Gesundheitspolitik

Eine Frage des Stils

Es war eine Art Shitstorm, der da vor allem über den Gesundheitsminister in der vergangenen Woche auf DAZ.online herniederging. Für alle, die es online nicht mitverfolgten: Gesundheitsminister Daniel Bahr hatte einen Arzt ("Praxis ohne Grenzen") besucht, der nicht aufgebrauchte Arzneimittel aus Pflegeheimen bedürftigen Mitmenschen zukommen lassen möchte. Danach hatte Bahr die Überlegung geäußert, nachdenken zu wollen, ob dies, da prinzipiell keine verkehrte Idee, machbar sei. Wir berichteten auf DAZ.online darüber. Daraufhin setzte ein Sturm der Entrüstung über Bahr und diesen Vorschlag ein. Etwa fünf bis zehn der zahlreichen Kommentareinträge zu diesem Thema allerdings hatten, um es vorsichtig auszudrücken, Stammtisch-Niveau, im Klartext: Bahr wurde bis an die Grenze des Zumutbaren beschimpft, woraufhin er sich selbst auf DAZ.online einmischte ("Einige Kommentare sind nur noch peinlich"). Die Auseinandersetzung mit den Apothekern und Bahr auf DAZ.online schaffte es sogar in die Tageszeitungen, in Spiegel online und ins Morgenmagazin von ARD und ZDF. Immerhin, es waren auch Einträge dabei, die deutlich machten: "Ich schäme mich für diese Kollegen, ich schäme mich, Apotheker zu sein."

Ein Ruhmesblatt für die auf unterem Niveau kommentierenden Apothekerinnen und Apotheker war diese Auseinandersetzung nicht. Auch wenn es nur wenige Personen sind, die hier im Schutze der Anonymität des Internet ihren Frust über die derzeitige Gesundheitspolitik, über AMNOG und nicht angepasstes Honorar auslassen: Ein solches Verhalten kann das Bild der Apotheker in der Öffentlichkeit ein Stück weit mitprägen. Auch bei Gesundheitspolitikern waren es dann schnell "die" Apotheker, die sich ungezogen benehmen, keine Diskussionskultur haben und nur Beschimpfungen ablassen können. Das schafft schlechte Stimmung, und dies in einer Zeit, in der die Apotheker eine Anpassung ihres Honorars, ihrer Notdienstgebühren und eine Absenkung des Kassenabschlags fordern.

Wir von der DAZ- und DAZ.online-Redaktion haben jedes Verständnis für Apotheken, die sich in schwieriger und zum Teil desolater Situation befinden. Sachliche und laute Kritik an der Politik ist erlaubt, muss sein. Sie darf auch mit deutlichen Worten erfolgen. Aber sie darf nicht in unflätigen Beschimpfungen und derben Kraftausdrücken enden. Es ist eine Frage des Stils im Umgang miteinander. Wer sich so benimmt, hat gleich verloren. Da wurden Chancen vertan, schade.


Peter Ditzel



AZ 2012, Nr. 18, S. 1

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