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- AZ 47/2012
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Gesundheitspolitik
Impfstoff-Rabattverträge: Vergabekammer setzt Schranken
Der Novartis-Konkurrent GlaxoSmithKline (GSK) hatte gegen die AOK NordWest ein vergaberechtliches Verfahren eingeleitet, nachdem diese nach dem Begripal o.K.-Ausfall einen Ergänzungsvertrag über Ersatzimpfstoffe abgeschlossen hatte. Die Vergabekammer entschied, dass für einen solchen erweiterten Rabattvertrag eine erneute Ausschreibung erforderlich gewesen wäre.
Bei GSK ist man mit dem Urteil zufrieden – von einem "Sieg" will man dort aber nicht sprechen. "Unser Anliegen war und ist es, Rechtssicherheit für uns als Firma und – noch wichtiger – im Rahmen der Patientenversorgung zu schaffen. Dies ist uns mit diesem Urteil gelungen", so ein Sprecher des Unternehmens gegenüber der AZ. Die AOK habe in einer für ihre Patienten sehr dringlichen Notlage getan, was sie für richtig und legitim hielt, räumt das Pharmaunternehmen ein. Nun hätten beide Seiten die Rechtssicherheit, die sie bräuchten, "um in dem komplexen und schwierigen Umfeld der gesetzlich vorgegebenen Rahmenbedingungen für Ausschreibungen zu agieren".
Seitens der AOK NordWest hieß es, die Vergabekammer habe die einseitige Marktöffnung durch die Krankenkassen bestätigt. Diese Öffnung erfolgte allerdings erst später – nachdem auch die Ersatzimpfstoffe Fluad, Optaflu und Begripal mit Kanüle nur in geringen Mengen lieferfähig waren. Die Kasse verweist darauf, dass auf Bundesebene eine Reihe von Gesprächen mit allen anderen Herstellern geführt wurde, um weitere lieferbare Impfstoffmengen abzustimmen. "Auch mit dieser Vorgehensweise haben wir offensichtlich im Sinne der Vergabekammer gehandelt", so ein Sprecher der AOK NordWest. Und er fügt hinzu: "Gleichwohl bestehen wir weiterhin darauf, dass die mit Novartis ausgehandelten Preise für die Grippeimpfstoffe weiter gelten."
GSK will in den Gesprächen mit allen Beteiligten allerdings erreichen, dass die Ausschreibungen für Grippeimpfstoffe noch einmal kritisch hinterfragt werden. In Zukunft müssten die Verträge aus Sicht des Unternehmens weitere Kriterien enthalten, beispielsweise Impfziele und Lieferzeiträume.
Auch in Niedersachsen Engpässe
Unterdessen kam es jetzt auch in Niedersachsen – wo GSK und Ratiopharm Rabattpartner der Kassen sind – zu Lieferengpässen bei Grippeimpfstoffen. 1,14 Millionen Dosen rabattierten Impfstoff hatten die beiden Unternehmen in das Bundesland geliefert. Nun sind ihre Vorräte erschöpft. Die gesetzlichen Krankenkassen in Niedersachsen haben Apotheken und Ärzte aber schon in der vorletzten Woche eingeräumt, auf andere Präparate auszuweichen, sollten die rabattierten Impfstoffe nicht verfügbar sein. Insgesamt rechnen die Kassen mit einem Bedarf von 1,2 bis 1,4 Millionen Impfdosen für Niedersachsen. Zufrieden sind sie schon jetzt: Die Impfstoff-Rabattverträge hätten ihnen in diesem Jahr bereits Einsparungen in Höhe von "mehreren Millionen Euro" eingebracht.
Warten in Hamburg
In Hamburg wartet man ebenfalls noch immer auf Impfstoffe. Letzte Woche fehlte laut Hamburger Apothekerverein fast die Hälfte der ursprünglich anvisierten 250.000 Dosen. Abhilfe sollen in dieser Woche die bereits angekündigten Dosen Influsplit von GSK schaffen. Zudem erwarte Sanofi die Freigabe weiterer Chargen von Mutagrip und Vaxgrip durch das Paul-Ehrlich-Institut. Diese können Ende dieser Woche in den Großhandel kommen. Der Vorsitzende des Hamburger Apothekervereins, Dr. Jörn Graue, freut sich derweil über die Entscheidung der Vergabekammer. Er hatte nach dem Ausfall von Novartis stets darauf beharrt, dass der Markt sofort komplett zu öffnen sei.
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