Gesundheitspolitik

Turbulente Tage in München?

Der Apothekertag verspricht interessant zu werden. In der Apothekerschaft brodelt es, die als völlig ungenügend empfundene Honorarerhöhung wird von vielen – vor allem in Internetforen wie DAZ.online – der ABDA angelastet. Zu zögerlich habe man die berechtigten Interessen der Apotheker vertreten, zu spät eine Honorarerhöhung gefordert – und diese dann nicht durchgesetzt. Einige "Protestapotheker" haben deshalb "Aktionen" auf dem Apothekertag angekündigt. Zwar ohne diese zu konkretisieren, aber die Nervosität bei der ABDA-Führung scheint groß zu sein, nun lädt man zum "Dialog". Ob sich die aufgebrachten Protestler aber beruhigen lassen, darf bezweifelt werden. Es wäre gut möglich, dass sich von der Art dieses "Dialogs" – man wird am Zaun des Messegeländes abgeholt und in den Versammlungsraum geleitet – die Verärgerung eher steigert.

Auch inhaltlich könnte es ein interessanter Apothekertag werden. Eine Gruppe Delegierter, unter ihnen die für ihre Videos berühmte Ann-Katrin Kossendey, fordert in ihren vorab bekannt gewordenen Anträgen weitreichende Reformen der Berufsvertretung. Daran könnte sich eine echte Debatte über die Strukturen der Berufsvertretung entzünden – wenn, ja wenn diese Anträge nicht mit Verweis auf die dann bereits stattgefundene "Dialogveranstaltung" ohne vorherige Diskussion abgelehnt oder in einen Ausschuss verwiesen werden.

Auch die Ausgestaltung der neuen Notdienstpauschale dürfte ein Thema sein, über das die Delegierten diskutieren werden. Klar scheint im Moment nur zu sein, dass 120 Millionen Euro pro Jahr zur Verfügung gestellt werden. Wie viel davon wie an wen verteilt wird – das weiß im Moment noch niemand. Bundesgesundheitsminister Bahr hat eine Arbeitsgruppe gebildet, Entscheidungen sind offenbar noch keine gefallen. Wo sind die Vorschläge der Bundesapothekerkammer, wie der Nacht- und Notdienst in Zukunft organisiert und wie der Geldsegen verteilt werden soll? Hier böte sich eine Gelegenheit, der "Politik" einmal aktiv gestaltend und nicht nur reaktiv und ablehnend gegenüberzutreten.

Meine ganz persönliche Hoffnung an diesen Apothekertag ist, dass er der ABDA den Anstoß geben möge, sich in Zukunft der viel zitierten "Basis" zu öffnen, Pläne und Maßnahmen transparenter zu kommunizieren und in einen echten Dialog mit dem Berufsstand einzutreten – das wird eine der wichtigsten Aufgaben für die künftige ABDA-Spitze sein.


Benjamin Wessinger



AZ 2012, Nr. 41, S. 1

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