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Alliance Boots steigt in Krebsforschung ein
Die Alliance Boots Gruppe ist deutschen Apothekern bisher eher als warnendes Beispiel für Apothekenketten bekannt. Eine wesentlich bedeutendere Rolle spielt Boots jedoch im übrigen Europa als konventioneller Großhändler. Die entsprechenden Unternehmen der Gruppe beliefern aus über 370 Distributionszentren in 25 Ländern mehr als 160.000 Apotheken, Ärzte, Gesundheitszentren und Krankenhäuser mit Arzneimitteln, sonstigen Gesundheitsprodukten und verwandten Serviceleistungen. Die Alliance Boots Gruppe, zu der seit Dezember 2010 auch 80 Prozent der Anzag gehören, sieht sich als integrierter Gesundheitskonzern mit vier Zielen:
Medizinische Grundversorgung (beispielsweise durch Behandlungsräume in den Boots-Apotheken in Großbritannien)
Umweltbewusstes Handeln (Ausstattung der Läden mit CO2 -sparender Energie-Technologie)
Fachliche Fortbildung (beispielsweise eine Qualifikation für Boots-Optiker)
Gemeinschaftliches Forschen, dem die geplante Kooperation zuzurechnen ist.
Wenn es um die Grundlagen von Erkrankungen geht, wird die Forschung unübersehbar teuer. Um diese zu finanzieren, schließen sich selbst große Unternehmen zusammen oder es werden Stiftungen gegründet. Eine der tückischsten Krankheiten unserer Zeit ist der Dickdarmkrebs. Wird er nicht zufällig bei einer Routineuntersuchung entdeckt, bestehen besonders im fortgeschrittenen Stadium kaum Heilungschancen. Eine Verbesserung der Behandlung ist nur über vertiefte Erkenntnisse über Ursachen und Verlauf des Dickdarmkrebses zu erzielen. Dazu haben sich jetzt die Europäische Organisation zur Erforschung und Therapie von Krebserkrankungen EORTC (European Organization for Research and Treatment of Cancer) und die Alliance Boots Gruppe zusammengeschlossen. Wie Stefano Pessina, geschäftsführender Vorstand von Boots betont, werde sein Unternehmen alles tun, um der Allianz Erfolg zu bescheiden.
Krebsforschung auf europäischer Ebene
1962 gegründet, feiert die EORTC mit diesem Jahr ihr fünfzigjähriges Jubiläum. In dem Netzwerk sind über 300 Kliniken und Krebszentren in über 30 Ländern mit insgesamt 180.000 Patienten zusammengeschlossen. Etwa 2500 Mitwirkende aller medizinischer Disziplinen ergänzen ihre Kenntnisse in der EORTC bei der Erforschung und Behandlung von Krebskrankheiten. So kann die Organisation konzertiert sowohl die Entwicklung von Medikamenten, deren Wertigkeitsprüfungen wie auch klinische Versuche steuern. Ziel ist es, immer die innovativsten Therapiemethoden anzuwenden. Die einzelnen Aktivitäten der EORTC werden in Brüssel initiiert und koordiniert. Daher fand dort am 14. März 2012 die Pressekonferenz anlässlich der Zusammenarbeit mit der Alliance Boots Gruppe statt, an der der Präsident der EORTC, Jean-Yves Blay und Sir Christopher Mallaby teilnahmen. Letzterer ist der Vorsitzende des EORTC Charitable Trust, der die zur Forschung nötigen Gelder einsammelt. Auch die Ehrenpräsidentin des Charitable Trust, Ihre königliche Hoheit, Prinzessin Astrid von Belgien, war anwesend.
Zunächst stellte Sir Christopher Mallaby fest, dass die Krebstherapie in eine neue Ära eingetreten ist. Behandlungen nach scheinbar allgemein gültigen Schemata werden zunehmend zugunsten einer individualisierten Krankheitsbekämpfung aufgegeben. Solche maßgeschneiderten Therapien aber erfordern ein hohes Maß an Information. Dazu soll die von EORTC und der Alliance Boots Gruppe geplante Biobank dienen.
Biobank – ein Wissenspool
Eine Biobank ist eine Sammlung von menschlichem biologischem Material (Blut, Urin, Gewebe) und zugeordneten Informationen wie Diagnoseberichten und Ergebnissen von Gentests. Auf diesen Pool können Forscher und Mediziner zurückgreifen, um Risikofaktoren besser zu verstehen und die Tatsachen in medizinischen Fortschritt umzumünzen. Eine besondere Stellung nehmen dabei Biomarker ein, die sowohl bei der Diagnostik von Krebserkrankungen wie auch der individuellen Auswahl der Medikamente und der Beurteilung des Heilungsverlaufs eine Rolle spielen. Das sogenannte "Biobanking" stellt heute eine Schlüsselmaßnahme für die erfolgreiche Entdeckung und Entwicklung neuer Therapien und Medikamente dar.
Bei der geplanten Datenbank wird der Schwerpunkt auf dem Krebs von Kolon und Rektum liegen. Er ist die zweithäufigste bösartige Erkrankung in Europa. Man schätzt, dass jährlich in Europa 413.000 Neuerkrankungen festgestellt werden und 212.000 Todesfälle darauf zurückzuführen sind. Dick- und Enddarmkrebs befällt Männer und Frauen gleichermaßen und tritt in 90% der Fälle bei über 50-Jährigen auf. Durch die Überalterung der industriellen Gesellschaften gewinnt diese Krebsart eine immer größere Bedeutung. Risikofaktoren sind chronisch-entzündliche Darmerkrankungen (Morbus Crohn, Colitis ulcerosa), erbliche Vorbelastung und Darmpolypen. Aber auch der Lebensstil hat einen deutlichen Einfluss: wer sich kaum bewegt, Alkohol konsumiert und raucht nimmt ein höheres Risiko in Kauf. Da die Krankheit bis zum fortgeschrittenen Stadium kaum Beschwerden bereitet, ist ein sorgfältiges Screening nötig, um heilbare Frühstufen zu erkennen. Bei der Behandlung haben diejenigen Patienten die besten Aussichten, die eine individualisierte Therapie erhalten. Dafür soll die Biobank das medizinische Rüstzeug liefern.
Ein finanzielles Großprojekt
Für die Alliance Boots Gruppe ist die soziale Verantwortung im Gesundheitswesen eine der tragenden Säulen der Firmenphilosophie. Aus diesem Grund entschloss sich das Unternehmen 2011, mit der Spendenorganisation der EORTC, dem Charitable Trust, eine Kooperation einzugehen. Nun geht es darum, ab dem Beginn des neuen Boots-Fiskaljahres im April 2012 in den nächsten fünf Jahren fünf Millionen Euro für die geplante Biobank aufzubringen. Verschiedene Teams innerhalb des Unternehmens sind aktiv darin eingebunden. Sie planen nationale und örtliche Events, die dem Fundraising dienen. Auch die Anzag wird im Frühsommer ein solches Charity-Event durchführen. Das alles ist typisch für die Alliance Boots Gruppe, so Ornella Barra, Vorsitzende des Kommittees für Sozialverantwortung. Es passt sich in den allgemeinen Rahmen ein, in dem sich die Alliance Boots Gruppe für Krebsleidende und ihre Angehörigen stark macht.
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