Gesundheitspolitik

Das BMG und die wirtschaftliche Lage der Apotheken

Flach antwortet auf Kleine Anfrage der Linksfraktion – Bunge: Landapotheken fördern und Versandhandel beschränken

Berlin (ks/jz). 25 Fragen hatte die Linksfraktion an die Bundesregierung – sie alle rankten um die wirtschaftliche Situation der Apotheken. Nun hat die parlamentarische Staatssekretärin im Bundesgesundheitsministerium, Ulrike Flach (FDP), auf die Kleine Anfrage der Linken-Gesundheitspolitikerin Martina Bunge geantwortet. Eines stellte sie in ihrem auf den 6. September datierten Schreiben klar: Zuschläge beim Nacht- und Notdienst, bei den BtM-Gebühren oder der Rezepturtaxierung werde es vorerst nicht geben. Änderungen dieser Art seien "gegenwärtig nicht vorgesehen". Überraschend verkündeten Koalitionspolitiker kurz darauf, dass Apotheken für den Nacht- und Notdienst 120 Millionen Euro bekommen sollen.

Das Argument für eine Notdienstpauschale ist, dass Landapotheken mit oft wenigen Kunden während der Dienstbereitschaft eine angemessene Vergütung erhalten sollten. Aus Sicht des FDP-geführten Gesundheitsministeriums müssen Landapotheken offenbar nicht besonders bedacht werden. Flach schreibt dazu: Es "liegen keine Daten vor, die belegen, dass sich die Kosten- und Ertragssituationen von Apotheken in ländlichen Regionen grundsätzlich statistisch signifikant von Apotheken in urbanen Regionen unterscheiden oder dass Apotheken in ländlichen Gebieten in einer wirtschaftlich besonders schlechten Situation sind". Die Kosten hingen vielmehr von einer Vielzahl von Faktoren ab – etwa regional unterschiedlichen Mieten und Personalkosten. Die Ertragssituation sei von Faktoren wie der Konkurrenz in der Umgebung, der Nähe zu Ärzten und Laufkundschaft geprägt, so die Staatssekretärin.

Gefragt nach den Auswirkungen des AMNOG auf die Apotheken antwortet Flach ausweichend: Die Neuregelung der Großhandelszuschläge lasse dem Großhandel und den Apotheken "Spielraum für die Vereinbarungen funktionsgebundener Rabatte, insbesondere zur Förderung von Vertriebskosten sparenden Sammelbestellungen, sodass der Wettbewerb im Vertriebsweg weiterhin möglich ist". Der Gesetzgeber könne keine Gewähr für die Ergebnisse von Konditionen-Vereinbarungen übernehmen. Zudem seien diese vertraulich, sodass der Regierung hier gar keine belastbaren Erkenntnisse vorliegen könnten. Der jährliche Gesamtbetrag der gesetzlichen Abschläge der Apotheken sei nach Auswertung der GKV von 2010 bis 2011 um rund 210 Millionen Euro gestiegen, so Flach.

Sparpotenzial der ApBetrO nicht ausgeschöpft

Gefragt nach den Kosten für die Umsetzung der neuen Apothekenbetriebsordnung verweist die Staatssekretärin auf die Angaben in der Novelle der Apothekenbetriebsordnung. Im Entwurf wurden die einmaligen Kosten für alle Apotheken auf 5,7 Millionen Euro und jährlich rund eine Million Euro beziffert. Dem stünden allerdings einmalige Einsparungen in Höhe von 2,3 Millionen Euro und jährliche Einsparungen in Höhe von rund 300.000 Euro gegenüber. "Somit ergeben sich insgesamt für die Apotheken Mehrkosten von rund 3,4 Mio. Euro (einmalig) bzw. 700.000 Euro (jährlich)." Flach lässt es sich nicht nehmen, darauf hinzuweisen, dass die Apotheken weitere 900.000 Euro jährlich hätten sparen können, wenn der Bundesrat nicht beim Laborabzug interveniert hätte. Das Ministerium habe die Apotheken von der Pflicht, einen solchen vorzuhalten, befreien wollen. Doch die Länder machten hier nicht mit.

Keine Kenntnis hat das BMG darüber, welche zusätzlichen Kosten bei den Apotheken durch die Umsetzung der Rabattverträge auflaufen. "Die Angaben des Statistischen Bundesamtes weisen die Kostenentwicklung für die Abgabe rabattbegünstigter Arzneimittel in den Apotheken nicht gesondert aus", berichtet Flach.

Die Linke wollte überdies wissen, was die Regierung von der ABDA-Forderung eines Fixzuschlages von 9,14 Euro hält. Wie beurteile sie das Zahlenmaterial, auf dem diese Forderung beruht? Grundlage war hier eine betriebswirtschaftliche Analyse von 2500 Apotheken. Die Berechnungen des Bundeswirtschaftsministeriums kamen bekanntlich zu einem anderen Ergebnis. Auch hier antwortet Flach wenig konkret. Auf die seitens der ABDA vorgelegten Berechnungen geht sie gar nicht ein. Alle Daten zu betrieblichen Ergebnissen von Apotheken seien unter Einbindung der ABDA und des Statistischen Bundesamtes "eingehend geprüft und bewertet" worden, heißt es. Zur Berechnung der Anpassung des Festzuschlags seien Daten zu Kosten und Roherträgen von Apotheken aus Erhebungen des Statistischen Bundesamtes verwendet worden, die auf repräsentativen Stichproben beruhen.

Historisches zum Apothekenabschlag

Lediglich eine Antwort auf die 25 Fragen fällt aus dem Rahmen. Gefragt nach der Entwicklung des Kassenabschlags "seit Bestehen der Bundesrepublik", wird auf zweieinhalb Seiten ein überaus ausführlicher historischer Abriss zu dieser speziellen sozialpolitischen Thematik abgeliefert. Schon 1911 sei der Grundsatz, dass Apotheken den Kassen einen prozentualen Abschlag zu gewähren haben, im Gesetz zu finden gewesen – in der Urfassung der Reichsversicherungsordnung. Dezidiert wird jede Änderung in den vergangenen 100 Jahren bis hin zum AMNOG erläutert. Die Entwicklung vom behördlichen zum gesetzlich festgelegten prozentualen Rabatt und der Übergang zu einem festen Euro-Abschlag im Jahr 2006.

Bunge: keine Ahnung von Versorgungssituation

Fragestellerin Bunge ist mit diesen Antworten allerdings nicht zufrieden. Die gesundheitspolitische Sprecherin der Linksfraktion erklärte, die Bundesregierung ignoriere einerseits die Auswirkungen des AMNOG auf die Apotheken und habe zudem "keine Ahnung", ob die Versorgung auf dem Land gefährdet sei. "Es ist höchste Zeit, Landapotheken besonders zu fördern und die Bereitschaftsdienste angemessen zu vergüten", fordert sie. Der Versandhandel, so betont Versand-Gegnerin Bunge erneut, untergrabe die Versorgung vor Ort und müsse so weit wie möglich begrenzt werden. "Wir fordern die Bundesregierung auf, ihr Wettbewerbsmantra endlich zu beenden und die Versorgungsqualität in den Mittelpunkt zu stellen", lautet ihre Botschaft. Dauerhafte Klarheit fordert Bunge überdies beim Apothekenabschlag: Mit gesetzlichen Vorgaben sollte die Bundesregierung "dem Verhandlungs-Hickhack endlich ein Ende setzen".



AZ 2012, Nr. 38, S. 3

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