Gesundheitspolitik

GKV sieht neue Kostenlawine bei Arzneimitteln

Verordnungstrend zu teureren Präparaten

Berlin (lk). Seit Jahresbeginn nutzen die gesetzlichen Krankenkassen die monatlichen Vorabmeldungen des Deutschen Apothekerverbandes (DAV) über die Ausgabenentwicklung im Arzneimittelmarkt für politische PR-Zwecke. Mit Blick auf die Diskussion über Milliarden-Überschüsse der Kassen warnt der GKV-Spitzenverband regelmäßig zu Monatsbeginn vor kräftig steigenden Ausgaben und davor, die Reserven anzutasten. Doch bei genauer Betrachtung ergibt sich ein anderes Bild. Die Apotheker tragen keine Schuld. Aber es gibt einen Trend zu teureren Verordnungen.

In den ersten drei Monaten des Jahres 2012 sind die Ausgaben der gesetzlichen Krankenkassen für Arzneimittel zwar nach einer DAV-Frühinformation um 4,5 Prozent gestiegen. Daraus lässt sich jedoch für das Gesamtjahr keine milliardenschwere Ausgabensteigerung ableiten. Im März verlangsamte sich der Ausgabenanstieg bereits. Vielmehr kommt der DAV in seiner Jahresschätzung für 2012 auf einen Ausgabenanstieg in Höhe von "nur" 1,55 Prozent.

Trotzdem sieht der GKV-Spitzenverband eine neue Kostenwelle auf sich zurollen: "Wenn das so weitergeht, landen wir bis zum Jahresende allein für Medikamente bei Mehrausgaben von über einer Milliarde Euro", so Florian Lanz, Sprecher des GKV-Spitzenverbands, zu den aktuellen Daten. "Die Kosten für die Krankenhäuser steigen in diesem Jahr um rund drei Milliarden Euro auf den Rekordwert von über 63 Milliarden Euro, und auch die Honorare der niedergelassenen Ärzte und für die Zahnärzte nehmen beständig zu. Vor diesem Hintergrund ist es vernünftig, die Überschüsse aus dem vergangenen Jahr zu sichern und als Rücklagen für die künftige Versorgung der Versicherten zurückzulegen", sagte Florian Lanz gegenüber DAZ.online.

Laut DAV-Zahlen hat sich der Ausgabenanstieg im März jedoch auf 2,8 Prozent nach 5,5 Prozent im Januar und 5,2 Prozent im Februar abgeschwächt. Relevant für das 1. Gesamtquartal ist zudem, dass es 2012 einen Arbeitstag mehr gab als im Vorjahr. Die Zahl der ausgestellten Rezepte stieg bis Ende März um 1,2 Prozent. Da noch immer der von der Bundesregierung verhängte Preisstopp gilt, wirkt sich beim Ausgabenanstieg die Strukturkomponente aus. Den Kassen zufolge kommt es vermehrt zu einem Switch von Generika zu teureren, patentgeschützten Arzneimitteln, beispielsweise bei Rheumaerkrankungen. Zu beachten ist zudem: Traditionell liegen die Arzneimittelausgaben in den Wintermonaten über dem Jahresdurchschnitt.

Erste Zahlen des norddeutschen Apothekenrechenzentrums NARZ belegen den Trend zu teureren Verordnungen der Ärzte: Danach ist die Zahl der Rezepte in Norddeutschland in den ersten drei Monaten dieses Jahres um 0,93 Prozent ebenso gesunken wie die Zahl der abgegebenen Rx-Packungen (minus 0,98 Prozent). Deutlich gestiegen mit plus 5,3 Prozent auf 71,99 Euro ist die Taxe je Rezept. Auch der Durchschnittswert für jede abgegebene Rx-Packung stieg im ersten Quartal um 5,35 Prozent auf 43,12 Euro.

Auf die höchste Steigerung kamen den Angaben zufolge die Kassen im Bereich Nordrhein mit 9,3 Prozent, gefolgt von Hamburg mit sieben Prozent und Berlin mit 6,7 Prozent. In den neuen Bundesländern lag der Ausgabenzuwachs durchgehend unter dem Durchschnitt. Thüringen schaffte als einziges Land eine Verringerung, und zwar um 3,8 Prozent.



AZ 2012, Nr. 19, S. 8

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