Gesundheitspolitik

Emotionaler Dialog ohne Annäherung

München (lk). Die ABDA hatte am 10. Oktober in München die Basis zum Dialog geladen. Dem Internet-Protest der letzten Wochen sollte ein Ventil geboten werden. Gekommen waren circa 100 Interessierte, davon aber überwiegend Schaulustige aus den ABDA-Gliederungen und Journalisten. Nur rund zehn "Apothekenprotestler" löcherten die ABDA-Führung gut 90 Minuten lang mit ihren Fragen. Es gab zwar keine Annäherung, am Ende aber vom scheidenden ABDA-Präsidenten ein paar versöhnliche Töne: "Ich habe heute gelernt, wir brauchen mehr Transparenz und Kommunikation", sagte Heinz-Günter Wolf.

Wenig zufrieden zeigten sich die wenigen anwesenden "Apothekenprotestler" mit dem Verlauf des Dialogs, der mit einem ausführlichen Monolog Wolfs über die aktuelle Lage an der Honorarfront begonnen hatte. "Ich fühle mich nicht richtig ernst genommen mit meinen Argumenten", so eine enttäuschte Apothekerin. Die ABDA-Führung lebe scheinbar in einer anderen Realität. Im Saal kamen die Protestler rasch in der Diskussion zur Sache. Es entwickelte sich eine kontroverse, im Ton hitzige und emotionale Debatte rund ums Geld, um das Selbstverständnis als Apotheker und um fehlende Visionen für den Nachwuchs des Berufsstandes.

Ann-Katrin Kossendey und Gabriela Aures forderten die radikale Abschaffung des Kassenabschlages und dessen Ersatz durch handelsübliche Skonti: "Wir werden doch als Kaufleute behandelt", so Aures als Rechtfertigung. Urplötzlich sah sich die ABDA-Führung in der ungewohnten Rolle, den Kassenabschlag zu verteidigen. "Drei Prozent Skonti passen nicht in unsere Gebührenlandschaft. Dann müssen Sie das Gesetz ändern", hielt ABDA-Vize Friedemann Schmidt dagegen. Man solle den Kassenabschlag ja auf einer angemessenen Höhe halten, warnte ABDA-Präsident Wolf: "Sonst taugt er nicht mehr als Anreiz für pünktliche Zahlung der Kassen."

Nicht in die Karten seiner Verhandlungsstrategie mit dem GKV-Spitzenverband schauen lassen wollte sich DAV-Chef Fritz Becker: "Ich lege doch nicht wenige Tage vor Verhandlungsstart hier meine Karten auf den Tisch." Auf bohrende Nachfragen lüftete Becker dann sein Blatt doch etwas: Bislang habe man der Politik 320 Millionen Euro abgerungen. "Der Rest bis zu den 624 Millionen Euro muss jetzt der Kassenabschlag bringen. Das kann jeder rechnen." Bei 600 Millionen Rx-Packungen pro Jahr macht das 50 Cent oder einen Abschlag von 1,25 Euro.

Mehr Selbstbewusstsein gefordert

"Ihnen fehlt eine Strategie", warf Video-Apothekerin Kossendey der ABDA-Spitze vor. Sie erwarte mehr Selbstbewusstsein bei der Vertretung der Apothekerinteressen. "Wie geht es weiter? Wo sind ihre Zukunftsvisionen?" Sie sei als Apothekerin eine Existenzgründerin: "Ich weiß nicht mehr, wie ich meine Kredite abzahlen und meine Familie ernähren soll." Eine andere Apothekerin ergänzte emotional: "Sie müssen für uns kämpfen. Wir bezahlen Sie."

"Wir schwimmen in Berlin nicht in irgendeiner Blase", entgegnete Friedemann Schmidt den Vorhaltungen. Man kenne die Probleme der Apotheker an der Basis sehr genau. Aber die ABDA agiere nicht in einer freien wirtschaftlichen Welt, sondern im Rahmen von staatlich gesetzten Gebühren. "Wenn Sie das nicht mehr wollen, müssen Sie uns das sagen", so Schmidt. Man dürfe den Apothekerberuf nicht schlechtreden. "Wir sind immer noch Herren in unserem Haus", so Schmidt. Die ABDA habe es geschafft, die berufliche Freiheit zu erhalten.

Überzeugt hat das die Protestapotheker aber nicht. Aures: "Der Beruf hat sich in den letzten 20 Jahren weit von seinem Ideal entfernt." Noch resignierter fiel das Fazit von Kossendey an die Adresse des Apothekernachwuchses aus: "Macht Euch nicht selbstständig. Tut Euch das nicht an."



AZ 2012, Nr. 42, S. 1

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