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Gesundheitspolitik
Industrie kämpft weiter gegen Zwangsrabatte
Der auf 16 Prozent erhöhte Zwangsabschlag sei angesichts der komfortablen Finanzlage der gesetzlichen Krankenversicherung nicht mehr zu rechtfertigen – so lautet seit mehr als einem Jahr die Botschaft des BPI an das Bundesgesundheitsministerium (BMG). Doch dieses bewegt sich nicht. Es hatte zwar Anfang des Jahres überprüft, ob die erhöhten Abschläge noch erforderlich sind – so wie es das SGB V vorsieht – doch im Ergebnis lehnte das Ministerium die von den Herstellern erhoffte Absenkung recht schmal begründet ab. Die nächste Überprüfung der seit Sommer 2010 geltenden erhöhten Abschläge soll laut Staatssekretärin Ulrike Flach (FDP) bereits begonnen haben.
Informationsfreiheitsgesetz gilt auch für Ministerien
Der BPI hatte nach der Negativ-Entscheidung des BMG eine genauere Begründung verlangt – denn der erhöhte Rabatt treffe die Unternehmen tatsächlich "ins Mark", so Wegener. Der erzielte Gewinn sei oftmals geringer als diese 16 Prozent Abschlag. Nachdem der Appell ans Ministerium nicht weiterführte, bemühten Wegener und sein Geschäftsführer Henning Fahrenkamp das Informationsfreiheitsgesetz (IFG). Danach hat jede Person einen voraussetzungslosen Rechtsanspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen von Bundesbehörden. Die Anfrage der beiden Herren wurde tatsächlich alsbald beantwortet – allerdings nicht in der Form, in der diese es sich erwünscht hätten. "Die Antwort des Ministeriums widerspricht dem Sinn des Gesetzes", erklärte Wegener. Erhalten habe man die Stellungnahmen der Verbände – sogar die eigene. Doch unter "amtlichen Informationen" versteht der BPI auch Bewertungen des Ministeriums, die die Grundlage seiner Entscheidung bilden. Letzte Woche haben Wegener und Fahrenkamp gegen diesen Bescheid des Ministeriums Widerspruch eingelegt. "Auch Bürger, die in der pharmazeutischen Industrie arbeiten, haben ein Anrecht auf die Informationen", so Wegener. Lieber wäre dem BPI ein direkterer Weg gewesen – etwa die Möglichkeit, gegen die Überprüfungsentscheidung des BMG auf dem Klageweg vorzugehen.
AVR-Zahlen: Nicht nachvollziehbar
Darüber hinaus hat der BPI mit anderen Zahlen und Rechenwegen Probleme – und zwar mit denen des Arzneiverordnungs-Reports (AVR). Dieses Jahr hatte der Verband schon im Vorfeld der AVR-Vorstellung ein Gutachten vorgelegt, das die dort in den Vorjahren errechneten Einsparpotenziale infrage stellt. In diesem Jahr wählten die AVR-Autoren überraschenderweise tatsächlich einen neuen Rechenweg – sie nutzten Netto- statt Bruttobeträge. Doch damit sei das Ziel mitnichten erreicht, so Wegener. Denn schlüssig waren die Ergebnisse für den BPI ebenfalls nicht. Für die Top-50-Arzneimittel, für die der AVR einen deutsch-niederländischen Preisvergleich angestellt hat, konnte der BPI keine einheitliche Rechenformel ausmachen. Und die selbst angestellten Berechnungen zeigten beträchtliche Schwankungen gegenüber den AVR-Zahlen auf. Dies, so Wegener, mache deutlich, wie zweifelhaft es am Ende auch sei, wenn sich die Politik in ihren Entscheidungen auf Berechnungen des AVR berufe.
Impfstoffe: Starrer Blick auf den Preis ist falsch
Nicht zuletzt grämt den BPI die Situation bei den Impfstoffen. Die derzeitigen Erfahrungen mit Grippeimpfstoffen zeigten, dass das Verfahren der Rabattverträge gepaart mit dem Ausschreibungskriterium des niedrigsten Preises fatale Auswirkungen und Mängel habe. "Es macht deutlich, dass es den Kassen nicht um die Versorgungssicherheit der Patienten geht." Sowohl Kassen als auch Politik müssten sich hier die Frage stellen, ob Rabattverträge in diesem Feld sinnvoll greifen können – für Wegener kann diese Antwort jedenfalls nur "Nein" lauten. Er geht sogar noch einen Schritt weiter: Der Fall der Grippeimpfstoffe mache auch deutlich, dass die nächste Legislaturperiode dazu genutzt werden müsse, die Frage der Rabattverträge neu zu stellen.
Wegener: "Gibt es andere Möglichkeiten, Einsparungen zu erzielen, ohne dabei den Unternehmen die Luft zum Atmen zu nehmen und die Versorgungssicherheit aufs Spiel zu setzen?" Die Beantwortung dieser Frage müsse eine der vorrangigen Aufgaben der Gesundheitspolitik sein.
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