Management

Vom Umgang mit twitternden Mitarbeitern

Neue Führungsherausforderung für den Apotheker

Twitternde Mitarbeiter, die per Mail und SMS kommunizieren und sich häufig in den sozialen Netzwerken aufhalten: Auch Apotheker haben immer öfter mit Mitarbeitern zu tun, für die der Aufenthalt im Netz selbstverständlich ist. Dabei stellt sich die Frage: Müssen die "Twitter-Mitarbeiter" anders geführt werden als die älteren Mitarbeiter, die nicht mit dem Internet aufgewachsen sind?

Durch das Internet und die sozialen Netzwerke werden die Apotheker mit vollkommen neuen Herausforderungen konfrontiert: So gibt es immer mehr Kunden, die nach dem Apothekenbesuch nichts Eiligeres zu tun haben, als in einem sozialen Netzwerk eine Bewertung der Apothekenleistung vorzunehmen und einen Kommentar zu posten. Das hat Vor- und Nachteile: Einerseits werden die Apotheker motiviert, noch mehr auf die Kundenorientierung Wert zu legen. Andererseits wird in den sozialen Netzwerken auch viel Unwahres verbreitet. Die Entwicklung lässt sich jedoch nicht mehr zurückdrehen.

Netzwerkkompetenz der Mitarbeiter nutzen

Hinzu kommen twitternde Mitarbeiter, die per Mail und SMS kommunizieren und sich überdies in den sozialen Netzwerken aufhalten – und sich dort auch über die Arbeit in der Apotheke äußern. Für sie ist der Aufenthalt im Netz selbstverständlich. Das hat durchaus Konsequenzen für das Kommunikationsverhalten und die Mitarbeiterführung.

Nehmen wir ein konkretes Beispiel: In einer Teamsitzung wird heftig darüber diskutiert, wie sich der Umgang mit unzufriedenen und schwierigen Kunden optimieren lässt. Wie sollte das Team beispielsweise reagieren, wenn sich Apothekenkunden beschweren? In der Pause geht eine Mitarbeiterin mit ihrem Smartphone ins Netz – und teilt in der Sitzung mit: "Ich habe das Problem mal eben gegoogelt und bin dabei auf einen interessanten Artikel gestoßen. Darin wird vorgeschlagen, ein siebenphasiges Beschwerdemanagement aufzubauen, und zwar "

Wie alle neuen Phänomene hat auch der Twitter-Mitarbeiter Licht und Schattenseiten. Und das Beispiel zeigt: Ein positiver Aspekt ist, dass sich die Netzkompetenz der Mitarbeiter zuweilen für die Optimierung der Apothekenprozesse nutzen lässt. Natürlich kann der Apotheker auch aktiv dazu auffordern. Statt das Surfen im Apotheken-PC grundsätzlich zu verbieten, gestattet er dies – wenn denn zumindest ein Teil der Surfaktivitäten dafür aufgewendet wird, apothekenrelevante Problemlösungen zu suchen und zu finden.

Regeln für das Verhalten im Netz aufstellen

Aber es gibt, wie gesagt, auch Schattenseiten. Während "früher" Mitarbeiter zum Beispiel ihre Unzufriedenheit mit Arbeitgeber und Apotheker in der Mittagspause über den "Flur-Funk" oder mit der Kollegin im Vieraugengespräch kommuniziert haben, setzen sie heute schon einmal einen "Tweet" ab, versenden also eine Twitter-Nachricht, um auf diese Weise ihrem Unmut freien Lauf zu lassen: "Mein Chef nervt mal wieder und hat soeben "

Nun wäre es ein großer Zufall, wenn eine Person, die Kunde in dieser Apotheke ist, diese Nachricht lesen würde. Unmöglich ist es allerdings nicht. Und angesichts der Tatsache, dass fast eine Milliarde Menschen Facebook nutzen, ist anzunehmen, dass über kurz oder lang ein Kunde Mitarbeiteräußerungen über den Apotheker liest. Und diese Äußerungen sind eben nicht immer positiv.

In vielen Unternehmen gibt es bereits sogenannte Social Media Guidelines, in denen geregelt wird, wer was wo und wann veröffentlichen darf. Hintergrund ist, dass die Mitarbeiter durch Äußerungen über ihre Firma im Netz entscheidend zur Außendarstellung des Unternehmens beitragen. Kunden lesen diese Äußerungen, und diese Äußerungen fließen in die Wahrnehmung und Beurteilung der Firma ein.

Zwar ist dieses Phänomen in den Apotheken noch nicht so verbreitet wie in Wirtschaftsunternehmen. Apotheker mit Weitblick sollten sich aber trotzdem darauf einstellen und mit ihren Mitarbeitern entsprechende Regelungen treffen und Richtlinien zur Nutzung der sozialen Medien festlegen.

In diesen Richtlinien könnte beschrieben werden, dass Interna und kritische Äußerungen intern bleiben. Auch die Regelung, inwiefern das Netz etwa in der Mittagspause genutzt werden darf, gehört dazu.

Die internetaffine Generation respektieren

Apotheker, die sich mit diesen neuen Aspekten der Mitarbeiterführung beschäftigen, betreten Neuland – Neuland, für das selbst Wirtschaftsunternehmen, ja, die gesamte Gesellschaft noch keine abschließenden Lösungen gefunden haben. Fest steht: Wichtig ist die Unterscheidung zwischen internetaffinen Mitarbeitern und solchen, die sich mit dem Netz nicht so sehr auskennen. Häufig ist dies eine Generationenfrage – und beginnt oft genug schon damit, dass der Apotheker als (meistens) relativ älterer Mensch nicht immer mit den sozialen Netzwerken oder dem Internet so vertraut ist wie die jüngeren Mitarbeiter.

Darum gilt: Zunächst einmal sollte die Chefin oder der Chef schlicht und einfach akzeptieren, dass das Netz zum normalen Lebensbestandteil der Mitarbeiter geworden ist und diese Tatsache Folgen für die Arbeit in der Apotheke hat. Wer als Chef verstehen will, wie die jüngeren Leute "ticken", muss sich auf die Schulbank setzen und nachvollziehen, was sie dazu antreibt, einen Großteil ihrer Zeit im Netz zu verbringen.

In der Regel werden die zwischen 1965 und 1980 geborenen Mitarbeiter als Vertreter der Generation X und die knapp 30-jährigen Millennials als die Generation Y bezeichnet. Meistens gehören die Millennials zu den internetbegeisterten Mitarbeitern, die sich ein Leben ohne Smartphone, Facebook und Co. kaum vorstellen können.

Aber müssen die "Twitter-Mitarbeiter" grundsätzlich anders geführt werden als die älteren Mitarbeiter, die nicht mit dem Internet aufgewachsen sind?

Gesprächskompetenz weiterentwickeln

Verallgemeinerungen sind immer gefährlich. Akzentverschiebungen jedoch gibt es schon. So ist vor allem bei der Y-Generation zuweilen die Tendenz zu beobachten, dass sie Probleme mit dem Vieraugengespräch haben. Wer sich allzu oft im Netz bewegt, ist daran gewöhnt, über die entsprechenden Medien zu kommunizieren. Mit aller Vorsicht darf vermutet werden, dass es weniger zur direkten Kommunikation kommt.

Darum sollte der Apotheker darauf achten, dass bei seinen Mitarbeitern diese Kompetenz zum persönlichen Gespräch mit dem Kunden nach wie vor hoch ausgeprägt ist. Mit anderen Worten: Die Fähigkeit, sich im persönlichen Gespräch von Angesicht zu Angesicht in die Vorstellungswelt des Kunden zu begeben und dessen Werte und Motive zu erfassen, darf nicht verloren gehen. Dafür muss der Apotheker sorgen.

Eine weitere Akzentverschiebung liegt etwa bei der Mitarbeitermotivation vor. Der internetaffine Mitarbeiter fühlt sich ernst genommen, wenn ihm der Apotheker zum Beispiel vorschlägt, an der Gestaltung und Pflege der Website der Apotheke mitzuwirken. Und so ganz nebenbei trägt diese Möglichkeit zur Mitarbeitermotivation bei.

Fazit

Die Apotheker sollten die Internet- und Netzwerkkompetenz ihrer Mitarbeiter für die Optimierung der Apothekenabläufe nutzen. Zu empfehlen ist, mit den Mitarbeitern Regelungen und Richtlinien zum Verhalten im Internet festzulegen, sofern dieses Verhalten die Apotheke betrifft.


Dr. Michael Madel, freier Autor und Kommunikationsberater



AZ 2012, Nr. 36, S. 7

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