnung 8,6% einen Tramadol- und 17,2% einen Tilidin-Hochverbrauch auf. Außerdem war die durchschnittlich verordnete DDD-Menge besonders bei Tilidin/Naloxon-Präparaten mit 113,3 DDD sehr hoch und auch der Anteil an Tropfen mit ca. 15% nennenswert. Da der Unterschied zwischen den AVR-Daten und den IMS Health-Daten höher lag, als bei einer Normalverteilung zu erwarten wäre, schließen die Autoren auf einen möglichen Missbrauch der beiden Substanzen (Tholen K et al http://www.egms.de/en/meetings/dkvf2011/11dkvf158.shtml).
• Versorgung von Hypertonikern. Nach einer Querschnittsstudie auf der Basis von GKV-Routinedaten von rund 550.000 Hypertonie-Patienten der AOK-Niedersachsen aus dem Jahr 2008 erhielt jeder diagnostizierte Hypertoniker 7,4 unterschiedliche Wirkstoffe pro Jahr, darunter 2,1 antihypertensive Wirkstoffe. Etwa zwei Drittel erhielten eine antihypertensive Kombinationstherapie aus mindestens zwei Wirkstoffen. Die Auswahl der Wirkstoffklassen unterschied sich nach Geschlecht, Alter und Einkommen der Patienten: beispielsweise wurden Betablocker häufiger jüngeren männlichen Patienten verordnet, ältere Patienten erhielten eher ein Diuretikum oder einen Calciumkanalblocker, Besserverdienende etwas häufiger ein Sartan. Hinsichtlich der betrachteten Komorbiditäten Asthma, COPD und Diabetes bekam nur ein Teil der Patienten die Wirkstoffe, die in den Leitlinien für die Therapie primär empfohlen wurden (Eberhard S et al. http://www.egms.de/en/meetings/dkvf2011/11dkvf006.shtml).
• Hohe Ausgabenunterschiede bei Antidepressiva. Die Auswertung anonymisierter Rezeptdaten von 40 Millionen GKV-Patienten einer Routinedatenbank des Informationsdienstleisters Insight Health aus dem Jahr 2010 ergab, dass in diesem Zeitraum mindestens 3,0 Millionen Versicherte eine Antidepressivum-Verordnung (AD-Patienten) erhielten. Den höchsten Anteil an AD-Patienten hatten die Altersgruppen ab 40 Jahren aufwärts. 70% aller AD-Patienten waren weiblich. Aus der Sicht der Autoren überraschend waren die erheblichen Unterschiede bei den Ausgaben pro Patient zwischen den einzelnen KV-Regionen: Die niedrigsten patientenbezogenen Ausgaben hatte Bremen mit 110 Euro und Mecklenburg-Vorpommern mit 210 Euro die höchsten. Über dem Schnitt von 163 Euro liegen besonders Thüringen, Brandenburg, Sachsen und Sachsen-Anhalt. Die Anzahl der Verordnungen schwankte von Region zu Region zwischen 3,5 Verordnungen pro AD-Patient in Sachsen und 4,6 im Saarland. Die niedrigsten Ausgaben pro AD-Verordnung verbucht Bremen (30 Euro), die höchsten Mecklenburg-Vorpommern (56 Euro) (Bensing C et al. http://www.egms.de/en/meetings/dkvf2011/11dkvf010.shtml).
• KHK-Behandlung abhängig vom Geschlecht. Eine großangelegte Recherche in relevanten wissenschaftlichen Datenbanken im Rahmen der Überarbeitung der Nationalen Versorgungsleitlinien "Chronische KHK" hat ergeben, dass die Datenlage hinsichtlich der Behandlung von Frauen nach wie vor mangelhaft ist. Weiterhin zeigte sich für beide Geschlechter eine vergleichbare Effektivität von ASS, Clopidogrel und Statinen in der Sekundärprävention kardiovaskulärer Ereignisse. Befürchtungen einer erhöhten nichtkardialen Mortalität bei Frauen unter Lipidsenkern, insbesondere durch Karzinome, haben sich nicht bestätigt. Durch die unterschiedliche Pharmakokinetik kommt es in der Behandlung mit CYP2D6-metabolisierten Betarezeptorenblockern bei Frauen häufig zu deutlich stärkeren Wirkungen in Bezug auf die Herzfrequenz und Blutdrucksenkung aber auch schwerwiegenden unerwünschten Arzneimittelwirkungen. Die bisherigen Studien mit ACE-Hemmern- und Calciumkanalblockern geben noch keinen Aufschluss darüber, inwieweit die beobachteten pharmakokinetischen Unterschiede wirklich klinisch relevant sind. Der Husten als häufigster Nebeneffekt der ACE-Hemmer war jedoch in allen Studien bei Frauen häufiger als bei Männern (Conrad S et al. http://www.egms.de/en/meetings/dkvf2011/11dkvf100.shtml).
• Verschreibung von Antidementiva. Eine Studie auf Basis von Routinedaten der Gmünder Ersatzkasse der Jahre 2004 bis 2006 analysierte die Verschreibungen von Antidementiva für 1848 Patienten (65 Jahre und älter) mit erstmalig aufgetretener Demenz. Bei den Patienten waren folgende Diagnosen gestellt worden: 50,2% Demenz unspezifischer Ätiologie, 13,9% vaskuläre Demenz, 7,7% Alzheimer Demenz und 0,8% Demenz spezifischer Ätiologie. Bei 27,4% der Patienten wurden verschiedene Ätiologien vermerkt. Im ersten Jahr nach Diagnose erhielten 72,6% aller Patienten gar keine Antidementiva. Cholinesteraseinhibitoren und/oder Memantine in einer angemessenen Dosierung bekamen 7,9% der Patienten verordnet, in einer inadäquaten Dosierung weitere 11,7%, und 7,8% erhielten andere Antidementiva. Die Autoren folgern, dass bei der großen Mehrheit der Patienten mit erstmalig festgestellter Demenz keine sichere ätiologische Zuordnung vorgenommen wurde. Außerdem erhielt die Mehrheit aller untersuchten Patienten im ersten Jahr nach Diagnose keine demenzspezifische Medikation (Kaduszkiewicz H et al. http://www.egms.de/en/meetings/dkvf2011/11dkvf230.shtml).
• Arzneimittelversorgung von Heimbewohnern. Der Öffentliche Gesundheitsdienst NRW überprüfte durch Dokumentation und Auswertung von Apothekenbegehungen und durch Befragung von 82 Apothekenleitern erstmals den Betreuungsumfang durch die heimversorgenden Apotheken. Außerdem wurde zum zweiten Mal nach 2001 die Qualität beim Stellen der Arzneimittel in Heimen analysiert. Im Ergebnis zeigte sich, dass knapp 30% der versorgenden Apotheken die Leitlinie der Bundesapothekerkammer zur Heimversorgung nicht kannten. Obwohl ungefähr zwei Drittel der überprüften Apotheken den Pflegekräften wichtige Hinweise über die richtige Anwendung von Arzneimitteln gaben, konnte nur bei 35% der befragten Apotheker festgestellt werden, dass sie mit den verordnenden Ärzten "auf Augenhöhe" kommunizieren. Im Vergleich zur Untersuchung 2001 wurden weniger Stellfehler beobachtet (Pixberg T et al. http://www.egms.de/en/meetings/dkvf2011/11dkvf016.shtml).
• Qualität von Magistralrezepturen aus Apotheken. Im Jahr 2009 wurden im Bereich der GKV ca. 16 Millionen Magistralrezepturen verordnet und in Apotheken hergestellt. Knapp die Hälfte der Verordnungen stammte von Dermatologen. Bislang gibt es nur wenige systematische Untersuchungen über die Qualität dieser Rezepturen. Im Kreis Wesel und in der Stadt Krefeld wurden durch den Pharmazeutischen Dienst in den Jahren 2006 bis 2010 insgesamt 53 Rezepturproben meist von Cremes und Salben, die im Rahmen der Routineüberwachung von 285 Apotheken gezogen worden waren, auf ihre Qualität hin untersucht. 22,6% der Proben waren nicht zu beanstanden. Mehr als 80% der Proben waren fehlerhaft gekennzeichnet. Bei rund einem Viertel stimmte der Gehalt nicht und 13,2% enthielten sogar falsche Wirkstoffe (7 von 53 Proben) (Wessel T. http://www.egms.de/en/meetings/dkvf2011/11dkvf184.shtml).
• Unabhängige Arzneimittelberatungsdienste. Seit 2001 gibt es am Institut für Klinische Pharmakologie der Technischen Universität Dresden einen unabhängigen Arzneimittelberatungsdienst für Patienten, der seit einiger Zeit auch überregional in Anspruch genommen werden kann. Nach einer Untersuchung hat der Beratungsdienst im Jahr 2007 1350 und im Jahr 2010 2505 Anfragen bearbeitet. Dies entspricht einem Anstieg des Anfrageaufkommens von 85,6%. Im Jahr 2010 waren neben Sachsen (17,1%) auch andere Bundesländer wie Nordrhein-Westfalen (14,6%), Bayern (11,9%) sowie Hessen (8,2%) mit Anfragen stark vertreten. Der Anteil weiblicher Anrufer lag bei rund 60% und das Durchschnittsalter der Ratsuchenden bei 63,5 Jahren (2010). Im Vergleich mit 2007 forderten die Ratsuchenden im letzten Jahr mehr Informationen zu Therapieoptionen (55,7% vs. 65,5%) sowie zur konkreten Arzneimitteltherapie (36,9% vs. 50,8%). Außerdem haben sie Anfragen zu sozialrechtlichen Themen, beispielsweise zu Kosten und Erstattungsfähigkeit von Arzneimitteln verdoppelt (7,3% vs.14,2%) (Lochner S, Schroeder J, Goltz L, Kirch W. http://www.egms.de/en/meetings/dkvf2011/11dkvf204.shtml).
• Telefonische Arzneimittelberatung durch Krankenkassen. In zehn Jahren Laufzeit des Projektes "BKK Arzneimittelberatung" als Kooperation zwischen elf Betriebskrankenkassen mit ca. 3 Millionen Versicherten und dem Zentrum für Sozialpolitik der Universität Bremen wurden im Rahmen der telefonischen Beratung bis einschließlich 2010 insgesamt rund 47.000 Anrufe registriert. Je 45% der Anrufe entfielen auf Versicherte und Mitarbeiter der Krankenkassen. Arztpraxen und Apotheken waren mit unter 3% wenig vertreten, obwohl diesbezüglich in den letzten Jahren ein Anstieg zu beobachten ist. Insgesamt ist die Zahl der Anrufe auch unter Berücksichtigung der ebenfalls ansteigenden Anzahl der Versicherten über die Jahre kontinuierlich angestiegen. Mit einem Anteil von 58% war die Verordnungsfähigkeit von Arzneimitteln am häufigsten Gegenstand von Anfragen, gefolgt von Fragen zur Pharmakologie (17%) und Anfragen zu Zuzahlung oder zu Arzneimittelpreisen (14%). Seit 2008 werden vermehrt auch Anfragen zu Rabattverträgen (nach §130c SGB V) gestellt. Die Autoren schließen hieraus auf ein zunehmendes Informationsdefizit bei den sozialrechtlichen Bestimmungen für die Verordnung von Arzneimitteln, deren Erläuterung vielfach eine spezielle Fachkenntnis verlangt (Peters H et al. http://www.egms.de/en/meetings/dkvf2011/11dkvf212.shtml).
DAZ 2011, Nr. 44, S. 38
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