Arzneimittel und Therapie

Arzneimittelsicherheit in der Onkologie

Mit dem AMTS-Best-Practice-Modell zu mehr Sicherheit

Komplexe Therapiepläne, eine Polymedikation und immer älter werdende Krebspatienten erschweren eine sichere Arzneimitteltherapie in der Onkologie. Daher sind Wege gesucht, die zu einer sicheren Pharmakotherapie führen. Prof. Dr. Ulrich Jaehde, Bonn, stellte beim 30. Deutschen Krebskongress in Berlin am 24. Februar 2012 ein Modell zur Verbesserung der Arzneimitteltherapie vor.

Das AMTS-Best-Practice-Modell basiert auf einer standardisierten und individualisierten Patientenbetreuung, die neben der tumorspezifischen Therapie supportive Maßnahmen sowie die Beratung und Information des Patienten umfasst. Über eine optimale Organisation des Medikationsprozesses soll die bestimmungsgemäße Anwendung von Arzneimitteln gewährleistet werden. Dazu gehört das Erfragen der Patientenperspektive, die Suche nach Verständlichkeit und auch die emotionale Akzeptanz und der Respekt vor der Haltung des Patienten.

Bevor ein Zytostatikum zur Anwendung am Patienten gelangt, gibt es mehrere Möglichkeiten, die Verordnung auf ihre Richtigkeit hin zu überprüfen und potenzielle Fehler zu korrigieren. Dennoch hat dieses Sicherungssystem von der Verordnung über die Zubereitung zur Applikation und dem anschließenden Monitoring Lücken, wie eine Untersuchung aus einem französischen Universitätsklinikum zeigte. Von rund 6600 Verordnungen war jede zwanzigste fehlerhaft; ein Großteil der Irrtümer wurde erkannt, bevor der Patient zu Schaden kam. Die meisten Fehler betrafen die Verordnung, 8% die Zubereitung und 1% die Applikation. Schlüsselt man die erkannten Fehler nach möglichen Konsequenzen auf, die bei einer Applikation eintreten könnten, so ist in rund zwei Drittel aller Fälle mit keiner Schädigung des Patienten zu rechnen, knapp 8% der Fehler würden zu einem verlängerten Krankenhausaufenthalt führen, etwa 3% zu einer dauerhaften Schädigung und 1,2% zum Tod des Patienten. Neben den Folgen für den Patienten ziehen falsche Verordnung bzw. das Beheben ihrer Folgen hohe Kosten nach sich.

Bis zu 26 arzneimittelbezogene Probleme pro Patient

Wie kann die Sicherheit der Arzneimitteltherapie in der Onkologie verbessert werden? Neben einer zuverlässigen Überprüfung der Verordnungen, der korrekten Zubereitung und Applikation müssen die arzneimittelbezogenen Probleme vermehrt beachtet werden. Jaehde führte in diesem Zusammenhang Ergebnisse einer Diplomarbeit auf, die sich mit arzneimittelbezogenen Problemen bei Patientinnen mit einer Brustkrebserkrankung befassten. Jede Patientin hatte mindestes ein durch die Medikation bedingtes Problem; im Extremfall waren es 26 Probleme. Neben unerwünschten Arzneimittelwirkungen waren es Interaktionen, eine mangelnde Compliance sowie Probleme mit der Auswahl des Medikaments.

Das Ausmaß der arzneimittelbedingten Probleme wird in den nächsten Jahren ansteigen, da mit einer vermehrten Medikation und älteren Krebspatienten zu rechnen ist. Es besteht daher ein Bedarf, diese Probleme zu erfassen und zu lösen. Als ein mögliches Modell stellte Jaehde das AMTS- (AMTS = Arzneimittelsicherheit) Best-Practice-Modell vor.

Das AMTS-Best-Practice-Modell

Das Modell basiert auf einer standardisierten und individualisierten Patientenbetreuung, die neben der tumorspezifischen Therapie supportive Maßnahmen sowie die Beratung und Information des Patienten umfasst (siehe Abb.). Das Erstellen des Medikationsplans sollte standardisiert erfolgen und folgende Punkte berücksichtigen:

  • Arzneimittelanamnese unter Beachtung möglicher Interaktionen

  • Erstellung von Einnahmeplänen

  • Förderung der Compliance

  • Erstellen einer Medikationsliste mit Empfehlungen bei der Entlassung.

Eine weitere Aufgabe ist die Implementierung von Algorithmen zur Vermeidung unerwünschter Arzneimittelwirkungen sowie die systematische Erfassung von Medikationsfehlern und Beinahe-Schäden.


Apothekerin Dr. Petra Jungmayr



DAZ 2012, Nr. 11, S. 33

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