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Management
Apotheke zu verkaufen
Das Jahr neigt sich dem Ende zu und es bietet sich an, nicht nur an die buchhalterische Bilanz für die Apotheke zu denken, sondern auch die Planung für sich selbst und die Apotheke zu betrachten. Da ein Großteil der Apotheker zwar eine gute pharmazeutische Ausbildung hat, aber zur Rolle des "eingetragenen Kaufmanns" (e.K.) eher zufällig durch den Kauf einer Apotheke gekommen ist, gibt es im Apothekensektor deutliche Defizite in der wirtschaftlichen und strategischen Planung. Aber nur eine in fachlicher wie wirtschaftlicher Hinsicht professionelle Apothekenführung wird das Unternehmen Apotheke auf Erfolgskurs halten.
Demografie und Gesetze
Mehr als jeder dritte selbstständige Apotheker ist heute älter als 55 Jahre. Diese Altersstruktur, verschärft durch die gesetzgeberischen Maßnahmen in den letzten Jahren, die in vielen Fällen den Ertrag der Apotheken deutlich – in manchen Fällen existenzbedrohend – reduziert haben, führt aktuell zu einem deutlichen Anstieg von Apothekenverkäufen. Das Fatale an dieser Situation ist, dass eine Umkehrung dieser Entwicklung in den nächsten Jahren weder absehbar noch zu erwarten ist. Um ein Grundproblem des Berufsstandes vorweg klar und deutlich zu benennen: Die Mehrzahl der Kollegen schiebt dieses Thema Unternehmensnachfolge viel zu lange vor sich her und schränkt damit die Möglichkeit massiv ein, für ihr Lebenswerk einen ordentlichen Gegenwert zu bekommen!
Die hohen gesetzgeberischen Eingriffe, denen sich Apotheken ausgesetzt sehen, gehen immer mehr an die Substanz und sind zum Teil direkt existenzgefährdend. Als ein Beispiel darf dazu die neue Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) angeführt werden mit der zunächst einleuchtenden – noch als Sollbestimmung formulierten – Forderung nach einem barrierefreien Zugang zur Apotheke. Wer sich an die Forderung in den 70er Jahren nach der "Einheit der Betriebsräume" erinnert, weiß wie schnell ein Betrieb plötzlich vor hohen Investitionen oder gar vor dem Aus stehen kann, wenn zur Erlangung der Betriebserlaubnis diese rechtliche Forderung umgesetzt werden muss.
Es darf also zu Recht angenommen werden, dass tausende von deutschen Apotheken, deren Offizin nur über eine bis mehrere Treppenstufen erreichbar ist, große Probleme beim geplanten Verkauf in den nächsten Jahren erwarten dürften. Der Paragraph 4,2a der ApBetrO ist zwar als Sollbestimmung formuliert (… "soll barrierefrei sein" …), wird kaufwillige Nachfolger in Zukunft wohl dennoch abschrecken, sollte keine rechtliche Klarstellung erfolgen, die für historische Gebäude oder spezielle lokale Gegebenheiten eine bleibende Ausnahmeregelung als Existenzsicherung garantiert. Neu gegründete Apotheken müssen diese Bestimmung ab sofort erfüllen und somit wird diesen die Zukunft gehören. Das ist nur ein "Kriegsschauplatz" unter vielen, aber ein sehr wichtiger.
Nachfolge langfristig planen
In der Wirtschaft werden für die Planung der Unternehmensnachfolge ungefähr zehn Jahre veranschlagt, da man mit ins Kalkül ziehen muss, dass nicht alles auf Anhieb klappen wird. Viele Apothekerinnen und Apotheker fällen die Verkaufsentscheidung aber leider ad hoc, ausgelöst durch oft emotionale Gründe wie generalisierten Frust oder durch faktische Gründe wie eine anstehende Verlängerung des Mietvertrages, Krankheiten oder rückläufige Umsätze.
In diesen Fällen kann häufig nur Schadensbegrenzung versucht werden. Wenn es ganz unglücklich läuft, ist damit oft der Totalverlust verknüpft, da eine Apotheke ohne einen langfristig bestehenden Mietvertrag nicht zu verkaufen ist. Notverkäufe, egal aus welchen Gründen, sind in der Regel mit massiven Verlusten verbunden.
Deshalb sollte jeder Inhaber, der seine Apotheke verantwortungsvoll und professionell führt, sich mit der Lebensplanung und der Abgabe der Apotheke rechtzeitig und ohne aktuellen Druck befassen. Diese Planung der letzten Phase des Berufslebens entscheidet, wie entspannt, glücklich und zufrieden und vor allem, wie gut finanziell abgesichert der wohlverdiente Ruhestand sein wird.
Höchste Geheimhaltung!
Zunächst sollte eine schonungslose Generalinventur des Betriebes und der persönlichen und familiären Situation gemacht werden. Bewährt hat sich dafür die Arbeit in einem kleinen verschwiegenen Team aus Inhaber mit Lebenspartner, Steuerberater und neutralem Berater. In dieser Planungsphase ist höchste Vertraulichkeit angesagt.
Verkaufsabsichten sollten erst dann publik gemacht werden, wenn eine Bestandsaufnahme gemacht ist, eine Strategie erarbeitet wurde, nötige Maßnahmen zur Erhöhung des Verkaufserfolges umgesetzt wurden und vorzeigbare Bilanzen vorliegen. Das kann womöglich Monate bis Jahre dauern. Ideal ist es, wenn man sich diese Zeit für die Zielerreichung nehmen kann.
Warum diese Warnung in puncto strenger Vertraulichkeit? Auch im Apothekenbereich gilt der Satz: "Der König ist tot, es lebe der König!" Es besteht die Gefahr, dass bestehende Geschäftspartner dem neuen Inhaber mehr Loyalität entgegenbringen werden, da er ja die zukünftigen Umsätze tätigen wird, als dem Noch-Inhaber. Das ist bitter, aber oft wahr! 30 Jahre gute Geschäftsbeziehung zählen leider oft nichts. Den wenigsten Geschäftspartnern ist es wichtig, dass der Abgebende einen guten Preis bekommt. Sie wollen sich eher den Nachfolger verpflichten und diesem als Basis für die zukünftige Geschäftsbeziehung zu einem "Schnäppchen" verhelfen. Diese Realität des Geschäftslebens sollte bedacht und die Vertraulichkeit strengstens beachtet werden.
Dieser Grundsatz gilt ebenso für die Mitarbeiter. Zur gegebenen Zeit müssen sie zwingend informiert und eingebunden werden. Wenn das aber zu früh geschieht, womöglich die Gerüchteküche brodelt, besteht das Risiko, dass besonders die Leistungsträger unter den Mitarbeitern das vermeintlich "sinkende Schiff" verlassen, obwohl sie per Gesetz das Recht auf Übernahme haben. Mitarbeiter müssen einfühlsam dann in den Prozess eingebunden werden, wenn klar ist, wohin die Reise gehen wird.
Grundsätzliche Überlegungen
Doch wie geht man nun am besten konkret vor? Am Anfang steht eine Aufstellung der Rahmenbedingungen hinsichtlich des Alters und der finanziellen Situation:
Aus steuerlichen Erwägungen ist ein Verkauf der Apotheke nach dem 55. Lebensjahr anzustreben.
Besteht ein Rentenanspruch aus dem Versorgungswerk oder eine andere Altersversorgung wie eine Lebensversicherung und wann wird diese fällig? Rechnet es sich womöglich, die vorgezogene Rente zu beantragen? Jedes Versorgungswerk erstellt eine prospektive Berechnung der zu erwartenden Versorgungsbezüge und benennt die Abschläge bei vorgezogen beantragtem Altersruhegeld. Dabei ist zu beachten, dass mit der Beantragung der Rente die zukünftigen Beitragszahlungen entfallen, was zu einer finanziellen Entlastung führen kann.
Ist die Apotheke schuldenfrei? Wenn nein, wie hoch ist die Belastung? Würde der Verkaufserlös zur Ablösung der Verbindlichkeiten reichen? Wird der Verkaufserlös aber womöglich zur Absicherung des täglichen Lebens benötigt und muss also mehr bringen als die Tilgung der Verbindlichkeiten?
Hängt die ganze Familie finanziell von der Apotheke ab oder bekommt ein Partner eine Altersversorgung aus einer anderen Quelle?
- Ist das private Haus oder die Eigentumswohnung schuldenfrei?
Wie ist der persönliche und familiäre Finanzbedarf nach dem Verkauf der Apotheke? Sind noch Kinder in der Ausbildung zu unterstützen? Stellen sich hier Defizite heraus, muss überlegt werden, den Verkauf der Apotheke zu verschieben, oder wenn das aus bestimmten Gründen nicht geht, selbst eine abhängige Anstellung als Apotheker zu suchen.
Marktumfeld und Standort
Wenn diese Punkte geklärt sind, kann man an die weitere Planung gehen. Auch hier sollte man mit einer Bestandsaufnahme beginnen und den Standort, das Marktumfeld, aber auch Ausstattung und Einrichtung der Apotheke genau unter die Lupe nehmen.
Als verantwortlich handelnder Unternehmer hat man die ständige Pflicht, sein Marktumfeld zu beobachten, um gegebenenfalls existenzsichernde Maßnahmen rechtzeitig einleiten zu können. Dazu gehört die Standortanalyse, die leicht mit Bordmitteln zu leisten ist, wie auch die Analyse der Frequenzbringer, der Mitbewerber und die zukünftigen Bebauungspläne der Gemeinde.
Wer sich mit dem Gedanken trägt, die Apotheke abzugeben, muss spätestens dann eine konstante Marktbeobachtung betreiben, um zumindest den für den Verkauf richtigen Zeitpunkt zu wählen, an dem nicht durch lokale oder gesetzgeberische Maßnahmen der Verkaufswert der Apotheke negativ beeinflusst werden könnte.
Ausstattung und Einrichtung
In den letzten Jahren mussten sich viele Kollegen von der Vorstellung verabschieden, dass die Apotheke ihre Altersversorgung sein wird. Das ist dann besonders bitter, wenn man keine weiteren Säulen der Existenzsicherung aufgebaut hat und zudem die Apotheke noch ausstattungsmäßig vernachlässigt hat. Viele Apotheken wurden seit den 80er Jahren nicht mehr renoviert. Nicht einmal einfache Verschönerungsmaßnahmen wurden durchgeführt. Das rächt sich dann bitter, wenn man zeitnah verkaufen will oder muss.
Zudem wird man im Laufe eines Lebens berufsblind. Man sieht die Defizite nicht mehr und ist zudem emotional sehr mit der Räumlichkeit und der Einrichtung verbunden. Antike Apothekeneinrichtungen oder schöne Jugendstileinrichtungen können eine Apotheke zu einer attraktiven Einkaufsstelle machen. Florierende Apotheken mit diesem Ambiente sind aber in der Regel toporganisiert, technisch gut ausgerüstet und sehr professionell betrieben. Die Inhaber wissen, wie Corporate Design und Corporate Identity zu einem attraktiven Marketingkonzept verbunden werden. Hier ist alles stimmig!
Nicht gepflegte, ältere Apothekeneinrichtungen dagegen wirken schäbig und eher heruntergekommen. Kunden bleiben weg, weil oft das ganze Konzept nicht (mehr) stimmig ist und nicht überzeugt!
Deshalb ist eine ständige moderate Investition in die Apotheke eine gute Investition in die Zukunft, auch in Hinblick auf den späteren Verkauf der Apotheke. Allerdings nützt die schönste Einrichtung nichts, wenn der Standort, der Ertrag und die Kostenstruktur nicht bzw. nicht mehr stimmen.
Umsatz und Ertrag
Vor dem Verkauf müssen natürlich die betriebswirtschaftlichen Kennzahlen der Apotheke betrachtet und nach Möglichkeit optimiert werden.
Wie hoch sind der derzeitige Umsatz und der derzeitige Ertrag? Kann die Apotheke als ausreichend gewinnbringender Betrieb an einen Nachfolger veräußert werden, der von ihm leben und eine Familie ernähren kann? Oder ist der übertragbare Ertrag der Apotheke dafür nicht groß genug? Ist dies der Fall, ist in Zeiten von AMNOG leider davon auszugehen, dass die Apotheke für einen Kollegen auch als Filiale nicht mehr interessant genug ist um einen guten Kaufpreis damit zu erzielen.
Ist der Umsatz nicht so hoch, weil man Jahre nicht sehr viel für die Apotheke getan hat? In diesem Fall könnte man überlegen, ob man nicht noch einmal durchstartet und "die Braut hübsch macht", wenn das Potenzial dafür da ist (Standortanalyse! Geeignetes Marketingkonzept!).
Oder der andere Fall: Hat die Apotheke schon viel bessere Zeiten gesehen, kämpft ums Überleben, hat deshalb Ungleichgewichte in den Betrieblichen Kennzahlen, beispielsweise beim prozentualen Anteil des Mietzinses am Nettoumsatz? Gemeinsam mit dem Steuerberater und dem unabhängigen Berater müssen dann Strategien überlegt werden, wie diese Ungleichgewichte behoben werden können. Womöglich ist der Vermieter einsichtig und senkt die Miete, wenn sehr gute Gründe angeführt werden können. Es kann aber auch passieren, dass man beim Vermieter auf Granit beißt, wenn die Ursache nicht daran liegt, dass aus einem ehemaligen 1A-Standort ein 1B-Standort geworden ist durch Wegzug von wichtigen Frequenzbringern. Hier kann es sinnvoll sein, einen vertrauenswürdigen Makler ins Spiel zu bringen, der sich mit Gewerbeimmobilien und Standorten gut auskennt.
Man erkennt bereits an diesen Beispielen, wie wichtig es ist, sich im Vorfeld rechtzeitig mit dem Projekt "Verkauf der Apotheke" gründlich zu befassen. Die aktuell stark ansteigende Anzahl von Apothekenschließungen lässt befürchten, dass vielen die Zeit davonläuft und nur die schlechteste aller Möglichkeiten übrig bleibt: das Lebenswerk zu liquidieren!
Immobilie
Ist die Apotheke Eigentum oder in gemieteten Räumen? Wohnt der jetzige Inhaber mit in dieser Immobilie? Wo werden er und seine Familie nach dem Verkauf der Apotheke wohnen? Soll die Immobilie mit der Apotheke als Einheit oder getrennt verkauft werden? Oder soll die Apotheke zukünftig in gemieteten Räumen vom Nachfolger betrieben werden? Auch hier gibt es viele Optionen, abhängig von der eigenen Lebensplanung, aber auch vom Geldbeutel des potenziellen Nachfolgers.
Früher war der Berufsstand der Apotheker für Banken eine "sichere Bank". Nur wenige Apothekeninhaber schafften es, ihre Apotheke in die Insolvenz zu treiben. Diese seltenen Fälle lagen oft an persönlichen oder familiären Umständen – wie eine teure Scheidung – oder an Krankheits- oder Unglücksfällen. Dieses Bild bei den Banken hat sich spätestens seit Basel I (Vereinbarung, die die Kreditvergabe der Banken reguliert und einschränkt), den Veränderungen in der Apothekengesetzgebung seit 2004 und zuletzt mit der Einführung des AMNOG 2011 gründlich verändert.
Banken gewähren nur zögerlich Kredite und verlangen hohe Sicherheiten. Somit sind Kaufinteressenten mit einer hohen Eigenkapitalquote sehr vorteilhaft, besonders, wenn eine Apotheke mit Immobilie veräußert werden soll.
Standort und Umfeld
Um eine Apotheke mit Erfolg zu verkaufen, sollte der Abgebende gemeinsam mit seinem kleinen Beratungsteam begutachten, ob für ihn selbst diese Apotheke ein attraktives Kaufobjekt wäre. Diese Methode des "Sich in die Schuhe eines anderen stellen" hat sich in der täglichen Praxis sehr bewährt, um realistische Vorstellungen zu bekommen. Ist man mit den Rahmenbedingungen zufrieden und würde man diese Apotheke selbst mit Freude und Zuversicht übernehmen wollen, kann man zur Tat schreiten. Mit geringem finanziellem Aufwand kann man etwas "Kosmetik" wie einen neuen Anstrich oder die Verspiegelung von Regalrückwänden vornehmen und das Erscheinungsbild etwas "liften".
Sieht man bei dieser Eigenanalyse, dass die Rahmenbedingungen nicht oder nicht mehr optimal sind, muss man entscheiden, ob man bereit ist, sich mit einem Verlust abzufinden oder ob man Dinge, auf die man selbst Einfluss hat, noch ändert.
Harte Zahlen und Fakten
Warum ist unsere Eingangsforderung, mit einem längeren Vorlauf zu planen, so wichtig? Jeder Käufer eines Unternehmens will belastbare Zahlen aus der Vergangenheit und gute Prognosen für die Zukunft.
Die Vergangenheit lässt sich gut über die Bilanzen der vergangenen Jahre belegen. In der täglichen Praxis erstellt jeder Unternehmensinhaber gemeinsam mit seinem Steuerberater eine Bilanz, die wahrheitsgemäß den Geschäftsverlauf abbildet, aber auch bilanztechnisch erlaubte Maßnahmen ergreift, um die Steuerzahlungen moderat zu halten. Das ist völlig legitim. In der Regel werden diese Maßnahmen den ausgewiesenen Gewinn betreffen. Das Unternehmen bleibt ja üblicherweise im Besitz des gleichen Inhabers und somit spielen für das laufende Geschäft gebildete stille Reserven kein Problem.
Beim Verkauf des Unternehmens müssen diese allerdings aufgelöst werden, was zu einer höheren Steuerzahlung beim Veräußerer führt. Sehr unterschiedliche Bilanzverläufe in den letzten drei Jahren vor der geplanten Veräußerung, führen regelmäßig zu Diskussionen mit dem potenziellen Käufer und dessen Beratern. Keine schlüssigen Bilanzverläufe in den letzten drei Jahren führen fast immer dazu, dass der Käufer den Verkaufspreis drücken kann.
Auch wenn niemand in die Zukunft schauen kann, sollte der Veräußerer dem potenziellen Käufer eine wahrheitsgemäße Aufstellung über eine aktuelle Standortanalyse zur Einsicht geben, die alle relevanten Angaben zu Frequenzbringern, Mitbewerbern und Arztpraxen, beispielsweise das Alter von deren Betreibern, enthält. Außerdem umfasst diese Analyse die Kaufkraft der Haushalte, geplante Verkehrsänderungen, Bebauungspläne der Gemeinde und sonstige wichtige Informationen. Fairerweise sollte nicht nur auf Chancen des Standortes, sondern auch auf dessen Risiken hingewiesen werden.
Eine sehr wichtige Information stellt auch die Aufstellung der generierten Umsätze dar. Die Anteile von GKV- und Privatrezepten und differenzierte OTC-Umsätze sind wichtige Informationen für einen Erwerber. Die Statistiken der Abrechnungszentren sind dafür wertvolle Hilfen. Gibt es eine Heimbelieferung mit oder ohne Verblisterung? Wie sicher sind die aufgeführten Umsätze in der Zukunft?
Kaufpreis
Der Kaufpreis für eine Apotheke hängt von sehr vielen Faktoren ab und ist Verhandlungssache. Eine allgemeine Faustregel als Prozentzahl vom Nettoumsatz, wie es früher üblich war, gibt es nicht mehr. Für ein und denselben Nettoumsatz können zwei Apotheken sehr unterschiedliche Verkaufserlöse erzielen.
Bei der Ermittlung des Verkaufspreises gibt es die oben erwähnten grundsätzlichen Parameter zu beachten:
- Nettoumsatz,
- Art der Umsätze (Anteil hochpreisiger Artikel, Rx- und OTC-Anteile, Kassen- zu Privatpatienten etc.),
- Zusammensetzung des Warensortiments,
- Lage (Land oder Stadt, 1A-Lage oder Vorortlage)
- Apotheke in Mieträumen oder eigenen Räumen
- Barrierefreiheit
- Umfeldanalyse
- Frequenzbringer
- Mitbewerber
Darüber hinaus gilt es, viele weitere Dinge im Auge zu behalten:
Wie viele Mitarbeiter mit welcher Gehalts- und Altersstruktur müssen übernommen werden? Personalkosten sind der größte Kostenfaktor in einem Apothekenbetrieb.
Welche Investitionen stehen in naher oder ferner Zukunft an? Wer muss für diese aufkommen?
Welche Punkte der neuen ApBetrO sind noch nicht umgesetzt? Beispiel QMS, wer implementiert dieses?
Auch die Raumgröße kann wichtig sein. Wie sind die vorhandenen Quadratmeter verteilt, auf einem Stockwerk oder gibt es mehrere Ebenen? Gibt es mehrere Zugänge? – all das kann eine Rolle spielen, je nach Strategie, die der Käufer für die Zukunft hat.
Alle diese Punkte sind Kriterien zur Ermittlung des Verkaufserlöses. Genauso wichtig können aber auch strategische Überlegungen des Käufers sein, an einem ganz bestimmten Standort eine Apotheke betreiben zu wollen. Das kann sich im Einzelfall als Chance für den Verkauf herausstellen und sich positiv auf den erzielbaren Verkaufserlös auswirken. Je nach Zukunftsstrategie des möglichen Käufers können für diesen auch andere Merkmale oder Eigenschaften der Apotheke wertvoll sein, für die ein anderer Interessent nichts zu zahlen bereit ist. Eine auf den ersten Blick ungünstige Ausgangslage muss also nicht unbedingt das "Aus" für den Verkauf bedeuten.
Fingerspitzengefühl gefragt
Die richtigen und wirklich ernsthaften Verhandlungspartner zusammenzuführen ist eine schwierige Aufgabe, die viel Fingerspitzengefühl erfordert. Erfahrungsgemäß sollten aus den möglichen Kandidaten zwei bis vier ernsthafte Interessenten für weitergehende Verhandlungen herausgefiltert werden. Wird ein Objekt wie "sauer Bier" angeboten, wird es an Wert verlieren!
Am Ende kann eine Übergabe als erfolgreich angesehen werden, wenn es beim Verkauf keinen Gewinner und keinen Verlierer gibt. Ein fairer Veräußerer wird seinem Nachfolger alle Unterstützung zuteilwerden lassen, damit dieser die Apotheke erfolgreich weiterführen kann. Das ist natürlich ganz speziell in den Fällen zu erwarten, bei denen die Apotheke in der Familie bleibt und an Nachkommen weitergegeben wird. Auf die Besonderheiten solcher Fälle soll hier nicht eingegangen werden.
Auch der heutzutage weniger häufige Fall der Verpachtung kann in diesem Rahmen nicht ausführlich besprochen werden. Die Verpachtung rechnet sich nur für größere Apotheken, sie kann aber eine Zwischenlösung sein, wenn der abgebende Apotheker das 55. Lebensjahr noch nicht erreicht hat, sich diesen steuerlichen Vorteil aber nicht entgehen lassen möchte.
Sowohl der Verkauf wie auch der Kauf einer Apotheke sind für alle Beteiligten einschneidende Ereignisse im Leben. Sie können über Glück oder Unglück, Erfolg oder Misserfolg entscheiden. Deshalb sollte ein Apothekenverkauf ohne Zeitdruck, gut geplant und mit vertrauensvollen, erfahrenen Beratern umgesetzt werden. Ein unbeteiligter Dritter, der das Beste für seinen Auftraggeber erreichen will, kann oft geschickter und erfolgreicher agieren, da er Sachverhalte objektiver und rationeller beurteilen kann. Emotionalität ist hier kein guter Ratgeber.
Das spannende Kapitel "Kauf einer Apotheke" wird Thema eines eigenen Artikels sein.
Karin Wahl und Dr. Christoph Miller, Beratung im Gesundheitswesen,
change-projekt UG (haftungsbeschränkt), Belaustraße 21, 70195 Stuttgart,
www.change-projekt.de
und
Bernd Schubert, s.s.p. Wirtschaftsberatung für med. Heilberufe GmbH & Co. KG, Kohlenmarkt 2, 90762 Fürth,
www.ssp-online.de
AZ 2012, Nr. 47, S. 6
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