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- DAZ 8/2011
- Impfen gegen Krebs
Arzneimittel und Therapie
Impfen gegen Krebs
Weltweit sind ungefähr 21% aller Krebserkrankungen mit Infektionen assoziiert. An der Tumorentstehung können Viren, Bakterien und Parasiten beteiligt sein. Bekannte Beispiele sind HPV-assoziierte Erkrankungen im Genitalbereich, Lebertumore durch Hepatitis-Viren oder die Beteiligung von Helicobater pylori beim Magenkrebs (siehe Tabelle). Der Zusammenhang zwischen einer Infektion mit onkogenen Erregern und dem Tumorgeschehen hat sich bereits in der Therapie und – was weitaus bedeutsamer ist – in der Prävention niedergeschlagen. So ist heute mit Impfstoffen gegen das Hepatitis-B-Virus und gegen Hochrisiko-Papilloma-Viren eine Prävention Virus-assoziierter Krebserkrankungen möglich. Für die Hepatitis-B-Impfung, die vor rund zwanzig Jahren eingeführt wurde, kann gezeigt werden, dass das Risiko, an einem Lebertumor zu erkranken, durch die Impfung um 70% gesenkt wird. Für die Impfung gegen Hochrisiko-HP-Viren kann bislang gezeigt werden, dass sie die Vorstufen von Zervixkarzinomen verhindert. Da zwischen einer Infektion mit humanen Papilloma-Viren und der Manifestation der Tumorerkrankung eine lange Latenzzeit von fünfzehn und mehr Jahren liegt, ist noch nicht erwiesen, ob die Impfung tatsächlich die Tumorerkrankung verhindert, alle Daten deuten aber darauf hin.
Viren als Auslöser von Krebs und mögliche Interventionen | ||||
krebsauslösende Infektionen |
prozentualer Anteil an krebsauslösenden Infektionen |
Eliminierung der Infektion |
Prävention der Infektion |
Bemerkungen |
Parasiten
|
0,8% |
Chemotherapie |
– |
erneute Infektion nach Eliminierung möglich |
Bakterien
|
35,0% |
Antibiotika |
– |
erneute Infektion nach Eliminierung möglich |
Viren
|
38,4% |
– |
Impfung |
langfristiger Schutz |
Viren
|
25,8% |
– |
partiell möglich
Vermeidung sexueller Übertragung
(HHV-8, Hepatits C)
Vermeiden von Stillen (HTLV-1)
|
– |
Die globale Anwendung beider derzeit zur Verfügung stehenden Impfstoffe (gegen Hepatitis B und HPV) würde das Auftreten von Tumoren bei Frauen um 12 bis 15%, bei Männern um 4 bis 5% verringern. Dem stehen allerdings einige Hürden entgegen: Für Entwicklungsländer sind die Impfstoffe zu teuer, Transport und kühle Lagerung sind nicht immer gewährleistet und die invasive Applikation der Impfstoffe setzt eine aseptische Applikation voraus.
Risiko Rindfleisch?
Es ist bekannt, dass der Verzehr von rotem Fleisch mit einem höheren Risiko für Brustkrebs, Tumoren der Lunge und des Pankreas sowie für kolorektale Tumore einhergeht. Diese Krebsarten treten gehäuft in Regionen auf, in denen viel rotes Rindfleisch verzehrt wird, so etwa in Argentinien, Neuseeland und den USA. Doch was ist der Grund dafür? Das erhöhte Tumorrisiko wird meist mit der Art der Fleischzubereitung – Grillen oder Braten bei hohen Temperaturen führt zur Entwicklung kanzerogener Stoffe – begründet. Warum der Verzehr von weißem Fleisch, das gleich zubereitet wird, nicht mit einer erhöhten Krebsinzidenz einhergeht, kann dadurch nicht erklärt werden. Möglicherweise spielen auch hier Viren eine Rolle. Stimmt diese Vermutung, müssen diese Viren folgende Bedingungen erfüllen:
Erstens: Sie sind für ihren ursprünglichen Wirt (das Rind) nicht gefährlich und können sich dort vermehren, ohne das Tier krank zu machen.
Zweitens: In einem anderen Wirt wie dem Menschen können sie sich nicht vermehren, aber zu Zellveränderungen führen.
Drittens: Die Viren müssen etwas Hitze aushalten. Diese Bedingungen erfüllen Polyomaviren, die relativ hitzestabil sind (rotes Fleisch wird oft medium verzehrt, was einer Zubereitungstemperatur von 50 bis 70 Grad entspricht; diese Temperaturen töten das Virus nicht ab).
Ob sich der Verdacht, dass Polyomaviren bei der Pathogenese von Tumorerkrankungen eine Rolle spielen, bestätigt, wird derzeit untersucht.
Quelle
Prof. Dr. Harald zur Hausen, Heidelberg: "Impfen. Wirklichkeit und Vision", 2. Nationale Impfkonferenz, Stuttgart, 8. und 9. Februar 2011.
Apothekerin Dr. Petra Jungmayr
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