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- AZ 45/2012
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Management
Neukundengewinnung in der Apotheke
- Tipp 1: Bewusstsein wecken
Entscheidend ist, aufseiten der Mitarbeiter das Bewusstsein für die Bedeutung der Neukundenakquisition und Kundenbindung zu wecken. Wer nicht kontinuierlich für "Nachwuchs" sorgt, dessen Kundenstamm blutet langsam aber sicher aus. In der Teambesprechung weist der Apotheker darum auf die Relevanz der Neukundengewinnung hin, indem er verdeutlicht: Wenn ein Kunde nach dem Arztbesuch zum ersten Mal die Apotheke aufsucht, um ein Rezept einzulösen, heißt das noch lange nicht, dass er die Apotheke auch dann aufsucht, wenn er demnächst ein Produkt aus dem Frei- und Sichtwahlbereich erstehen will, etwa eine teure Hautcreme.
Damit dies jedoch zum Normalfall wird, damit also aus den "Zufallskunden" vielleicht Neukunden und zukünftig gar Stammkunden werden, ist es notwendig, dass die PTA nun ihr ganzes kommunikatives Geschick in die Waagschale wirft. Ziel ist es, dem Kunden zu verdeutlichen, es sei richtig, demnächst seinen pharmazeutischen Bedarf in dieser Apotheke zu befriedigen – und nicht woanders. Die Technik, die die PTA dazu einsetzt, heißt "anlassbezogene Fragetechnik".
- Tipp 2: Mit anlassbezogener Fragetechnik Kundenwünsche erfragen
Stellen wir uns einen Kunden vor, wie er wahrscheinlich jeden Tag in der Apotheke auftaucht: Er kommt vom Arzt, er hat eine Durchfallerkrankung, er möchte ein entsprechendes Arzneimittel auf Rezept abholen. Die PTA könnte ihm nun das Präparat aushändigen, ihn zuvorkommend und überaus freundlich bedienen und gute Besserung wünschen. In den seltensten Fällen wird dies genügen, um den Kunden zu motivieren, die Apotheke zu seiner Stamm-Apotheke zu machen. Darum wendet die PTA die anlassbezogene Fragetechnik an. Sie hilft, die konkrete Kundensituation in den Mittelpunkt zu rücken.
In unserem Beispiel weist die PTA darauf hin, dem Körper würden bei einer Durchfallerkrankung Wasser und Mineralstoffe entzogen. Der Kunde möge doch überlegen, ob es für ihn nicht sinnvoll sei, diesen Flüssigkeits- und Mineralstoffverlust auszugleichen.
Durch diese Frage eröffnen sich der PTA gleich mehrere Optionen: Selbst wenn der Kunde dieses Zusatzangebot ablehnt, wird er mit der PTA ins Gespräch kommen und ihr Informationen liefern, die geeignet sind, die Kundenbeziehung zu vertiefen und zu stärken. Je nach Auskunftsbereitschaft ergibt sich die Möglichkeit, ihm vielleicht ein weiteres Arzneimittel anzubieten, welches die Durchfallerkrankung lindert.
Oft jedoch wird der Kunde auf die Frage der PTA eingehen, weil er beispielsweise aus beruflichen Gründen schnell wieder auf die Beine kommen und fit werden will. Der Kunde fragt dann nach, was er dagegen tun kann, um den Verlust auszugleichen. Die PTA empfiehlt ihm ein Mittel, das dem Körper die nötigen Elektrolyte zuführt – der Körper erholt sich so rascher.
Klar ist: Ein Kunde, der derart seine Erholungsphase beschleunigen und verkürzen und darum rasch ins Berufsleben einsteigen kann, wird die Apotheke mit einiger Wahrscheinlichkeit wieder aufsuchen. Bei dem Kunden, dessen Rezeptwunsch lediglich kompetent und höflich erfüllt wird, ist dies nicht so sicher.
- Tipp 3: Fragen anlassbezogen vorformulieren
Aufgabe des Apothekers ist es, in der Teamsitzung darüber zu sprechen, dass so gut wie jedes Rezept eine Plattform bietet, die anlassbezogene Fragetechnik kundenorientiert einzusetzen. Denn diese dient dazu, dem Kunden einen – meistens unerwarteten und damit umso willkommeneren – Zusatznutzen zu stiften, der ihm weiterhilft. Bei einer Erkältung zum Beispiel kann dies die Frage sein, ob der Kunde neben dem "Rezeptmedikament" zusätzlich einen Hustentee oder Hustenbonbons wünscht, um den Heilungsprozess zu unterstützen.
In der Sitzung kann das Team für die verschiedenen Rezeptwünsche die entsprechenden Fragen vorformulieren, die helfen, den Kunden zum Stammkunden zu entwickeln.
- Tipp 4: Mit gutem Beispiel vorangehen
Junge und unerfahrene Mitarbeiter trauen sich zuweilen nicht, dem Kunden Fragen zu stellen, um einem eventuell vorhandenen Zusatzwunsch auf die Spur zu kommen. Diese Bedenken gilt es auszuräumen, indem der Apotheker zum einen klarmacht, dass dies selbstverständlich auch geschehe, um Zusatzverkäufe abzuschließen, vor allem jedoch, um dem Kunden zu helfen und ihm zu zeigen, dass man sich in dieser Apotheke um sein Wohlbefinden Gedanken macht.
Zum anderen sollte der Apotheker in seinen Kundengesprächen mit gutem Beispiel vorangehen und selbst jede Möglichkeit nutzen, die anlassbezogene Fragetechnik anzuwenden, um Kunden zu überzeugen und zu begeistern.
- Tipp 5: Individuell auf die Kunden eingehen
Die Kundenwelt ist bunt wie ein Kaleidoskop. Der eine potenzielle Neukunde will wissen, ob der Nutzen eines Produkts wissenschaftlich belegt werden kann. Den zweiten interessiert es brennend, welche Vorteile ihm der Kauf verschafft. Darum: Sobald es gelungen ist, durch die anlassbezogene Fragetechnik das Interesse des Kunden zu wecken, ist es notwendig, jedem Kunden individuell zu begegnen und ihn mit kundentypspezifischen Argumenten zu überzeugen.
- Tipp 6: Kreative Lösungen überlegen
Leider kommen auch andere Apotheker auf die Idee, Stammkunden zu generieren. Darum ist in der Teamsitzung Kreativität gefragt: Apotheker und Team überlegen grundsätzlich, wie sie ihre Kunden nachhaltig und möglichst rasch in die Arme der Konkurrenz treiben können.
Zum Beispiel: Immer schön sachlich bleiben, nur die Produktinformationen aufzählen und in trockener Punktaufzählung herunterbeten, unhöflich sein.
Jetzt vollzieht das Team die 180°-Wende – und leitet aus den Überlegungen, wie man den Kunden vergraulen kann, nachhaltige Kundenbindungsstrategien ab: Wie lassen sich für den Kunden emotionale Einkaufserlebnisse kreieren?
Diese "Umkehr-Technik" mit der ungewöhnlichen Fragestellung, wie sich Kunden vertreiben lassen, setzt ungeahnte Kreativitätspotenziale frei, die der Apotheker aber noch in die richtige Richtung lenken muss, etwa: Wie können sie im Rahmen der anlassbezogenen Fragetechnik zum Einsatz gelangen?
- Tipp 7: Entwickeln Sie Ihre Mitarbeiter – und sich selbst
Die Neukundengewinnung erfordert Fleiß, Ausdauer und Hartnäckigkeit. Natürlich ist es einfacher, dem Stammkunden, den man bereits lange kennt, ein weiteres Produkt anzupreisen. Aber irgendwann ist dessen Bedarf gestillt – Neukunden hingegen bieten ein höheres Umsatzpotenzial, sofern es gelingt, ihr Interesse zu wecken.
Der Apotheker sollte darum dafür sorgen, dass seine Mitarbeiter die entsprechenden Fähigkeiten aufbauen, um Kunden zu Stammkunden zu entwickeln. Dazu unterzieht er die Mitarbeiter und sich selbst einem regelmäßigen Kompetenz-Check: Welche akquisitorischen Kompetenzen sind gut entwickelt, welche müssen ausgebaut werden? Kommen neue Kompetenzfelder hinzu, die eine Weiterbildung notwendig machen? Wo können sich Mitarbeiter gegenseitig unterstützen und voneinander lernen?
Die Beantwortung der Fragen hilft, die Akquisitionskompetenz der gesamten Apotheke zu erhöhen.
Dr. Michael Madel, freier Autor und Kommunikationsberater
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