Management

Aus Fehlern lernen

Erfahrungen eines Filialunternehmers

AUGSBURG (rb). Bei der Übernahme einer Apotheke als Filiale kann man vieles falsch machen. Wer im Laufe der Jahre mehrere Filialen erwirbt, lernt in der Regel erheblich dazu. Doch nicht jeder lässt sich bei diesem Lernprozess gern in die Karten blicken. Umso erfreulicher, dass Dr. Peter Sandmann, der gemeinsam mit seiner Frau einen Filialverbund von sieben Apotheken betreibt, beim Bayerischen Apothekertag in einem Vortrag offen über seine Erfahrungen berichtete.


Es gibt unterschiedliche Motive für den Erwerb einer Filiale: Reine Zukunftsangst oder Revierverteidigung führen nicht unbedingt zu wirtschaftlich sinnvollen Entscheidungen. Wer sich als Ziel setzt, sein Einkommen zu verbessern bzw. sogar seine Zukunft strategisch zu planen, wird letztlich erfolgreicher sein.

Sandmann räumte ein, dass bei der Übernahme seiner ersten Filiale, im Jahr 2004, noch vieles schiefgelaufen sei. Die Apotheke, die ihm damals angeboten wurde, war stark heruntergekommen, er musste viel Geld in die Renovierung investieren. Und schnell erkannte er das Problem Nr. 1 bei Filialen: Durch hohe Anfangsinvestitionen ergibt sich eine ungünstige Kostenstruktur – und darüber hinaus muss man sich damit arrangieren, als Inhaber nicht mehr die "Marke" zu sein. Der Kunde sieht nicht mehr den Apothekenbesitzer als Chef, sondern den Filialleiter. Schnell erwies sich Sandmanns erste Filiale als finanzieller Problemfall – die Einnahmen trugen gerade eben die Kosten. "Klassischer Fall einer Querfinanzierung", urteilt Sandmann heute, acht Jahre später. Sein Rat: Hinterfragen Sie kritisch, kalkulieren Sie genau, rechnen Sie Risikomargen ein, verlassen Sie sich keinesfalls auf Zahlen Ihres Vorgängers!

Mit dem Unternehmen wachsen

Beim Kauf der zweiten Filiale im Jahr 2005 war das Ehepaar Sandmann schon erfahrener: "Wir hatten ein bisschen gelernt und haben nicht mehr so viel Geld reingesteckt." Doch erst beim Erwerb der dritten Filiale und damit fünften Apotheke im Jahr 2007 war Sandmann mit sich zufrieden: "Da haben wir alles richtig gemacht." Seine vorerst letzte und siebte Filiale hat das Ehepaar 2011 übernommen. "Wir sind mit dem Unternehmen mitgewachsen", sagt Sandmann heute. Zurückblickend berichtet er von einer Menge Stress, die er und seine Frau erlebt haben. "Es gab immer Unruhe im Unternehmen. Wir hatten keine Erholungsphasen, es war immer was los." Der Druck und die Belastung stiegen und Sandmann stellte nach und nach fest, dass die alten Strukturen der Unternehmensgröße nicht mehr entsprachen. Im Laufe der Zeit führte er schrittweise strukturelle Veränderungen ein, die sich als richtig und erfolgsträchtig erwiesen.

Strukturelle Veränderungen

Der erste Schritt war die Einführung einer vernetzten Warenbewirtschaftung. Es folgten die Zentralisierung von Buchhaltung und Fakturierung. Ab 2008 etablierte Sandmann ein Zentrallager mit einer nur für den Einkauf zuständigen, extra dafür geschulten PTA als Leiterin. 2009 wurde die Heim- und Pflegedienstversorgung zentralisiert. Und im letzten Schritt, im Jahr 2011, gelang die Umstellung auf eine digitale Datenarchivierung, die nun von überall aus für alle zugänglich ist. Die zentrale Verwaltung ist heute auch für das Personal zuständig, führt Stundentabellen und Urlaubslisten, prüft Gehälter und gibt diese frei. "Delegieren ist für den Erfolg wichtig", sagt Sandmann.

Seine eigene Aufgabe besteht inzwischen darin, dass er gemeinsam mit seiner Frau als Inhaber der sieben Apotheken das "CI" (Corporate Identity) und die Markenbildung des Unternehmens vorgibt. Den Inhabern unterliegt außerdem das Controlling von Einkauf, Heimbelieferung und Umsatz. Weiterhin entwickeln und setzen sie Qualitätsstandards und beurteilen die Filialleiterinnen. Regelmäßig finden Filialleitertreffen statt, in denen man sich über das geschäftliche Vorgehen abstimmt.

Das Personal hegen und pflegen

Im Ergebnis beurteilt Sandmann den gesamten Geschäftsverlauf heute äußerst positiv. "Der Panikgedanke ist raus", sagt er. Sein Filialverbund kann niedrige Margen kompensieren und Einkaufsvorteile nutzen. Das bessere betriebswirtschaftliche Ergebnis erlaubt es ihm, in mehr Personal zu investieren und die Mitarbeiter auch gut zu entlohnen. "Unsere Filialeiter werden gehegt und gepflegt", sagt Sandmann. Sie werden in die Liquiditätsplanung mit einbezogen, sie führen Personalgespräche und Teambesprechungen, beurteilen die eigenen Mitarbeiter hinsichtlich einer leistungsorientierten Bezahlung und dürfen 90 Prozent aller Entscheidungen selbst treffen.

Die verschiedenen Apotheken erlauben ihm eine breite Angebotspalette: z. B. die Hilfsmittelbelieferung vieler Kassen, Laborleistungen, Schulungen und Vorträge, patientenindividuelles Verblistern, schnelle Herstellung auch komplizierter Rezepturen, Bring- und Lieferservice, kosmetische Behandlung und medizinische Fußpflege.

Die Filialisierung – also eine Erfolgsgeschichte? Für Sandmann ja! Interessierten, die sich erst jetzt auf den Weg machen, rät er, sich unbedingt betriebswirtschaftliche Kompetenz zu holen oder selbst aufzubauen. Er selbst habe sich konsequent viele Stunden und Tage mit seinem Steuerberater zusammengesetzt und sich so viel Wissen angeeignet. Außerdem müsse man bereit sein, stetig zu lernen und sich anzupassen: Per aspera ad astra – nur über raue Pfade gelangt man zu den Sternen!



AZ 2012, Nr. 21, S. 7

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